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# taz.de -- Landtagswahl in Sachsen-Anhalt: Rechte bekehren Sozi
> Aus ersten Schwärmereien wird nun Ernst: Kommunalpolitiker Hans Püschel
> gibt sein SPD-Parteibuch zurück und tritt für die NPD als Kandidat bei
> der Wahl in Sachsen-Anhalt an.
Bild: Leuchtet zwar so rot wie eine Rose im Knopfloch, hat aber sonst nichts mi…
Die NPD hat einen neuen Kandidaten für die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt
gewonnen: Im März 2011 tritt Hans Püschel, Bürgermeister von Krauschwitz
und langjähriger SPD-Kommunalpolitiker, für die rechtsextreme Partei an.
"Ich habe ihm vorgeschlagen sich als einer unserer Direktkandidaten um
einen Sitz im Landtag zu bewerben. Er hat angenommen", sagt Matthais
Heyder, NPD-Landesvorsitzender und Spitzenkandidat.
"Die SPD ist für unsere Landsleute nicht mehr wählbar", ließ Hans Püschel
über die NPD wissen. Auf der Webseite der NPD-Sachsen-Anhalt erklärte er
auch gleich, sein SPD-Parteibuch zurückgeben zu wollen. Der 62-Jährige, der
mit einer Unterbrechung seit 1990 Bürgermeister der Gemeinde Krauschwitz
ist, kommt damit einem möglichen Ausschluss zuvor.
"Am Montag beschloss der SPD-Kreisverband, das Parteiausschlussverfahren
einzuleiten", hatte zuvor Rüdiger Erben, SPD-Landesvize und Staatssekretär
im Innenministerium, der taz gesagt. Die Sozialdemokraten strebten Püschels
Rauswurf an, weil dieser vom NPD-Bundesparteitag in Hohenmölsen am 6.
November 2010 öffentlich geschwärmt hatte. In einem Leserbrief, den die
Regionalpresse nicht veröffentlichte, aber der NPD-Landesverband,
berichtete er wohlwollend von seinen Besuch in der vermeintlichen "Höhle
des Löwen", wo er viele "junge Leute, Frauen, sogar Kinder" antraf.
"Ich war fast etwas enttäuscht: Beinahe wie auf einen SPD-Parteitag! Keine
Springerstiefel, keine Schlägertypen", schrieb Püschel. Und er stellte
fest: "In den folgenden rund eineinhalb Stunden habe ich in den
Redebeiträgen kaum einen Satz gefunden, den ich nicht selbst hätte
unterschreiben können!". Die NPD, so Püschel weiter, suche "auch nur einen
Weg, Deutschland aus seiner kranken Situation heraus zu führen".
Ende November sprach der SPD-Kreisvorstand zunächst eine Rüge gegen den
langjährigen Genossen aus, nachdem er über zwei Stunden mit Puschel geredet
hatte. "Da sagte er noch, keine Sympathie für die NPD zu haben", so Erben.
Nur ein Tag später erklärte Püschel, nicht die NPD, sondern die Parteien
der Mitte seien eine Gefahr für den Rechtsstaat. "Da mussten wir eine
Grenzen ziehen", betonte der SPD-Landesvize.
Eine Fotografie von Püschel prangte da auch schon auf der
NPD-Landeswebseite - neben einem Bild von Heyder NPD-Landeschef Heyder. Den
unerwarteten Zuspruch nutzt die NPD längst gezielt für ihren Wahlkampf.
Eine NPD-nahe Webseite veröffentlichte Statements und Interviews, in denen
Püschel kein gutes Haar an Hartz IV oder der Rente ab 67 lässt.
"Herr Püschel hat alle ihm sowohl auf politischer Ebene als auch auf
privater Ebene angebotenen Gesprächsfäden ausgeschlagen", sagt David
Begrich vom "Netzwerk für Demokratie und Weltoffenheit – Miteinander in
Sachsen-Anhalt". Der Mann war nicht mehr zu erreichen, meint er. Er warnt
aber, diesen Fall als eine "Einzelfehlentwicklung" einzuordnen. "Herr
Püschel hat 20 Jahre SPD- und Kommunalpolitik betrieben. Er gehört zu jener
Aufbruchgeneration, die 1989 in Ostdeutschland die Demokratie mit
entwickelten". Wenn solche Menschen aus Enttäuschung zur NPD gehen, sei das
ein "Alarmsignal".
Bei der Landtagswahl tritt Hans Püschel im Wahlkreis Hohenmölsen/Weißenfels
direkt gegen Rüdiger Erben an. "Wir werden gegen ihn, wie gegen alle
rechtsextremen Kandidaten, einen harten Wahlkampf führen", sagt Erben –
"trotz seines langjährigen SPD-Engagements". Nach jüngsten Umfragen liegt
die NPD bei vier Prozent.
21 Dec 2010
## AUTOREN
Andreas Speit
## TAGS
NPD
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