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# taz.de -- Weihnachtsserie Digitale Spiele (3): Allmacht, dein Name sei Civili…
> Mit Civilization 5 liegt endlich die Fortsetzung einer Spielereihe vor,
> in der sich auch Linke mal in Ruhe ihren Weltherrscherfantasien hingeben
> dürfen - und dabei lernen.
Bild: Wer viel Geld hat, kann Schlachten vermeiden: Szene aus Civilization 5.
Das Horrorszenario der Rechten wird Wirklichkeit: Ein Bündnis aus
Gutmenschen aller Länder der Erde erringt die Weltherrschaft und wirft -
unterstützt von der Uno - alle digitalen "Verhältnisse um, in denen der
Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein
verächtliches Wesen ist" (Karl Marx). Oder anders, weniger pathetisch
gesagt: Alle Zwänge sind abgeschafft, wir leben in einer Welt des Friedens
und des Überflusses, abgeschafft sind Geld, Waffen, Lohnarbeit und auch die
Herrschaft selbst.
Ganz so weit geht [1][Civilization 5] nicht. Im Herbst ist die Fortsetzung
von Sid Meier's seit nun fast 20 Jahren in aller Welt bekannten oder, wie
die Wikipedia weiß, [2]["einer der berühmtesten und erfolgreichsten"]
Spielereihe Civilization erschienen. Das Bündnis der fortschrittlichen
Kräfte wird hier nicht zustande kommen, egal wie oft, in welcher
Konstellation und auf welchem Level man spielt. Zumindest nicht auf Dauer.
Geld, Waffen und Lohnarbeit gibt es auch am Ende des Spiels noch, ihnen
kommen jedoch neue Bedeutungen zu. Und die Herrschaft? Sie ist größer als
je zu vor. Nicht schlimm - schließlich sind wir ja gute Herrscher (oder
etwa nicht?). Ich. Du. Er. Sie. Jeder von uns (Sie nicht?). Jeder, der die
Weltherrschaft in Civilization 5 nach tagelangem Spiel an sich reißt.
Wer eine der Varianten des Spiels (für PC, Konsole, Smartphone, selbst an
einer Facebook-Version wird gearbeitet) kennt, dem sei gesagt: Neu ist,
dass diplomatische Verhandlungen, Geld und Kriegstaktik wichtiger und
Militärstrategie, Religion sowie der Blick auf die Welt aus westlichter
Perspektive unwichtiger geworden sind. Neu sind auch die Sechseckraster des
Spielfeldes, Teile des Kampfsystems, die Möglichkeit, auf Inhalte
zurückzugreifen, die andere Spieler erstellt haben, verbesserte Stadt- und
Politikmanagement-Funktionen, diverse Technologien und weitere Details.
Wer keine der Varianten des Spiels kennt, sollte wissen: Ziel des
rundenbasierten Strategiespiels ist es je nach Vorgabe, die Weltherrschaft
zu erringen - militärisch, monetär, kulturell, technologisch, diplomatisch
- oder zumindest in der Konkurrenz um die Weltherrschaft gut abzuschneiden.
Von der ersten Siedlung bis zur Millionenmetropole, von der Töpferei bis
zur Weltraummission, vom Krieger mit Streitaxt bis zum SDI sind sämtliche
Spielfortschritte selbst zu entwickeln.
Hier kann der Pazifist ungehemmt seine Panzerarmeen kommandieren, um dem
Bellizisten zu zeigen, dass es sich in einer Welt des Friedens besser leben
lässt. Der AKW-Gegner baut sein Kernkraftwerk allein mit dem Ziel, es in
die Luft gehen zu lassen und der Menschheit zu zeigen, dass die
Energieversorgung der Zukunft solche Technologien nicht braucht. Und auch
wer die Macht verachtet, sollte immer ein paar Spione parat haben für den
Fall, dass ein anderer sich vielleicht doch an Macht berauscht. Mancher
führt gar mit Vergnügen die Gesellschaftsform Kommunismus ein und wundert
sich, warum die anderen stets mehr Geld haben.
Das Gute an Civilization ist: Das Spiel zeigt uns, dass es nicht so leicht
ist, "alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes,
ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist". Einfache
Strategien und Lösungen führen kaum weiter, Kompromisse und komplexe
Taktiken hingegen schon - vor allem im neuen, fünften Teil der Spielereihe.
In diesem Sinne ist Civilization 5 eines der demokratischsten Spiele der
Gegenwart.
22 Dec 2010
## LINKS
[1] http://www.civilization5.com/
[2] http://de.wikipedia.org/wiki/Sid_Meier%E2%80%99s_Civilization
## AUTOREN
Maik Söhler
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