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# taz.de -- Anschlagsdrohung im Saarland: Möchtegern-Dschihadist festgenommen
> Die Polizei nimmt einen 18-Jährigen fest. Er drohte mit Bombenanschlägen,
> sollte nicht ein Mitglied der Sauerlandgruppe freigelassen werden. Ein
> bizarrer Fall.
Bild: Sollte mit Drohvideos freigepresst werden: Daniel Schneider, verurteiltes…
BERLIN taz | Es ist ein bizarres Video. In einer dunklen Ecke steht ein
junger Mann mit Kapuze über dem Kopf und spricht in die Kamera: „Das ist
kein Spaß und kein Scherz.“ Dann droht er Deutschland mit einem
Bombenanschlag, sollte nicht Daniel Schneider, ein in Saarbrücken
einsitzender Terrorist der Sauerlandgruppe, bis Ende November freigelassen
und nach Afghanistan ausgeflogen werden.
Am Freitagmorgen hat die Polizei nun den Mann aus dem Video im
saarländischen Neunkirchen festgenommen. Kevin S. ist gerade mal 18 Jahre
alt. 2001 ist er mit seiner Familie aus Kamerun nach Deutschland gezogen
und laut Staatsanwaltschaft im Jahr 2008 vom Christentum zum Islam
konvertiert – und hat sich danach rasch radikalisiert.
Den Sicherheitsbehörden ist er im April erstmals aufgefallen, seit Juni
wurde er vom Verfassungsschutz überwacht, hieß es. Kurz darauf ließ der
junge Mann wissen, dass jetzt bald „die Praxisphase“ beginne.
Die Geschichte von Kevin S. ist eine merkwürdige. Er versuchte in den
Dschihad zu ziehen, Pakistan, Afghanistan, Jemen – doch er hatte weder
Kontakte noch das Geld dafür. Im Internet besorgte sich Kevin S. nach
Angaben aus Sicherheitskreisen Bombenbastelanleitungen. Doch auch hier
fehlten ihm die finanziellen Mittel für die Zutaten.
Unklar ist auch, warum Kevin S. den im Gefängnis sitzenden Daniel Schneider
freipressen wollte, der offenbar sein großes Vorbild ist. Denn der
18-Jährige kam erst zum Jahreswechsel nach Neunkirchen, da waren Schneider
und seine Kampfgenossen Fritz Gelowicz, Adem Yilmaz und Atilla Selek längst
festgenommen.
Nach allem was man bisher weiß, hatte Kevin S. auch nie Kontakt zu den
Mitgliedern der Sauerlandgruppe oder auch nur ihrem Umfeld. „Er war in
keiner Organisation, er war nirgendwo angedockt“, hieß es in
Sicherheitskreisen. Daniel Schneider ließ unlängst über seinen Anwalt
wissen, dass er sich von den Videos distanziere und keinesfalls
freigepresst werden wolle.
Von einem „fanatisierten Einzeltäter“ ist denn auch in Sicherheitskreisen
die Rede. Ein „Amateur“ sei Kevin S. gewesen, von dem wohl alles in allem
keine allzu große Gefahr ausgegangen sei.
Doch befremden muss sein Fall allemal. Denn offenbar hat Kevin S. sich von
selbst über das Internet radikalisiert. Dort schaute er sich
Propagandavideos von Al-Qaida und anderen Terrortruppen an, etwa den im
pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet agierenden „Deutschen Taliban
Mudschahidin“. Und er studierte neben Daniel Schneider auch noch andere
Vorbilder.
Eric Breininger zum Beispiel, auch er ein Konvertit aus dem Saarland.
Einer, der als Junge bei Borussia Neunkirchen Fußball spielte – und Ende
April als Terrorist in Waziristan von pakistanischen Sicherheitsbehörden
getötet wurde. Vor wenigen Tagen ist im Netz ein Video aufgetaucht, das
seine Beerdigung zeigt.
5 Nov 2010
## AUTOREN
Wolf Schmidt
## TAGS
Bombenanschlag
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