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# taz.de -- Reaktionen auf Tim Berners-Lees Netzessay: Die Gefährder des World…
> Tim Berners-Lee, der Erfinder des World Wide Web, hat Facebook, Google
> und Apple ungewöhnlich scharf kritisiert – sie bedrohten die Zukunft des
> Netzes. Dafür gibt es reichlich Beifall.
Bild: Erfindungsreich und kritisch: Tim Berners-Lee.
Die Worte von [1][Tim Berners-Lee] hätten kaum deutlicher ausfallen können:
"Wenn wir als Webnutzer diese Trends nicht aufhalten, könnten aus dem Netz
bald geteilte Inseln werden." Was der Erfinder des World Wide Web da in
einem [2][vielbeachteten Essay] zum 20. Geburtstag seiner Erfindung für den
"Scientific American" schrieb, war ein Weckruf für die Netzgemeinde.
So wurde der 3000 Wörter lange Beitrag auch aufgefasst und in Blogs und auf
Twitter weitergereicht. "Tim Berners-Lee glaubt, dass das Web in Gefahr
ist", twitterte der renommierte IT-Journalist Dan Gillmor - sein Tweet
wurde prompt von Internet-Aktivisten wie Cory Doctorow zitiert. Andere
Diskutanten teilten Berners-Lees Angst vor einer Netzfragmentierung durch
Facebook und Co. und nannten sie "antisoziale Medien".
Craig Heintzman von der World Wide Web Foundation merkte an, er teile
Berners-Lees Bedenken: "Lange lebe das Web." Die Publizistin Xeni Jardin
sieht das ähnlich: "Das war ein inspirierender Ruf zu den Waffen."
In dem Streit geht es schlicht um die Frage, wie das Internet der Zukunft
aussehen soll. Trotz der gewaltigen Innovationskraft, die das Netz
entwickelt hat, gibt es Monopolbestrebungen gleich von mehreren Seiten. Da
wären zum einen die Internet-Provider, die die sogenannte Netzneutralität
in Frage stellen, gerne ihre Lieblingsdienste bevorzugen würden und
bestimmte Firmen extra zur Kasse bitten wollen. Dabei galt im Internet
immer das Prinzip, dass alle Daten gleich behandelt werden sollen.
Im Mobilfunknetz besteht diese Trennung bereits, zumindest teilweise.
T-Mobile, Vodafone und andere sperren gelegentlich
Internet-Telefonie-Anbieter, damit ihre Nutzer weiterhin über die eigenen
Netze kommunizieren. "Es ist bizarr sich vorzustellen, dass mein
grundlegendes Recht, auf Informationsquellen meiner Wahl zuzugreifen, davon
abhängen soll, ob ich nun an einem Computer mit WLAN hänge oder mein Handy
benutze", schreibt Berners-Lee in seinem Essay.
Tatsächlich glaubt man bei Google, dass Mobilnetze derart
wettbewerbsintensiv seien, dass man dort im Gegensatz zum Festnetz-Internet
keine explizite Netzneutralität brauche. Kritiker betonen, dies sei vor
allem dem geschäftlichen Verhältnis des Internet-Unternehmens mit einem
großen Mobilfunkanbieter in den USA [3][geschuldet]. Google wehrt sich
gegen den Vorwurf und behauptet, es gehe um "Vernunft" und "Kompromisse".
Gefahren für das Netz sieht Berners-Lee nicht nur bei den
Datentransporteuren. Das Internet sei auch von Innen bedroht - durch die
"antisozialen Medien". Facebook und andere soziale Netze wie Friendster
oder Linkedin hätten die Eigenschaft, Daten zu horten, die dann nicht mehr
Teil des Webs seien.
"Jedes Angebot ist wie ein Silo, abgeschottet von den anderen. Ja, die
Seiten sind noch im Web, aber die Daten nicht. Man kann auf eine Seite mit
einer Freundesliste zugreifen, die man selbst angelegt hat, diese aber dann
nicht verschicken oder auf eine andere Website übertragen." Solche und
ähnliche Architekturen führten dazu, dass aus dem Web kein einheitlicher,
universaler Informationsraum mehr werden könne. "Das Netz fragmentiert
immer mehr."
Probleme hat Berners-Lee auch mit anderen Anwendungen, die zwar auf dem
Internet aufsetzten, aber eigene, abgeschottete "umzäunte Gärten" bildeten.
Als Beispiel nannte er Apples Musik- und Video-Laden iTunes. Dieser habe
dem universellen, freien http-Protokoll ein proprietäres "itunes"-Protokoll
hinzugefügt.
"Man ist in einem einzelnen Laden gefangen, befindet sich nicht mehr auf
einem offenen Marktplatz. So wunderbar die Funktionen in diesem Laden ist,
seine Evolution hängt von dem ab, was sich eine einzelne Firma einfallen
lässt." Ähnliche Probleme sieht Berners-Lee beim Trend zu Apps auf Handys
und Tablets. Diese Anwendungen trennten ihr Material vom Web. "Man kann
kein Lesezeichen setzen, keine Links verschicken und nicht darüber
twittern."
26 Nov 2010
## LINKS
[1] http://www.w3.org/People/Berners-Lee/
[2] http://www.scientificamerican.com/article.cfm?id=long-live-the-web&prin…
[3] /1/netz/netzpolitik/artikel/1/auf-google-ist-kein-verlass/
## AUTOREN
Ben Schwan
## TAGS
Internet
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