# taz.de -- Guttenbergs Afghanistan-Reise: Pärchen unter Feuer | |
> Es hagelt Kritik am Verteidiungsminister und seiner Frau. Jürgen Trittin | |
> bezeichnet ihre Reise als "Personality-Show" und SPD-Chef Sigmar Gabriel | |
> hätte den Soldaten lieber jemand anderes gegönnt. | |
Bild: Stephanie zu Guttenberg: Zuhause ist es gerade ungemütlicher als im Camp. | |
BERLIN dpa/dapd/afp | Die Reise von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu | |
Guttenberg (CSU) und seiner Ehefrau nach Afghanistan sorgt für politischen | |
Zündstoff in Berlin. SPD, Grüne und Linke haben dem Minister | |
Selbstinszenierung auf Kosten der Soldaten vorgeworfen. Auch aus der FDP | |
kamen kritische Töne. Die Union attackierte wiederum die Opposition. | |
Guttenberg hatte am Montag erstmals zusammen mit seiner Ehefrau Stephanie | |
die deutschen Truppen im Norden Afghanistans besucht. Er wurde von | |
Fernsehmoderator Johannes B. Kerner begleitet, der mit Guttenberg im | |
Bundeswehr-Camp Masar-i-Scharif die Sat.1- Talksendung "Kerner" | |
aufzeichnete. | |
SPD-Chef Sigmar Gabriel nannte das Besuchsprogramm des Ehepaars "absolut | |
unangemessen" und sagte, es fehle noch das Fernsehsternchen Daniela | |
Katzenberger. Davon "hätten wenigstens die Soldaten was". Der | |
verteidigungspolitische Sprecher der SPD- Bundestagsfraktion, Rainer | |
Arnold, sagte der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung: | |
"Guttenberg nutzt die Bundeswehr als Kulisse und Dekoration für seine | |
Inszenierungen. (...) So langsam geht ihm auch jegliches Gespür ab, wo die | |
Grenzen sind." SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles Nahles hielt Guttenberg | |
im Hamburger Abendblatt vor, er mache sich "immer mehr zum | |
Staatsschauspieler". | |
Auch von den Grünen kam harsche Kritik. "Eine solche Inszenierung in einem | |
der schwersten Konfliktherde der Welt ist an Geschmacklosigkeit kaum zu | |
überbieten", sagte Bundestagsfraktionschef Jürgen Trittin am Dienstag. Mit | |
der "PR-Aktion" habe Guttenberg die Grenzen seines Amtes überschritten. Der | |
Auftritt des Verteidigungsministers im ZDF inszeniere die politische Krise | |
in Afghanistan als "Kerner-Show am Hindukusch". | |
Nach Ansicht Trittins hätte Guttenberg den deutschen Soldaten vor Ort | |
lieber erklären sollen, wie lange sie dort noch ihr Leben riskieren müssen, | |
"anstatt sie als Staffage für eine Personality-Show zu nutzen". Antworten | |
auf militärische Fragen sei er jedoch schuldig geblieben. | |
Linken-Fraktionschef Gregor Gysi sagte dem Berliner Tagesspiegel: | |
"Afghanistan ist das letzte Land, dass sich für Showbusiness und | |
Entertainment eignet. Die ministerielle PR-Aktion mit Gattin und | |
Talkshowtross verbessert weder die Lage im Land, noch macht sie den von der | |
klaren Mehrheit der Deutschen abgelehnten Bundeswehreinsatz richtig." | |
Die sicherheitspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Elke Hoff, | |
mahnte den Minister "zu größerer Zurückhaltung". "Gerade jetzt herrscht | |
unter unseren Soldaten eine große Anspannung, denn zum einen steht der | |
Kontigentwechsel an und zum anderen werden die Soldaten ständig in Gefechte | |
verwickelt", sagte Hoff der in Bielefeld erscheinenden Neuen Westfälischen. | |
Der Politik- und Medienberater Michael Spreng hält den Besuch des | |
Verteidigungsministers samt Ehefrau für kontraproduktiv. "Ich habe mich | |
gefragt, was macht Frau zu Guttenberg in Afghanistan?", sagte Spreng am | |
Dienstag. "Er hat ja gesagt, er möchte die Aufmerksamkeit auf die Soldaten | |
lenken." Durch die Teilnahme seiner Frau habe er aber die Aufmerksamkeit | |
auf das Ehepaar gelenkt und damit das Ziel verfehlt. | |
Der gemeinsame Truppenbesuch von Präsident Horst Köhler und seiner Frau Eva | |
Luise sei hingegen "ein bescheidener und unglamouröser Auftritt" gewesen, | |
der ganz der Sache gedient habe, der Anerkennung und dem Dank für die | |
deutschen Soldaten. "Das unterscheidet sich schon deutlich", sagte Spreng. | |
Die Guttenbergs seien eben das Glamourpaar der Politik - "und es tritt auch | |
an den unpassenden Orten als Glamourpaar auf". | |
CSU: Die Soldaten freuen sich | |
Rückendeckung erhielt Guttenberg dagegen vom Wehrbeauftragten des | |
Bundestags, Hellmut Königshaus (FDP). Er sehe "keinen Grund zur Empörung", | |
sagte Königshaus dem SWR. Die Soldaten würden sich freuen, "dass der | |
Minister nach Afghanistan kommt und deutlich macht, auch seine Familie | |
steht dahinter". Auch CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe zeigte sich | |
überzeugt, dass die Soldatinnen und Soldaten sowie ihre Familien den Besuch | |
auch der Frau des Ministers als Geste der menschlichen Solidarität | |
verstünden. | |
Die CSU attackierte wiederum die SPD. "Das ist eine Beleidigung gegenüber | |
unseren Soldatinnen und Soldaten, dass Herr Gabriel seine eigene | |
offensichtliche Primitivfantasie unterstellt", sagte CSU-Landesgruppenchef | |
Hans-Peter Friedrich am Dienstag. Die Medien hätten "unfreundlich" auf die | |
Mitreise von Stephanie zu Gutenberg reagiert, die Soldaten hätten dies ganz | |
anders bewertet: "Mit welcher Begeisterung sie auch Frau zu Guttenberg | |
empfangen, das finde ich bezeichnend." Die unterschiedlichen Reaktionen | |
sollten "uns alle nachdenklich machen". | |
Guttenberg wehrte sich gegen die Kritik. "Ich tue das, was ich für richtig | |
halte, um den Soldaten hier im Einsatz die Anerkennung und die | |
Aufmerksamkeit zu verschaffen, die sie verdienen", sagte er am Montag | |
gegenüber Spiegel Online. Ausdrücklich dankte er Johannes B. Kerner für die | |
Produktion der Talkshow. Dadurch werde "ein weiteres Stück Realität des | |
Einsatzes der Bundeswehr" für die deutsche Bevölkerung sichtbar, sagte er | |
Spiegel Online. Das sei jahrelang zu kurz gekommen. | |
Nach Angaben der Bundesregierung geht die Mitreise der Ministergattin nicht | |
zulasten des Steuerzahlers: Stephanie zu Guttenberg bezahle selbst. | |
14 Dec 2010 | |
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