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# taz.de -- Wolfgang Schäuble: Machtmensch macht, was er will
> Wolfgang Schäuble hat seinen Sprecher düpiert und damit vergrault – und
> wird dafür kritisiert. Dabei war der Vorfall vor allem eines: eine gute,
> weil ehrliche Show.
Bild: Gute Show: Minister Schäuble und sein nunmehr Ex-Sprecher Offer.
Es wäre ja auch keine gute Berufsvereinigung, hätte sie nicht auch noch auf
diesen Fall reagiert - verblüffenderweise allerdings tat der Deutsche
Journalisten-Verband dies als Letztes: "Die Bloßstellung Offers durch
Schäuble ist nicht nur illoyal, sondern auch empörend. Loyalität darf keine
Einbahnstraße sein."
Der Mann, dem die Solidarität gilt, heißt Michael Offer und war bislang
Pressesprecher des Bundesfinanzministers. Inwiefern auch immer das
Arbeitsverhältnis zwischen dem Amtsvorsteher der Bundesfinanzen und seinem
menschlichen Medium in die Öffentlichkeit schon vor jenem Fall erschüttert
war, ja, ob zwischen ihnen die Chemie nie so recht verträglich war - wir
wissen es nicht. Jedenfalls wurden wir, das Publikum, in der vorigen Woche
Zeugen, wie Schäuble den Gutsherrn gab und sein Sprecher den Gedeckelten.
Die delikate Szene ist auf YouTube nach wie vor zu bestaunen - und etliche
hunderttausend Klicks deuten an, wie schlicht manchmal eine Show sein kann,
trotzdem interessant und heftig populär. Es war nämlich ein Vorfall, der
auf einer ansonsten nur Fachjournalisten lockenden Pressekonferenzen des
Ministeriums spielt.
Schäuble jedenfalls, so sehen wir, raunzt seinen Pressesprecher mehrfach
an, rügt ihn coram publico, weil er angeblich das Papiermaterial zur
Präsentation der Zahlen nicht akkurat pünktlich ausgeteilt habe. Offer, der
Düpierte, gibt, auch das sehen wir alles ungeschnitten, den Erschrockenen,
in winzigen Brüchen von Sekunden auch den Beflissenen, Ertappten, aber
nicht den Unterwürfigen.
Der Fall wirkt, als wäre er perfekt inszeniert. War er aber nicht, und das
erklärt ein Gutteil des Aufruhrs, der nach diesem Fall registriert werden
musste. Die Bild-Zeitung erörterte gar: "Sein Wutausbruch verunsichert die
CDU. Ist Schäuble noch seinem Amt gewachsen?" Eine Titelei, die an die
Medienerzählung im Gefolge der Erkrankungen des Ministers anknüpft.
In Wahrheit aber, das steht zu vermuten, ist die erniedrigende Szene
zwischen dem Minister und seinem nunmehr zurückgetretenen Sprecher vor
allem deshalb von so gruselndem Interesse, weil sie offenbart, was wir als
Publikum ohnehin fantasieren: dass hinter den Kulissen - ob in der Politik,
der Diplomatie, der Wirtschaft oder der Kultur - alles nicht so takt- und
tonsicher zugeht, sondern schroff und deutlich, vor allem aber
hierarchisch, stets im Sinne der Machtverteilung. Schäuble hat mehr Macht,
also kann er mit seinem Sprecher machen, was er will.
Spektakel wie jenes im Finanzministerium sieht man sonst nur im Film, im
Fernsehen, im Kino. All der Schmutz des Alltags, der kommunikativ verpackt
in aller Öffentlichkeit sich wie eine Havarie ausnimmt, hinter
geschlossenen Türen aber zum Geschäft zu gehören scheint. Schily, Clement
und Schröder, rotgrünes Spitzenpersonal von einst, soll in puncto
Umgangsformen noch mieser als Schäuble gewesen sein - sicher ist aber: In
das Gebaren des Finanzministers nun Schlimmstes zu fantasieren, geht fehl.
Sein Exsprecher fällt weich, nicht jedenfalls ins existenzielle Irgendwo.
Ein Minister hatte mal einen schlechten Tag. Aber, dennoch, ist es nicht
vor allem das, was die Zuschauer des YouTube-Clips so fasziniert: dass es
alles in echt war, also bar aller Entfremdung und versehen mit dem, was
doch angeblich alle so lieben - Authentizität?
10 Nov 2010
## AUTOREN
Jan Feddersen
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