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# taz.de -- Eine Zeitung für das iPad: Jeden Morgen frisch aufs Display
> Rupert Murdoch investiert 30 Millionen Dollar in sein Projekt "Daily" -
> eine Zeitung exklusiv fürs iPad. Aber ob sich dafür wirklich zahlende
> Kunden finden lassen?
Bild: Gedrucktes exklusiv fürs iPad - daran arbeitet Medienmogul Rupert Murdoc…
Rupert Murdoch ist ein streitbarer Mann. Der 79-Jährige, der aus einer
einzigen Zeitung das globale Medienunternehmen News Corporation (u. a. Sky,
Fox, The Sun, MySpace) gemacht hat, zieht selbstbewusst in jeden Kampf um
Auflage und Quote. Sein neuester Vorstoß: eine Tageszeitung exklusiv für
das iPad - nicht auf Papier erhältlich und auch nicht im
endgerätunabhängigen Internet.
"Daily" heißt Murdochs Projekt für Apples Tablet-Computer, an dem offenbar
schon seit einigen Monaten rund 100 Leute arbeiten. Die Journalisten wurden
unter anderem vom New Yorker, dem Atlantic und vom Boulevardblatt New York
Post geholt, Apple-Techniker sollen ebenfalls an der Entwicklung beteiligt
sein.
Anfang 2011 soll der Verkauf der Daily beginnen, 99 US-Cent soll sie kosten
- pro Woche. Wie "echte" Zeitungen sollen die täglichen Ausgaben abends
produziert werden, sodass iPad-Kunden sie am nächsten Morgen frisch aufs
Display geliefert kriegen. Die Inhalte scheinen dabei vergleichsweise
statisch zu sein: Die Ausgaben sollen zwar voraussichtlich mehrfach täglich
aktualisiert werden, sind aber anders als klassische Webinhalte nicht im
stetigen Fluss.
Murdoch investiert nach US-Medienberichten etwa 30 Millionen Dollar in das
Format, das er gegenüber Fox Business sein "aufregendstes Projekt" nennt
und mit dem er sich als Vorreiter auf der Suche nach neuen Ertragsquellen
zu profilieren versucht. Die amerikanische Zeitungsbranche erodiert, die
tägliche Auflage sank in den ersten sechs Monaten des Jahres
durchschnittlich um fast neun Prozent im Vergleich zum Vorjahr - in dem es
ebenfalls kräftige Auflagenrückgänge gegeben hatte.
Murdoch ist dabei der einzige Global Player, der konsequent auf
Bezahlmodelle setzt. Als News Corporation im August 2009 die schwersten
Verluste des Unternehmens bekannt gab, grantelte Murdoch, die Leute sollten
künftig doch bitte für Nachrichten im Netz bezahlen.
Die Online-Ausgabe der britischen Times ist im Juli hinter einer Pay Wall
verschwunden, seitdem gingen die Besucherzahlen um rund 90 Prozent zurück.
Das scheint Murdoch, der streng über sein Imperium wacht, jedoch nicht von
seiner Überzeugung abzubringen. Auch das Wall Street Journal arbeitet mit
Bezahlmodellen.
Mit der Daily verbindet Murdoch die Hoffnung, sein Lieblingskind, die
Zeitung, erfolgreicher als im Internet in die digitale Welt zu adaptieren.
Doch allein um die Investitionen des Projekts zu decken, müssten bei einem
Jahresabo-Preis von vermutlich um die 50 US-Dollar (knapp 37 Euro) rund
eine halbe Millionen Tablet-Nutzer ein Abo der Daily beziehen.
Für "langsamere Nachrichten - zu einem höheren Preis", wie Scott Rosenberg,
Journalist und Blogger, auf salon.com lästert. Auch der Murdoch-Biograf
Michael Wolff gibt gegenüber CNN zu bedenken: "Murdoch hat weder Gefühl für
Technologie noch das Wissen oder gar das Interesse."
Und das iPad schließt das Internet nicht aus. Im Gegenteil: es stellt genau
so die unendliche Fülle an kostenlosen Webinhalten zur Verfügung, inklusive
der Interaktion, die soziale Netzwerke und andere Communitys bieten. Das
scheint die größte Herausforderung für das Projekt zu sein. Immerhin:
iPad-Nutzer sind durchaus bereit, für Inhalte zu bezahlen. Apples App-Store
verzeichnet große Umsätze, ein 99-Cent-Klick für eine Zeitung wiegt nicht
schwer.
Damit Murdoch die Nutzer aber dazu verführen kann, seine Daily zu
abonnieren, braucht er Inhalte, die sich von der Konkurrenz absetzen und
auf die auch sprunghafte Online-Nutzer nicht verzichten wollen. Das alte
Format Zeitung auf dem iPad erfolgreich zu machen, wird vom Veteranen
Rupert Murdoch noch ausdauernden Kampfgeist verlangen.
23 Nov 2010
## AUTOREN
Rieke Havertz
## TAGS
taz.lab 2011 „Die Revolution haben wir uns anders vorgestellt“
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