# taz.de -- Die Guttenbergs auf dem Afghanistan-Trip: In Zeiten der Restauration | |
> Der Verteidigungsminister ist mit seiner Frau zu Besuch bei den deutschen | |
> Soldaten in Afghanistan. Und mit dabei ist auch TV-Moderator Johannes B. | |
> Kerner. | |
Bild: Möglicher Wortwechsel zwischen Stephanie und Karl-Theodor: Ich möchte d… | |
Als ob es die deutschen Soldatinnen und Soldaten in Afghanistan nicht schon | |
schwer genug hätten, nun müssen sie auch noch mit Überraschungsbesuch | |
fertig werden. Sicher, das passt zur Jahreszeit - aber zumindest im fernen | |
Afghanistan sollte man sich davor doch geschützt fühlen dürfen. Nix da. | |
Stephanie zu Guttenberg wollte der Truppe gern frohe Weihnachten wünschen, | |
und so begleitete sie ihren Mann, den Verteidigungsminister, überraschend | |
ins Feldlager nach Kundus. Um ein Feldlazarett zu besuchen und sich "vor | |
allem mit deutschen Soldatinnen" auszutauschen, so das Ministerium. | |
Was mag wohl im Hause derer zu Guttenberg besprochen worden sein, als die | |
Entscheidung fiel? "Ach, weißt du, KT," so könnte die Freifrau geseufzt | |
haben. "Es ist doch ein so guter alter Brauch, dass Leute von Stand in der | |
Weihnachtszeit an ihre Untertanen denken. Meinst du nicht, ich sollte dich | |
nach Kundus begleiten, Lieber?" - "Aber hast du denn gar keine Angst, | |
Liebste?", dürfte der Verteidigungsminister gefragt haben, besorgt und doch | |
voller Stolz auf seine tapfere, kleine Frau. "Von Angst darf man sich dort | |
nicht überwältigen lassen, sonst ist man eindeutig am falschen Platz", hat | |
sie vielleicht mit fester Stimme geantwortet. Ein guter Satz. Sie hat ihn | |
jetzt in Kundus gesagt und nur das "dort" durch ein "hier" ersetzt. | |
Stephanie zu Guttenberg hat im Feldlager auch mitgeteilt, ihre beiden | |
Töchter seien von der Reiseplanung nicht begeistert gewesen: "Aber sie | |
haben das verstanden." Da sind die Kinder mir weit voraus. Ich verstehe es | |
nicht. Der Besuch solle zeigen, "dass der Einsatz der Soldaten nicht nur | |
politisch getragen wird, sondern darüber hinaus", meinte der Minister. | |
Was könnte Karl-Theodor zu Guttenberg damit gemeint haben? Dass seine Frau | |
nicht politisch denken kann? Ja, der Verdacht liegt nahe, wenn man die | |
eigenartige Sendereihe "Tatort Internet - schützt endlich unsere Kinder" | |
auf RTL 2 verfolgt, an der Stephanie zu Guttenberg mitwirkt. Aber sollte | |
fehlender politischer Verstand allein ein hinreichend guter Grund dafür | |
sein, jemanden nach Afghanistan mitzunehmen, dann dürfte es im Feldlager | |
demnächst ziemlich voll werden. | |
Es gibt noch eine andere mögliche Erklärung für den seltsamen Satz des | |
Verteidigungsministers. Vielleicht wollte er der deutschen Öffentlichkeit | |
schlicht mitteilen, dass seine Frau den Einsatz in Afghanistan richtig | |
findet. Interessant. Meine Tante Hildegard findet ihn ebenfalls richtig - | |
muss sich die Truppe jetzt auch vor ihrem Besuch fürchten? Ach nein, | |
vermutlich nicht. Ich nehme an, dass Karl-Theodor zu Guttenberg die Ansicht | |
meiner Tante Hildegard sowohl im Hinblick auf das Gemeinwesen als auch auf | |
das Wohl der Soldatinnen und Soldaten nicht so wichtig findet wie die | |
Meinung seiner Frau. | |
Woran könnte das liegen? Nun, meine Tante Hildegard ist keine Freifrau. Sie | |
erfüllt nicht "die Sehnsucht der Deutschen nach einer Königsfamilie" - im | |
Gegensatz zu den Guttenbergs, wie Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo | |
kürzlich in einer Talkshow sagte. Adel hat ja Konjunktur. Gerade erst | |
durfte Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck, ein Cousin des | |
Freiherrn, dem SZ-Magazin unwidersprochen erklären, es seien | |
"überproportional viele Adlige" am Widerstand gegen Hitler beteiligt | |
gewesen. Sie hätten einfach gewusst, "welche Werte und Maßstäbe in ihren | |
Familien seit Generationen gelten". Ach, so war das mit dem Widerstand. Da | |
muss die Geschichte des Dritten Reichs wohl doch neu geschrieben werden. | |
Adel ist übrigens nicht gleich Adel, und Lebensgemeinschaft ist nicht | |
gleich Lebensgemeinschaft. Wenn der ehemalige Verteidigungsminister Rudolf | |
Scharping sich von seiner Gräfin ins Feld hätte begleiten lassen - die | |
Hölle wäre los gewesen. Aber der war ja auch ein Sozi. Und als | |
Außenminister Guido Westerwelle seinen damaligen Lebensgefährten und | |
heutigen Ehemann mit auf Reisen nahm, da war von Günstlingswirtschaft die | |
Rede. Niemand würde das der Guttenberg-Dynastie je unterstellen. | |
Schließlich leben wir in Zeiten der Restauration. | |
Deshalb können wir von Stephanie von Guttenberg gar nicht genug bekommen. | |
Das nächste Mal dürfen wir sie bei Johannes B. Kerner sehen. Der hat jetzt | |
in Kundus die nächste Folge seiner Show aufgezeichnet. Krieg ist echt eine | |
Schau. | |
14 Dec 2010 | |
## AUTOREN | |
Bettina Gaus | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |