# taz.de -- Demonstration vor US-Kongresswahlen: Mit Satire gegen die Tea-Party | |
> Die US-Komiker Jon Stewart und Stephen Colbert hatten zu einer | |
> Demonstration in Washington aufgerufen. Über 200.000 Menschen hatten sich | |
> angemeldet, viele kamen in Halloween-Kostümen. | |
Bild: Sorgten für gute Stimmung unter den Demonstranten: die US-Komiker Stephe… | |
WASHINGTON rtr/afp | Drei Tage vor der Kongresswahl haben Zehntausende | |
Amerikaner in Washington gegen die scharfe Polemik im US-Wahlkampf | |
demonstriert und die Rückkehr zu einem vernünftigen politischen Miteinander | |
gefordert. Sie folgten damit am Samstag einem Aufruf des populären | |
Satirikers Jon Stewart, dessen TV-Show Präsident Barack Obama erst vor | |
wenigen Tagen für einen Auftritt genutzt hat. | |
Die Menschenmenge reichte fast vom Kapitol bis zum National Monument, und | |
auch drei Stunden nach Beginn der Kundgebung kamen immer mehr Teilnehmer - | |
viele in Halloween-Kostümen - hinzu. Die Polizei wollte keine Schätzungen | |
zur Teilnehmerzahl abgeben, doch hatten sich bereits im Vorfeld mehr als | |
200.000 Menschen angemeldet. | |
Der Protest galt als Gegen-Demonstration zur Versammlung der konservativen | |
Bewegung "Tea Party" im August, die unter der Führung ihrer Gallionsfigur | |
Sarah Palin gleichfalls in Washington stattfand und an der ebenfalls | |
Zehntausende teilnahmen. Die "Tea Party" geht rechts der Republikanischen | |
Partei auf Stimmenfang und schickt erstmals landesweit Kandidaten in das | |
Rennen, das am Dienstag entschieden wird. | |
Jon Stewart und sein Kollege Stephen Colbert machten aus der Demonstration | |
bei strahlendem Sonnenschein eine Mischung aus Variete, Halloween-Party und | |
politischem Protest. Colbert war dabei für den zweiten Teil des Aufrufs | |
zuständig, der in etwa lautete "Demonstration zur Wiederherstellung von | |
Vernunft und/oder Angst". | |
Die Satiriker werfen der "Tea Party" vor, in ihrer Kampagne systematisch | |
Angst zu schüren und mit ihren polemischen Angriffen das politische Klima | |
zu vergiften. Obama wird von der Rechten abwechselnd als Hitler oder | |
Kommunist beschimpft. Zudem kritisiert die "Tea Party" Obamas Reformen wie | |
die Ausweitung der Krankenversicherung oder die strengere Kontrolle der | |
Finanzmärkte als unverhältnismäßige Eingriffe des Staates in die Freiheit | |
des Einzelnen. | |
Die Demonstranten kamen zum Teil in Halloween-Kostümen und brachten Plakate | |
mit, auf denen sie die "Tea Party" als "Grüner-Tee-Partei" verspotteten. | |
Andere spielten auf den Wahlspruch der USA "In God we trust" an und hatten | |
Banner mit der Aufschrift "Auf die Vernunft vertrauen wir" dabei. Rojas und | |
Vici Metcalf aus Annapolis in Maryland, die sich keiner Partei zurechnen, | |
sagten, sie seien gekommen, weil ihnen der brutale Schlagabtausch in der | |
Politik auf die Nerven gehe. "Die Dinge laufen wirklich ganz, ganz schlimm | |
aus dem Ruder", sagte Rojas Metcalf. "Wir glauben nicht, dass da überhaupt | |
irgendeiner ein Kommunist ist. Da gibt es einfach zuviel Wut. Es muss nicht | |
so viel Wut geben." | |
Zwei Jahre nach Obamas triumphalem Sieg sind viele Amerikaner zutiefst | |
davon enttäuscht, dass die USA noch immer nicht spürbar aus der Finanz- und | |
Wirtschaftskrise herauskommen und die Arbeitslosenrate für US-Verhältnisse | |
sehr hohe zehn Prozent beträgt. Obamas Demokratische Partei steht Umfragen | |
zufolge am Dienstag eine herbe Niederlage bevor. | |
Stewart holte den Sänger Cat Stevens - heute bekannt als Yusuf Islam - auf | |
die Bühne, damit er seinen Hit "Peace Train" vortrug. Colbert ließ den | |
Auftritt von der Heavy-Metal-Legende Ozzy Osborne mit dessen Hit "Crazy | |
Train" unterbrechen. Schließlich traten die Ojays mit "Love Train" auf. In | |
diesem Stil machten sich die beiden Satiriker über Eiferer in beiden | |
politischen Lagern lustig. In einem Moment der Ernsthaftigkeit rief Stewart | |
den Demonstranten zu: "Wir hören jeden gottsverdammten Tag, wie geschwächt | |
unser Land ist, dass es am Rande des Abgrunds steht, gespalten durch Hass. | |
Die Wahrheit ist aber: Wir arbeiten jeden gottsverdammten Tag miteinander, | |
um das Leben auf die Reihe zu bekommen." | |
Die abendliche Nachrichten-Show Stewarts ist als Persiflage auf die | |
aktuellen politischen Ereignisse angelegt und wird regelmäßig von Millionen | |
Menschen verfolgt, darunter vielen jungen Amerikanern. Der 47-Jährige gilt | |
als Liberaler, nimmt allerdings die Demokratische Partei genauso häufig | |
aufs Korn wie die Republikaner. In einer Umfrage der Männer-Lifestyle- | |
Internetseite AskMen mit 500.000 Teilnehmern wurde der Komiker vor kurzem | |
zum einflussreichsten Mann Amerikas gewählt - vor Microsoft-Gründer Bill | |
Gates und Facebook-Erfinder Mark Zuckerberg. | |
31 Oct 2010 | |
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