# taz.de -- Konzern EDF erhält 4,7 Milliarden Euro: Ländle übernimmt Stromko… | |
> EnBW hat einen neuen Großaktionär - das Bundesland Baden-Württemberg. Der | |
> Konzern soll mittelfristig "in erheblichen Teilen oder komplett an die | |
> Börse" gebracht werden. | |
Bild: EnBW-Umspannwerk in Karlsruhe. | |
FREIBURG taz | Das Land Baden-Württemberg will wieder bei der Energie | |
Baden-Württemberg (EnBW) einsteigen. Diese Option bietet sich, nachdem am | |
Montag bekannt wurde, dass der französische Staatskonzern Electricité de | |
France (EdF) seinen 45-prozentigen Anteil an der EnBW verkaufen will. Die | |
EnBW ist mit einem Jahresumsatz von rund 15,5 Milliarden Euro das | |
sechstgrößte Wirtschaftsunternehmen des Bundeslandes und versorgt rund 4 | |
Millionen Kunden. | |
Die Nachricht vom Rückzug der EdF kam völlig überraschend. Wie aus Kreisen | |
zu erfahren war, soll selbst der Vorstand der EnBW von den | |
Verkaufsabsichten der EdF nichts gewusst haben. Beobachter vermuten, dass | |
die EdF schlicht Geld braucht, zumal absehbar ist, dass die Rendite der | |
EnBW in den kommenden Jahren nicht in den Himmel wachsen dürfte. | |
Eilig wurde offenbar in der Stuttgarter Staatskanzlei ein Konzept | |
gestrickt, um die Anteile des französischen Atomkonzerns zu übernehmen. | |
Denn das Land möchte die Zukunft des Unternehmens mitgestalten. Wie | |
Ministerpräsident Stefan Mappus gestern mitteilte, will das Land 41,50 Euro | |
je Aktie bezahlen. Das EnBW-Papier, das zuletzt um 35 Euro dümpelte, lag | |
gestern zeitweise um 18 Prozent im Plus, es verharrte am Nachmittag bei | |
über 41 Euro. | |
Bei 112,5 Millionen Aktien wird das Land für den Kauf 4,67 Milliarden Euro | |
bezahlen müssen. Man habe sich auf einen "ausgesprochen fairen Preis | |
geeinigt", sagte Mappus. Anders gesagt: Der Wert der EnBW liegt heute kaum | |
höher als vor zehn Jahren. Seit Februar 2001 ist die EdF Gesellschafterin | |
der EnBW. Sie hatte damals 25,1 Prozent für 4,7 Milliarden Mark vom Land | |
Baden-Württemberg gekauft, und ihren Anteil in mehreren Schritten bis | |
Januar 2005 auf 45,01 Prozent erhöht. | |
Damals wie heute ergibt sich aus den Transaktionen ein Wert um 10 | |
Milliarden Euro. Der aktuellen Bewertung dürfte auch die Erkenntnis | |
zugrunde liegen, dass mit der Brennelementesteuer und vor dem Hintergrund, | |
dass es an Akzeptanz in der Bevölkerung fehlt, Atomkraft in Deutschland | |
kein langfristig attraktives Investment ist. | |
Der Haushalt Baden-Württembergs werde nicht belastet, hieß es gestern aus | |
der Stuttgarter Staatskanzlei. Die Beteiligung soll durch die | |
Erwerbsgesellschaft Neckarpri GmbH und die Ausgabe einer | |
"Baden-Württemberg-Anleihe" finanziert werden. "Die Zinskosten dieser | |
Anleihe werden aller Voraussicht nach unter den Dividendenzahlungen der | |
EnBW liegen. | |
Aus dem Investment ist folglich jedes Jahr ein Mehrwert zu erwarten, der | |
der Landeskasse zugute kommen wird", versichert die Staatskanzlei. Mappus | |
hofft, die EnBW neben Daimler, HeidelbergCement und SAP als vierte Aktie | |
aus Baden-Württemberg in den Deutschen Aktienindex (DAX) zu bringen. | |
Auch den übrigen Aktionären machte das Land gestern ein vergleichbares | |
Angebot. Dazu ist ein Bieter gesetzlich verpflichtet. Neben der EdF sind | |
die Oberschwäbischen Elektrizitätswerke (OEW) mit ebenfalls 45,01 Prozent | |
zweiter großer Aktionär. Hinter der OEW stehen neun Kreise mit den Kreisen | |
Ravensburg und Alb-Donau-Kreis als größten Eignern. Die OEW ließen bereits | |
wissen, dass sie keine Aktien an das Land verkaufen werden. Die neben den | |
EdF- und OEW-Anteilen restlichen rund 10 Prozent der EnBW-Aktien sind zum | |
großen Teil im Kommunalbesitz, der Streubesitz liegt bei knapp 2 Prozent. | |
Die EnBW gab sich gestern wortkarg: "Wir begrüßen das Land | |
Baden-Württemberg als neuen großen Anteilseigner", sagte der | |
Vorstandsvorsitzende Hans-Peter Villis. Der Einstieg des Landes und die | |
Erklärung, die erworbenen Aktienanteile wieder am Kapitalmarkt platzieren | |
zu wollen, zeige die Attraktivität der EnBW. | |
6 Dec 2010 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
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