# taz.de -- Experten warnen vor Cloud-Computing: Gesichter in der Wolke | |
> Große Netzfirmen möchten, dass viele Nutzer möglichst viele Daten direkt | |
> im Netz ablegen. Googles Chrome OS und Facebooks Gesichtserkennung zeigen | |
> die Gefahren. | |
Bild: So stellte sich IBM das Cloud Computing auf der Cebit 2009 vor. | |
Der Computeraktivist Richard Stallman hat vor den Plänen großer | |
Internet-Konzerne gewarnt, immer mehr Daten der Nutzer ins Netz zu | |
verlagern. Mit Blick auf Googles neues Betriebssystem "Chrome OS" [1][sagte | |
er] dem britischen Guardian, die Menschen gäben die Kontrolle über ihre | |
Informationen auf. | |
Google & Co. versuchten, die Nutzer zu einer "fahrlässigen Computerei" zu | |
erziehen, bei der Ermittlungsbehörden einfachen Zugriff auf private Daten | |
bekämen. Und weiter: "In den USA gibt man das Recht auf seine Informationen | |
auf, wenn man sie auf den Maschinen einer Firma statt auf dem eigenen | |
Computer speichert." Die Polizei müsse beim Zugriff auf den heimischen PC | |
einen Durchsuchungsbeschluss vorweisen. "Im Netz braucht sie Ihnen gar | |
nichts zu zeigen." | |
Stallman gilt als einer der Väter des Open-Source-Betriebssystems GNU/Linux | |
und setzt sich weltweit für die Durchsetzung freier Software ein, bei der | |
Nutzer in die Quellcodes schauen können, um zu lernen, wie Programme | |
funktionieren. Es sei zwar positiv, dass Chrome OS auf Basis von GNU/Linux | |
laufe. Doch die Nutzung reiner Internetdienste sei "schlimmer als | |
Dummheit." Die Risiken seien einfach zu groß, wenn Daten fast nur noch im | |
Netz lagerten. | |
Wie [2][Chrome OS] aussehen soll, zeigt Google derzeit anhand eines | |
Prototyp-Laptops namens [3]["Cr-48"], der in den vergangenen Tagen an | |
ausgewählte Experten und Firmen ging. Die größte Veränderung findet im | |
Inneren der von der Hardware her langweiligen Maschine statt: Das | |
installierte Chrome OS unterscheidet sich radikal von allem, was man als | |
PC-Benutzer bislang kannte. | |
Statt Software auf der Festplatte zu installieren, wird sie direkt aus dem | |
Netz bezogen. Nur Minimalanteile werden auf einem kleinen internen Speicher | |
abgelegt, der jederzeit mit Internetdaten überschrieben werden kann, | |
sollten Informationen verloren gehen. Jedes Dokument, jede E-Mail und jedes | |
Video, jedes Foto und jedes Musikstück werden in der "Cloud" gespeichert, | |
jener Server-Wolke aus riesigen Rechenzentren, die Google, Amazon und | |
andere Netzriesen mittlerweile betreiben. | |
Auch im sozialen Netzwerk Facebook lagert nichts mehr auf der lokalen | |
Festplatte. Stattdessen laden Nutzer inzwischen ganze Bildersammlungen | |
hoch, um sie mit ihren Freunden auf der Plattform zu teilen. Was der Web | |
2.0-Konzern mit diesen Daten machen kann, sorgt regelmäßig für Kritik von | |
Datenschützern - etwa das Schalten gezielter Werbung, die sogar auf die | |
[4][sexuelle Präferenz] zielt. | |
Die neueste technische Entwicklung von Facebook ist ein | |
[5][Gesichtserkennungsverfahren], "Tag Suggestions" genannt: Dabei | |
ermitteln die Algorithmen des Netzwerks aus bereits hochgeladenen Bildern, | |
wie eine Person heißen könnte. Der Nutzer muss das dann nur noch auf | |
"Bestätigen" drücken, damit der Rest der Bildersammlung "getaggt" wird. Das | |
Cloud Computing birgt aber nicht nur für Kunden Datenschutzrisiken - auch | |
Firmen, die Informationen im Netz anbieten, sollten sich überlegen, ob sie | |
nicht lieber eigene Server installieren. | |
Das jüngste Beispiel kommt aus den USA. Der E-Commerce-Anbieter Amazon | |
betreibt neben seinem Hauptgeschäft auch einen Cloud-Dienst, bei dem Firmen | |
ihre Daten unterbringen können - kostengünstig im "Pay as you | |
go"-Verfahren. Der Plattformbetreiber kann jederzeit entscheiden, welche | |
Informationen er auf seinen Maschinen speichern will und welche nicht. Das | |
bekam auch Wikileaks zu spüren. Als ein US-Sensator Druck auf das | |
Unternehmen auszuüben begann, verbannte Amazon die Seite mit der | |
fadenscheinigen Begründung, sie verstoße gegen die Nutzungsbedingungen. | |
17 Dec 2010 | |
## LINKS | |
[1] http://www.guardian.co.uk/technology/blog/2010/dec/14/chrome-os-richard-sta… | |
[2] /1/netz/netzoekonomie/artikel/1/google-browst-voran/ | |
[3] http://www.google.com/chromeos/pilot-program-cr48.html | |
[4] /1/politik/schwerpunkt-ueberwachung/artikel/1/facebook-werbung-outet-mitgli… | |
[5] http://mashable.com/2010/12/15/facebook-photo-tag-suggestions/ | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
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