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# taz.de -- Demo-Verbot auf Frankfurter Flughafen: Freiheit unter den Wolken
> Wie weit reicht die Demonstrationsfreiheit? Karlsruhe prüft die Klage
> einer Frau, die das Demo-Verbot auf dem Frankfurter Flughafen nicht
> hinnehmen will.
Bild: Menschenansammlung im Airport Frankfurt: Aber nur zum Einchecken.
FREIBURG taz | Gilt das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit auch in
öffentlichen Flughäfen und Einkaufszentren? Diese Frage muss jetzt der
Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts entscheiden. Geklagt hatte eine
Aktivistin, der vom Frankfurter Flughafen Hausverbot erteilt worden war
(siehe Kasten). Am Dienstag fand in Karlsruhe die mündliche Verhandlung
statt.
Die Vertreter des Flughafenbetreibers Fraport verteidigten gestern das
Hausverbot. "Für uns ist das Verteilen von Flugblättern eine
Betriebsstörung", sagte Erich Keil, der Leiter der Unternehmenssicherheit.
Flucht- und Rettungswege könnten verstellt werden. Möglicherweise würden
auch Lautsprecherdurchsagen übertönt.
Seit 2003 werden Demonstrationen deshalb nur noch im Außenbereich beim
Busbahnhof zugelassen. Wer in den Terminals demonstriere, bekomme
Hausverbot.
Die Richter konnten es nicht glauben, dass Fraport schon das Verteilen von
Handzetteln als Problem ansieht, und fragten mehrfach nach, ab welcher
Personenzahl denn Bedenken bestehen. Doch Erich Keil blieb hart. Schon eine
einzelne Person könne ein Sicherheitsproblem auslösen. "Plötzlich schließen
sich viele andere an, oder es gibt Gegendemonstrationen", sagte der
Sicherheitschef.
Auch die Polizeivertreter hielten Demonstrationen im Terminal generell für
"bedenklich", erklärte Clemens Lahr von der Polizeidirektion Flughafen. Und
sein Kollege Wolfgang Wurm von der Bundespolizei sagte: "Wir müssen hier
täglich bis zu 180.000 Reisende durchschleusen, und jeder könnte ein
Attentäter sein."
Der Frankfurter Rechtsprofessor Günter Frankenberg, Vertreter der Klägerin,
versuchte die Sicherheitsleute zu beruhigen. "Eine Demonstration will
Aufmerksamkeit erregen, ein Attentäter will unerkannt handeln, das passt
nicht zusammen." Das sahen wohl auch die Richter so.
Vermutlich wird die Klage gegen das Hausverbot Erfolg haben. Für die
Verfassungsrichter spielte es dabei aber eine große Rolle, dass der
Flughafenbetreiber zu 52 Prozent dem Staat gehört (32 Prozent der Aktien
liegen beim Land Hessen, 20 Prozent bei der Stadt Frankfurt).
Doch die Kläger wollten mehr. Für sie kommt es nicht darauf an, ob ein
Flughafen dem Staat gehört, sondern dass er öffentlich ist, wie ein
Marktplatz. "Immer wenn eine private Anlage für die Allgemeinheit offen
steht, keine Eingangskontrollen stattfinden und dort eine Vielzahl von
Leistungen angeboten wird, gilt auch die Demonstrationsfreiheit",
argumentierte Andreas Fischer-Lescano, der zweite Vertreter der Klägerin.
In einem privaten Einkaufszentrum könnte demnach demonstriert werden, aber
nicht beim Bäcker oder in einer Bank, weil dort nur eine Leistung angeboten
wird.
Fraport wies auch diese Argumentation zurück. "Bei uns steht der Verkehr
ganz im Vordergrund", sagte Fraport-Rechtsvertreter Friedhelm Hufen,
"Shopping ist nur ein Nebenzweck". Das überzeugte aber nicht einmal
Ferdinand Kirchhof, den konservativen Senatsvorsitzenden am
Bundesverfassungsgericht. Kirchhof zitierte ein Interview mit dem
Fraport-Chef Stefan Schulte, in dem er den Flughafen als "Einkaufszentrum
mit Landebahn bezeichnete".
Das Urteil wird erst in einigen Monaten verkündet.
24 Nov 2010
## AUTOREN
Christian Rath
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