# taz.de -- Erneuerbare-Energien-Gesetz: Solar-Fans für weniger Förderung | |
> Befürworter der Solarenergie fordern die Regierung auf, die Förderung von | |
> Ökostrom zu kappen. Ihr Argument: Sonst gibt es im Jahr 2011 einen | |
> "Scherbenhaufen" | |
Bild: Solaranlage auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Lieberose bei Cottbus … | |
Zum Jahreswechsel sinkt die Einspeisevergütung für Solarstrom aus neuen | |
Fotovoltaikanlagen um 13 Prozent. Doch schon ehe diese Absenkung greift, | |
ist in Politik, Wissenschaft und Solarbranche die Debatte über weitere | |
Kürzungen im Laufe des Jahres 2011 entbrannt - obwohl für den Jahresbeginn | |
2012 bereits eine weitere Degression festgelegt ist, die sich je nach | |
Marktentwicklung auf bis zu 21 Prozent belaufen kann. | |
Vor wenigen Tagen erst hatte eine Gruppe von zehn Wissenschaftlern in einem | |
Appell an die Bundesregierung eine weitere Kappung der Vergütungssätze noch | |
in diesem Jahr gefordert. Gewicht erfährt der Appell dadurch, dass es sich | |
bei den Unterzeichnern nicht um Gegner, sondern um Befürworter der | |
Erneuerbaren Energien handelt - darunter zum Beispiel Manfred Fischedick | |
vom Wuppertal Institut, Olav Hohmeyer von der Universität Flensburg, | |
Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung und Felix | |
Matthes vom Öko-Institut. | |
Ihre Argumentation: Man müsse jetzt "den Ausbau der Fotovoltaik | |
entschleunigen", um nicht 2012 oder 2013 "vor einem Scherbenhaufen des | |
Erneuerbare-Energien-Gesetzes" zu stehen. Denn durch die Kosten der | |
Fotovoltaik könnten die regenerativen Energien bei weiterhin rasantem | |
Ausbau an Akzeptanz verlieren: Rund die Hälfte der Fördersumme für | |
erneuerbare Energien, die im Jahr 2011 bei 3,53 Cent je Kilowattstunde | |
liegt, entfällt bereits auf den Solarstrom - mit steigender Tendenz. | |
Um der Sache den politischen Druck zu nehmen, zeigt sich sogar die | |
Solarbranche bereit, über vorgezogene Kürzungen der Einspeisesätze zu | |
sprechen. Man sei offen, Teile der erst für 2012 vorgesehenen Kürzungen auf | |
die Jahresmitte vorzuziehen, sagt der Geschäftsführer des Bundesverbandes | |
Solarwirtschaft (BSW), Carsten Körnig. | |
Hintergrund ist ein Boom der Fotovoltaik. Von 10.000 Megawatt zum | |
Jahresbeginn 2010 dürfte die in Deutschland installierte Leistung bis | |
Silvester auf mehr als 17.000 Megawatt angestiegen sein. Im kommenden | |
Sommer wird man es daher erstmals in der deutschen Stromgeschichte erleben, | |
dass die Sonne stundenweise mehr Energie ins Netz speist als alle hiesigen | |
Atomkraftwerke zusammen. | |
Da der Mehrpreis des Solarstroms gegenüber dem Großhandelspreis an der | |
Strombörse von allen Stromkunden getragen wird, könnte ein weiterhin | |
rasanter Ausbau - so die Befürchtungen - die Akzeptanz der Solarenergie in | |
der Bevölkerung schmälern. Da zudem auch die etablierte Energiewirtschaft | |
gegen die Fotovoltaik kämpft, weil Kohle- und Atomstrom in den | |
Mittagszeiten zunehmend durch die Sonne verdrängt wird, muss sich die | |
Branche auf ein turbulentes Jahr 2011 einstellen. | |
Wenn jetzt selbst Freunde der Solarenergie offen über Kürzungen der | |
Förderung reden, hängt dies auch damit zusammen, dass sie im Gegenzug | |
andere Regelungen unbedingt verteidigen wollen - zum Beispiel die | |
Abnahmepflicht von Ökostrom durch den Netzbetreiber. Dank des | |
Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) hat jeder Erzeuger von Strom aus | |
Ökoenergien das Recht, diesen ins Stromnetz einzuspeisen. Dieser Vorrang | |
ist essentiell für die ökologische Energiewende. Da gibt man lieber beim | |
Vergütungssatz nach. | |
Zumal die Höhe der Vergütung für die Solarwirtschaft künftig ohnehin an | |
Bedeutung verlieren wird. Denn schon im Jahr 2012 wird die gesetzliche | |
Einspeisevergütung für die Kilowattstunde Solarstrom nicht mehr höher | |
liegen als der Preis des Haushaltsstroms aus der Steckdose. Nach | |
derzeitigem Gesetz könnte die Vergütung in zwölf Monaten bei nur noch 22,7 | |
Cent je Kilowattstunde liegen - damit wäre die sogenannte Netzparität | |
erreicht. Dann wird der Eigenverbrauch attraktiv, und mit jeder selbst | |
verbrauchten Kilowattstunde sinkt die Relevanz der Vergütungshöhe. | |
23 Dec 2010 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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