# taz.de -- Urteil des Bundesgerichtshofs: Perlentaucher-Prozess, nächste Runde | |
> Eine Klage von FAZ und SZ bedroht zwar nicht mehr das Geschäftmodell des | |
> Webportals, könnte aber im Detail Erfolg haben. Das könnte teuer werden. | |
Bild: Eigene Inhalte gesucht: Webseite des "Perlentaucher". | |
KARLSRUHE taz | Der Bundesgerichtshof hat keine grundsätzlichen Bedenken | |
gegen das Geschäftsmodell des Kulturportals [1]["Perlentaucher"]. Trotzdem | |
geht der Prozess, den FAZ und SZ gegen den Perlentaucher angestrengt haben, | |
in eine neue Runde. Der Bundesgerichtshof (BGH) hob am Mittwoch ein für das | |
Kulturportal positives Urteil auf und verwies die Sache an das | |
Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt zurück. | |
Der Perlentaucher ist ein Internet-Portal, das täglich die Kulturseiten | |
großer Tageszeitungen zusammenfasst. Er finanziert sich überwiegend über | |
die Werbung, die Verlage auf der Perlentaucher-Seite schalten. Außerdem | |
werden Perlentaucher-"Notizen" - vor allem Zusammenfassungen von | |
Buchrezensionen - an Internet-Buchläden lizensiert. Zunächst war Amazon | |
Vertragspartner, jetzt ist es Buecher.de. | |
Nur gegen diese Weiter-Lizensierung der Perlentaucher-Zusammenfassungen | |
klagten die Zeitungen. Allerdings stand dabei das gesamte Geschäftsmodell | |
des Perlentauchers auf dem Prüfstand. Denn wenn die Rezensionsnotizen | |
generell urheberrechtlich verboten sind, dann dürfen sie auch nicht auf der | |
Webseite verbreitet werden. | |
Zentrale Frage in diesem Streit war, ob es sich bei den Notizen des | |
Perlentauchers um eigenständige Werke handelt. FAZ und SZ hatten dies | |
bestritten. Das Portal kürze nur ihre Rezensionen auf einen Bruchteil der | |
bisherigen Länge, übernehme dabei aber alle originellen Formulierungen. Die | |
Zeitungen sahen darin eine unbefugte Vervielfältigung ihrer Texte. | |
Das OLG Frankfurt hatte die Klage 2007 abgelehnt und schon das Kürzen | |
anspruchsvoller Texte als eigenständige Leistung gewertet. Diese | |
Argumentation erklärte jetzt aber der BGH für "rechtlich falsch", so der | |
Vorsitzende Richter Joachim Bornkamm. "Ein neues Werk erfordert in der | |
Regel, dass das alte dahinter verblasst", betonte Bornkamm einen | |
Grundgedanken des Urheberrechts. | |
Der Perlentaucher hatte im Prozess aber betont, dass er die Rezensionen | |
nicht nur kürze, sondern "in eigenen Worten" wiedergebe. Gegen dieses | |
Konzept hat nun auch der BGH keine Einwände. "Geschützt ist im Urheberrecht | |
nicht der Inhalt eines Textes, sondern nur dessen sprachliche Gestaltung", | |
sagte Bornkamm. | |
Die Zeitungen hatten in ihrer Klage 20 Perlentaucher-Notizen angeführt, die | |
ihrer Meinung nach gegen das Urheberrecht verstoßen. Diese 20 Fälle muss | |
nun wieder das OLG Frankfurt prüfen, weil der BGH nur für Rechtsfragen | |
zuständig ist. "Es kommt jetzt ganz auf den Einzelfall an", so Richter | |
Bornkamm. | |
Und dann las Bornkamm eine Notiz vor, die nach seiner Analyse fast nur aus | |
Bestandteilen der Original-Rezension besteht. Zumindest teilweise dürfte | |
der Perlentaucher am Ende also wohl verurteilt werden. "Das wäre für uns | |
ärgerlich, weil wir dann auf einem Teil der Prozess- und Gerichtskosten | |
sitzen bleiben", sagte Thierry Chervel, der Gründer des Perlentauchers, | |
nach der Verkündung zur taz. | |
Az.: 1 ZR 13/08 | |
1 Dec 2010 | |
## LINKS | |
[1] http://www.perlentaucher.de/ | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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