# taz.de -- Wehrpflicht ade: Nie wieder dienen | |
> Die Koalition beschließt die Aussetzung der Wehrpflicht. Aber die | |
> Truppenreduzierung fällt geringer aus als geplant. Und unklar ist, ob das | |
> Sparziel eingehalten werden kann. | |
Bild: In der Grundausbildung durchs Gras robben ist jetzt vorbei - die Wehrpfli… | |
BERLIN taz | Bis zum Schluss haben die Verteidigungspolitiker mit den | |
Haushaltspolitikern am Donnerstag, dem Tag des Koalitionsausschusses, | |
gerungen. Die einen wollten vor allem ein ordentlich ausgestattetes Heer, | |
die anderen vor allem die Sparziele erreichen, die den Ausgangspunkt der | |
Bundeswehrreform bildeten. Am Ende haben die Verteidigungspolitiker | |
gewonnen. | |
Die Truppenstärke der Bundeswehr wird zwar von knapp 250.000 auf 185.000 | |
Soldaten verringert. Allerdings wollte Verteidigungsminister Karl-Theodor | |
zu Guttenberg ursprünglich sogar auf 163.500 Personen verkleinern, um so | |
das von Finanzminister Wolfgang Schäuble gesetzte Sparziel von gut acht | |
Milliarden Euro bis 2014 zu erreichen. Dass dies nun schwierig wird, ist | |
auch Guttenberg selbst klar, der sich beeilte, zu betonen, er wolle keine | |
Bundeswehr nach Kassenlage. | |
Nach dem Koalitionsausschuss scheint es für Einsparungen bei der Bundeswehr | |
so schlecht zu stehen wie lange nicht. Der CDU-Verteidigungspolitiker | |
Ernst-Reinhard Beck erwägt sogar, die Pläne aufzuschieben. "Wir müssen | |
schauen, ob man das Sparziel um ein oder zwei Jahre nach hinten verlegen | |
kann", sagte er der taz. | |
Die "Aufgabe des deutschen Staates" sei es, "die Sicherheit aller | |
Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten". Sein Fazit: "Entscheidendes | |
Kriterium bei der Bundeswehrreform muss sein, was notwendig ist, nicht was | |
finanzierbar ist." Man müsse nun durchrechnen, wie sich die Entscheidungen | |
der Koalition auswirkten, sagte ein Sprecher des | |
Bundesverteidigungsministeriums am Freitag in Berlin. | |
Der FDP-Haushaltspolitiker Jürgen Koppelin will dagegen an dem Sparziel | |
festhalten. "Wir müssen die Einsparungen anders erbringen", sagte er der | |
taz. "Wir werden die Bundeswehrstandorte reduzieren müssen. Auch das | |
Ministerium kann verkleinert werden." Zudem will Koppelin bei Großprojekten | |
sparen: "Projekte wie das Flugabwehrsystem ,Meads' gehören auf den | |
Prüfstand. Das hat uns Rot-Grün eingebrockt und kostet Milliarden Euro." | |
Der Grünen-Politiker Alexander Bonde kritisierte den Beschluss des | |
Koalitionsausschusses scharf: "Mit der von der Koalition hoch verhandelten | |
Truppenstärke ist die Wirkung der Reform gefährdet und das selbst gesetzte | |
Sparziel endgültig nicht erreichbar." | |
Beschlossen ist nun auch die Aussetzung der Wehrpflicht. Sie soll ab dem | |
Stichtag 1. Juli 2011 gelten. Bis dahin sollen gemusterte junge Männer laut | |
Minister noch eingezogen werden. Einen Gesetzentwurf dazu wolle das | |
Kabinett schon kommende Woche beraten. | |
Für zahlreiche gesellschaftliche Initiativen, die seit Jahrzehnten für | |
dieses Ergebnis gekämpft haben, kann dies als großer Erfolg gelten. So auch | |
für die Berliner "Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär" - | |
deren politisches Ziel nun erreicht ist. Den Erfolg feiern kann die | |
Kampagne allerdings nicht mehr - sie ist faktisch aufgelöst. Fast | |
Prophetisches ist auf der Website zu lesen: "Mitte 2009 haben wir unsere | |
aktive Beratungsarbeit eingestellt." | |
10 Dec 2010 | |
## AUTOREN | |
Gordon Repinski | |
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