# taz.de -- Westerwelle über Afghanistan: Abzug soll Ende 2011 beginnen | |
> Außenminister Westerwelle will Ende 2011 die ersten deutschen Soldaten | |
> aus Afghanistan zurückholen. Mit der Festlegung steht er innerhalb der | |
> Regierung allein da. Auch die Opposition ist skeptisch. | |
Bild: Westerwelle fordert, auch Gebiete in Nord-Afghanistan 2011 zu übergeben. | |
BERLIN rts | Bundesaußenminister Guido Westerwelle hat sich auf einen Abzug | |
der ersten deutschen Truppen aus Afghanistan Ende kommenden Jahres | |
festgelegt. "Ende 2011 werden wir unser Bundeswehr-Kontingent in | |
Afghanistan erstmals reduzieren können", sagte Westerwelle am Donnerstag in | |
einer Regierungserklärung zur Lage am Hindukusch. | |
Der Minister ging damit weiter als der Fortschrittsbericht der | |
Bundesregierung, in dem zwar der Abzugsbeginn für Ende 2011 angestrebt, der | |
Schritt aber auch erst 2012 für möglich gehalten wird. | |
Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg äußert sich ebenfalls | |
deutlich zurückhaltender als der Außenminister. | |
US-Präsident Barack Obama will ebenfalls am Donnerstag seine überarbeitete | |
Strategie für den Afghanistan-Krieg vorstellen. Mit einem Kurswechsel wird | |
allerdings trotz des Todes des einflussreichen US-Beauftragten für | |
Afghanistan und Pakistan, Richard Holbrooke, nicht gerechnet. | |
Guttenberg sagte laut Spiegel Online bei seinem Kurzbesuch in Afghanistan, | |
es gebe noch keine konkreten Pläne für den Abzug der Bundeswehr aus | |
einzelnen Provinzen im deutschen Verantwortungsbereich im Norden. "Ich bin | |
nicht derjenige, der sagt, nächstes Jahr ziehen wir hier oder da Soldaten | |
ab. Das wäre auch unverantwortlich", wurde der CSU-Politiker zitiert. | |
Westerwelle sagte in seiner Regierungserklärung dagegen, auch Gebiete im | |
Norden gehörten zu den ersten Regionen, die im ersten Halbjahr 2011 an die | |
Afghanen übergeben werden sollen. Ausdrücklich nahm der Außenminister | |
seinen Kollegen Guttenberg gegen Kritik in Schutz, weil er seine Frau zum | |
Truppenbesuch mitgenommen hatte. Die Opposition habe das gute Recht, die | |
Arbeit der Regierung zu kritisieren. "Aber die Schmähkritik an Frau zu | |
Guttenberg war einfach unanständig", betonte der FDP-Chef, dem gewöhnlich | |
ein eher ein problematisches Verhältnis zu Guttenberg nachgesagt wird. | |
Kritik erntete die Bundesregierung von der Opposition. Über 70 Prozent der | |
Deutschen lehnten den Einsatz in Umfragen ab, hielten Grünen-Politiker der | |
Bundesregierung vor. Dennoch seien deutsche Soldaten bereits länger am | |
Hindukusch im Einsatz als im Ersten und Zweiten Weltkrieg zusammen, und sie | |
würden wohl noch weitere vier bis fünf Jahre in Afghanistan bleiben. | |
Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold beklagte sich darüber, dass bei | |
Guttenbergs jüngstem Truppenbesuch nur Abgeordnete der Union den Minister | |
begleitet hätten. Gerade jedoch bei den Weihnachtsreisen sei es üblich, | |
auch Parlamentarier der anderen Parteien mitzunehmen. "Oder sind Sie | |
inzwischen der Auffassung, dass Parlamentsarmee bedeutet, es ist eine | |
Familienarmee und eine CDU-Armee?", fragte Arnold. | |
Die Linkspartei warf der Bundesregierung vor, die Lage in Afghanistan zu | |
beschönigen. "Da ist kein Fortschritt. Dieser ganze Bericht ist ein | |
Dokument des Scheiterns", kritisierte der Linkenpolitiker Jan van Aken den | |
Fortschrittsbericht. "Ihr Abzug ist gar kein Abzug, Ihr Aufbau ist kein | |
Aufbau, und Ihre Terrorbekämpfung hat nichts mit Terrorbekämpfung zu tun." | |
Derzeit sind 4.600 deutsche Soldaten am Hindukusch im Einsatz. Der | |
Bundestag wird im Januar über die Verlängerung des Mandats beraten. Die | |
Nato hatte bei ihrem Gipfel in Lissabon beschlossen, den Kampfeinsatz in | |
Afghanistan Ende 2014 zu beenden, falls es die Sicherheitslage zulasse. Mit | |
dem Ende des Übergabeprozesses der einzelnen Provinzen an die Afghanen 2014 | |
sollten keine deutschen Kampftruppen mehr am Hindukusch sein, betonte auch | |
Westerwelle. | |
16 Dec 2010 | |
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