# taz.de -- AKW Brunsbüttel nicht am Netz: Ewiger Stillstand droht | |
> Da das AKW Brunsbüttel nun schon seit drei Jahren abgeschaltet, sei die | |
> Betriebsgenehmigung erloschen. Das geht aus einem Gutachten der Grünen | |
> hervor. | |
Bild: Seit bald drei Jahren nicht am Netz: AKW Brunsbüttel. | |
Hat das Atomkraftwerk Brunsbüttel durch langen Stillstand seine | |
Betriebsgenehmigung verloren? Diese juristische Frage hat ein | |
Rechtsgutachten aufgeworfen, das die Umweltjuristin Cornelia Ziehm am | |
Montag vorgestellt hat. Die Untersuchung war von der Grünen-Fraktion im | |
schleswig-holsteinischen Landtag in Auftrag gegeben worden. | |
Ziehm orientiert sich am Bundesimmissionsschutzgesetz, in dem festgelegt | |
ist, dass die Betriebsgenehmigung einer Anlage erlischt, wenn diese | |
"während eines Zeitraums von mehr als drei Jahren nicht mehr betrieben | |
worden ist". Und das ist in Brunsbüttel der Fall: Das Kraftwerk ist seit | |
Sommer 2007 abgeschaltet. Es wird überholt. | |
Nun werden Atomkraftwerke nicht nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz | |
genehmigt, sondern nach dem Atomgesetz. Darin ist eine Dreijahresfrist | |
nicht enthalten - offenbar weil der Gesetzgeber nicht davon ausging, dass | |
jemals ein Atomkraftwerk vorübergehend so lange außer Betrieb ist. | |
Zwar habe der Gesetzgeber eine eigene Rechtsverordnung für das Atomgesetz, | |
die analog den Immissionsschutzregeln gestaltet ist, lange geplant, sagt | |
Juristin Ziehm, doch bis heute fehle sie. Folglich gelte für Atomanlagen in | |
dieser Hinsicht das gleiche Recht wie für jede andere Industrieanlage. | |
Ziehm steht mit dieser Rechtsauffassung nicht alleine, die Übertragung des | |
Bundesimmissionsschutzrechts auf Atommeiler gilt unter Juristen als | |
durchaus zulässig. "Verfassungsrechtlich kann man das herleiten", sagt | |
Rechtsanwalt Remo Klinger, Atomrechtsexperte in Berlin. Schließlich seien | |
Atomanlagen hinsichtlich der Schäden, die sie verursachen können, weitaus | |
gefährlicher als die typischen Anlagen, die unter das | |
Bundesimmissionsschutzgesetz fallen. Eine Übertragung der Dreijahresfrist | |
auf Atomanlagen sei daher - begründet durch die Schutzpflicht des Staates - | |
juristisch nachvollziehbar. | |
Kraftwerksbetreiber Vattenfall stellt in Abrede, dass das | |
Bundesimmissionsschutzrecht in irgendeiner Form relevant sein könnte. Zudem | |
sei der Stillstand der Anlage "laut Betriebshandbuch ein bestimmungsgemäßer | |
Betrieb". Das sieht die Gutachterin der Grünen anders, die den Betrieb des | |
Kraftwerks an der Stromerzeugung festmacht. | |
Unabhängig von der rechtlichen Interpretation des Betriebs, sei es bekannt, | |
dass die meisten Störfälle beim Anfahren der Meiler auftreten, erklärt | |
unterdessen Stefan Kurth, Experte für Reaktorsicherheit am Öko-Institut in | |
Darmstadt. So könne ein langer Stillstand besondere Risiken bergen, die in | |
die juristische Betrachtung eingehen müssten. | |
Die Kieler Atomaufsicht, die das Rechtsgutachten auch erst am Montagmittag | |
erhielt, will dieses nun prüfen und dann über weitere Schritte entscheiden. | |
Weitgehend unstrittig ist nur eines: Ist die alte Betriebsgenehmigung | |
tatsächlich ausgelaufen, kann Brunsbüttel kaum eine neue erhalten. Denn | |
dafür müsste die Anlage dem Stand der Technik angepasst werden - was beim | |
bald 34 Jahre alten Reaktor nicht praktikabel ist. | |
20 Dec 2010 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
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