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# taz.de -- Nach dem Rücktritt von Michael Offer: Um Schäuble wird es einsam
> Der Sprecher des Finanzministers tritt, nachdem er öffentlich
> bloßgestellt wurde, zurück. Das schadet aber vor allem einem - Schäuble
> selbst.
Bild: Steht zunehmend allein da: Finanzminister Wolfgang Schäuble.
Am Tag zuvor versuchten sie den Fall Wolfgang Schäuble (CDU) noch
herunterzuspielen. Nein, sie habe "keine Zweifel" an seinem Führungsstil,
ließ CDU-Kanzlerin Angela Merkel am Montag wissen. Und klar, "gehen Sie
sicher davon aus, dass Michael Offer Schäubles Sprecher bleibt", hieß es
aus dem Finanzministerium. Am Dienstag erklärte Offer seinen Rücktritt.
Nichts ist mehr sicher. Schäubles Posten ist es auch nicht.
Der Kern der Geschichte beginnt am vergangenen Donnerstag. Schäubles
Sprecher Offer versucht, eine Pressekonferenz zu eröffnen. Es soll darum
gehen, dass die Steuereinnahmen steigen, das Haushaltsloch schrumpft, um
Erfreuliches also. Die Unterlagen mit Details zu den Zahlen seien ja
bereits verteilt, sagt er.
Die anwesenden Journalisten murren "Nein". Schäuble lehnt sich zurück:
"Tja!", sagt weiter: "Das hatte ich gerade vor 20 Minuten gesagt: Es wäre
schön, wenn die Zahlen verteilt wären." Grinsen. Überheblich wirkt das.
Offer setzt zu einer Erklärung an.
Schäuble unterbricht: "Herr Offer, reden Sie nicht, sorgen Sie dafür, dass
die Zahlen jetzt verteilt werden." Einige Sätze später reißt Schäuble
seinen Rollstuhl rum, verlässt den Saal. Nach 20 Minuten kommt er zurück,
spöttisch.
Hunderttausende haben sich die Szene mittlerweile im Internet angeschaut.
Wer Zeitung liest, findet Titel wie "Schäubles überheblicher Umgang mit
Journalisten und Beamten" (Süddeutsche) oder "Zweifel an der Amtsfähigkeit
des Bundesfinanzministers" (Berliner Zeitung). Plötzlich ist vom "Klima der
Angst" im Finanzressort die Rede. Der Vorfall schadet Schäuble mehr als
Offer.
Schäuble hat den 51-jährigen Haushaltsexperten vor einem Jahr aus der
Unionsfraktion im Bundestag in sein Haus geholt. Fortan verkaufte Offer den
Minister selbst während dessen wochenlangen Klinikaufenthalten noch als
starken Mann. Die Häme seines Chefs erträgt er am Donnerstag mit Geduld.
Ein Wochenende und zwei Tage später aber zieht er Konsequenzen.
Ihm sei deutlich geworden, dass er nicht sein volles Vertrauen genieße,
schreibt Offer in einem Brief an Schäuble - und: "Ich erkläre damit meinen
Rücktritt als Ihr Sprecher und bitte um Zuweisung einer neuen Aufgabe." Am
Montagabend hatte es noch einmal ein Gespräch zwischen ihm und seinem Chef
gegeben.
Schäuble sagte, er werde Offers Wunsch entsprechen. Er dankte ihm im besten
Bürokratensprech für "seinen unermüdlichen Einsatz und seine Loyalität".
Einen Nachfolger benannte er noch nicht.
Schäuble gilt als pflichtbewusst, aber auch als gesundheitlich
angeschlagen. Seit einem Attentat ist er querschnittsgelähmt, das ständige
Sitzen quält. Allein in diesem Jahr lag er mehrfach im Krankenhaus. Die
Regierung musste sich die Frage gefallen lassen, ob sie sich in einer
Finanzkrise einen geschwächten Finanzminister leisten könne.
Neue Namen wurden auch schon genannt: Innenminister Thomas de Maizière
etwa. Der war schon mal in Sachsen Finanzminister, hat derzeit allerdings
mit der Terrorabwehr genug zu tun.
Oder: Hessens Ex-Ministerpräsident Roland Koch, der jedoch auf ein gutes
Gehalt im Baugewerbe nicht gleich wieder verzichten wollen wird. So einfach
ist die Sache mit der Nachfolge nicht, am Dienstag wollte ohnehin keiner
darüber reden. Richtig sei, so hieß es nur: Schäuble habe nach seinem
Kontrollverlust Rückhalt verloren.
9 Nov 2010
## AUTOREN
Hanna Gersmann
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