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# taz.de -- Umstrittene PID-Untersuchung: Ärztepräsident für Embryonencheck
> Die deutschen Mediziner werden sich auf dem Ärztetag für die umstrittene
> Präimplantationsdiagnostik aussprechen, hofft Jörg-Dieter Hoppe. Auch
> Beihilfe zum Suizid soll erlaubt werden.
Bild: Genauer untersuchen? Eine befruchtete Eizellen in der Petrischale.
FRANKFURT AM MAIN dpa/afp/taz | Ärztepräsident Jörg-Dietrich Hoppe rechnet
mit einem Richtungswechsel in der deutschen Ärzteschaft bei der
umstrittenen Präimplantationsdiagnostik (PID). "Ich gehe davon aus, dass
sich der nächste Ärztetag für die Zulassung der PID in engen Grenzen
aussprechen wird", sagte der Präsident der Bundesärztekammer der
Frankfurter Rundschau. Das 2002 auf dem Ärztetag in Rostock beschlossene
Verbot werde keinen Bestand haben.
Mit Hilfe der PID können im Reagenzglas gezeugte Embryos vor dem
Einpflanzen in den Mutterleib auf Erbkrankheiten untersucht werden.
Umstritten ist diese Methode, weil dabei die aussortierten Embryonen
vernichtet werden. In einigen Nachbarstaaten werden diese Embryonen auch
für die Forschung zur Verfügung gestellt.
Hoppe bezeichnete es auch als "nicht unwahrscheinlich", dass sich der
Bundestag für die Zulassung der PID in engen Grenzen für Paare mit schwerer
genetischer Vorbelastung aussprechen werde. Nach einem entsprechenden
parteiübergreifenden Gesetzesentwurf sollen genetische Untersuchungen von
künstlich erzeugten Embryonen grundsätzlich verboten, in Ausnahmefällen
aber erlaubt sein.
Hoppe hält den Vorschlag der PID-Befürworter im Parlament für sinnvoll, die
Diagnostik auf wenige spezialisierte Zentren zu begrenzen und bei jedem
Fall eine Ethikkommission einzuschalten. "Designerbabys will nun wirklich
niemand", betonte er.
Hoppe argumentierte, ein PID-Verbot führe zu einer "unlogischen Diskrepanz"
im Vergleich zur erlaubten Untersuchung des Kindes während der
Schwangerschaft. "Warum sollte es untersagt sein, ein Embryo vor der
Einpflanzung in den Mutterleib auf genetische Schäden zu untersuchen, wenn
gleichzeitig bei einer festgestellten Behinderung Spätabtreibungen erlaubt
sind?", fragte er.
Außerdem müsse man zur Kenntnis nehmen, dass Paare mit Kinderwunsch immer
älter würden. Je älter die Frau sei, desto größer sei aber das Risiko für
Schäden beim Kind. Die Pränataldiagnostik komme daher immer häufiger zum
Einsatz. "Weil das so ist, ist ein PID-Verbot immer schwerer begründbar",
sagte Hoppe.
Nach dem fraktionsübergreifenden Gesetzentwurf sollen vorgeburtliche
Gentests an Embryonen nur dann erlaubt sein, wenn Eltern die Veranlagung zu
einer schweren Erbkrankheit haben – oder eine Tot- oder Fehlgeburt droht.
Der Gesetzentwurf verbiete sogenannte "Designerbabys" oder eine
Geschlechterauswahl. Als Voraussetzung für den Gentest werde die Prüfung
durch eine Ethikkommission vorgeschrieben. Einen Katalog von Krankheiten,
bei denen die PID erlaubt ist, soll es nicht geben.
Im Embryonenschutzgesetz von 1990 wurde die Präimplantationsdiagnostik noch
nicht ausdrücklich geregelt und galt daher als strafbar. Mit einem Urteil
vom Juli dieses Jahres sprach der Bundesgerichtshof (BGH) allerdings
erstmal einen Berliner Reproduktionsmediziner frei, der eine Selektion
künstlich befruchteter Eizellen bei einem Paar mit einer Veranlagung zu
schweren Genschäden durchgeführt hatte.
Deswegen soll jetzt eine gesetzliche Regelung speziell für PID
verabschiedet werden. Die Befürworter einer streng begrenzten Zulassung
argumentieren, das dann lediglich 100 bis 200 PID-Untersuchungen pro Jahr
notwendig seien.
Eine klare Abgrenzung, wann eine PID erlaubt sein soll und wann nicht, ist
jedoch nach Meinung der meisten Experten nicht möglich. Zudem fordern
Humangenetiker, dass einen Qualitätsauswahl der befruchteten Eizellen bei
so gut wie jeder Reagenzglasbefruchtung stattfinden müsse. Allein damit
könnte schon die Erfolgsquote der IVF verbessert werden. Jährlich gibt es
in Deutschland rund 60.000 künstliche Befruchtungen.
Sterbehilfe liberalisieren
Laut Hoppe wird die deutsche Ärzteschaft zudem als Reaktion auf eine
geänderte Stimmung unter den Medizinern ihr Berufsrecht beim Thema
Sterbehilfe liberalisieren. Es könne nicht länger daran festgehalten
werden, dass die Beihilfe zum Suizid nach dem ärztlichen Standesrecht als
unethisch verboten sei, während sie nach dem Strafrecht nicht verfolgt
werde.
In dem Entwurf für die neuen Grundsätze zur ärztlichen Sterbebegleitung
werde zwar klargestellt, dass Beihilfe zum Suizid nicht zu den ärztlichen
Aufgaben gehöre. Sie solle aber möglich sein, wenn der Arzt die Hilfe beim
Freitod mit seinem Gewissen vereinbaren könne. "Damit gehen wir nicht mehr
über das Strafrecht hinaus", betonte der Ärztepräsident.
27 Dec 2010
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