Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Grünen-Chefin Claudia Roth: "Wir sind jetzt der Hauptgegner"
> Vor dem Parteitag in Freiburg: Für viele Grüne, vor allem Jüngere, sei
> die "Gegnerschaft auf Augenhöhe" mit der CDU eine ganz neue Erfahrung,
> sagt Grünen-Chefin Roth im taz-Interview.
Bild: Will sich mit CDU und FDP streiten: Grünen-Chefin Claudia Roth.
taz: Frau Roth, nach dem Hype um die Grünen setzt nun Kritik ein, die
Partei sei überschätzt. Sehnen Sie sich schon nach niedrigeren
Umfragewerten?
Claudia Roth: Ach was. Ich weiß, eine Stimmung ist etwas anderes als
Stimmen am Wahltag. Aber ich freue mich über das wachsende Vertrauen in uns
und die Offenheit für unsere Konzepte.
Die Kanzlerin bezeichnet das als Zeichen der Beliebigkeit.
Wir sind jetzt Hauptgegner von CDU und Frau Merkel. Für viele Grüne, vor
allem Jüngere, ist das eine neue Erfahrung. Einerseits ehrt uns das, denn
es bedeutet Gegnerschaft auf Augenhöhe. Andererseits wird es jetzt auch
hart: Es wird Schläge unter die Gürtellinie geben und den Versuch, uns
Klischees anzuhängen: "1-Themen-Partei", "Wohlfühlpartei". Das werden wir
uns nicht andichten lassen, schon gar nicht von einer Kanzlerin, die aus
blanker Verzweiflung große Werbeanzeigen für ihre Politik schalten muss.
Ihr Parteitag soll ein Konzept zur "Bürgerversicherung" beschließen. SPD
und Linke fordern Ähnliches. Vergrößert das Ihre Distanz zur Union?
Die Grünen fassen keine Beschlüsse mit Blick darauf, ob sie kompatibel sind
mit SPD oder Linken. Und mit Verlaub: Das erste Konzept zur
Bürgerversicherung kam von uns Grünen. Wir legen jetzt beim Parteitag einen
konkreten Plan dazu vor, während bei den anderen Parteien die
Bürgerversicherung bislang eine Worthülse ist. Wir brauchen ein System, bei
dem alle Krankenversicherten unter einem Dach sind. Und damit eine
Verbreiterung der Einnahmen im Gesundheitssystem, in die auch die Jungen
und Gutverdienenden einbezogen sind. Dass das himmelweit entfernt ist von
FDP und Union, die die Parität in der gesetzlichen Krankenversicherung
abgeschafft haben, ist klar.
Ist eine Bürgerversicherung gegen die mächtige Versicherungslobby
durchsetzbar?
Es stimmt, das ist eine der härtesten Lobbys im Land. Das bekam auch Andrea
Fischer zu spüren, als sie Gesundheitsministerin war. Bei Herrn Rösler
regiert ja heute faktisch die Wirtschaft. Die Pharmabranche und auch die
Privatversicherungen schreiben ihm sogar die Gesetzentwürfe. Wenn wir es
anders machen wollen, dann brauchen wir dafür einen breiten
gesellschaftlichen Rückhalt. Dabei können wir auch von der gescheiterten
Schulreform in Hamburg viel lernen. Gesundheit darf nicht vom Geldbeutel
abhängen, deshalb wollen wir auch andere Einkommensarten zur Finanzierung
heranziehen.
Die meisten Zugewinne bei Umfragen verzeichnen die Grünen unter
Selbstständigen, also privat Versicherten. Handeln Sie da gegen Ihre
Klientel?
Im Gegensatz zu anderen schielen wir nicht zuerst nach der vermeintlichen
Klientel, sondern machen Politik für die ganze Gesellschaft. Unsere Wähler
verstehen: Wenn ich der Stärkere bin, muss ich mehr zum Gemeinwohl
beitragen. Das ist der größte Unterschied zwischen der Klientelpartei FDP
und uns Grünen. Aber die grüne Bürgerversicherung wird am Ende für alle ein
Plus sein: ein Plus an Qualität, Solidarität und vertretbare Beiträge.
18 Nov 2010
## AUTOREN
Matthias Lohre
## ARTIKEL ZUM THEMA
Generaldebatte im Bundestag: Regierung attackiert "Dagegen-Grüne"
Die "taktischen Spielchen", die die SPD der Regierung vorwirft, wurden bei
der Generaldebatte im Bundestag aufgegeben. Mit Verbalattacken griffen sich
die Parteien munter gegenseitig an.
Der Höhenflug der Grünen: Die Lichter brennen noch
Um den derzeitigen Erfolg der Grünen zu verstehen, hilft ein Blick zurück.
An Konflikten wie Stuttgart 21 oder Castortransport hängen noch die
Grundkonflikte der alten Bundesrepublik.
Parteitag der Grünen: Beim Personal sind sie konservativ
Der Grünen-Parteitag in Freiburg hat am Freitagabend begonnen. Die Grünen
wählen ihre Führung neu. Konkurrenz zu Claudia Roth und Cem Özdemir gibt es
nicht.
Parteitag der Grünen: Sehnsucht nach mehr Gleichheit
Die Grünen wollen in Freiburg ihr Programm aufpolieren und damit inhaltlich
aufrüsten - bevor der Hype um sie wieder vorbei ist. Als Erstes ist die
Gesundheitspolitik dran.
Ökosanierung versus zahlbare Mieten: Grüne streiten über sozialen Klimaschutz
Auf dem Bundesparteitag der Grünen in Freiburg geht es auch um die Kosten
der energetischen Sanierung für Mieter. Kreuzberger Grüne wollen
Warmmietenneutralität.
Besuch bei der Grünen-Basis: Sie wollen Rache an den Roten
Die Grünen sind in den Umfragen so stark wie nie zuvor. Doch was sagt die
Basis abends bei einem Bier dazu? Ein Ortstermin an zwei Stammtischen in
Berlin.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.