# taz.de -- G-20-Pläne Frankreichs: Sarkozy will "Exzesse nicht tolerieren" | |
> Frankreich übernimmt den G-20-Vorsitz. Der Präsident verspricht, den | |
> Kapitalismus zu moralisieren und nichts weniger als ein neues | |
> Weltwährungssystem auf den Weg zu bringen. | |
Bild: Gesicht zeigen, Stärke zeigen: Nicolas Sarkozy. | |
PARIS taz | Gerade noch rechtzeitig hat der französische Staatschef Nicolas | |
Sarkozy seinen lang ersehnten Präsidentenjet bekommen: Es ist eine mit | |
allem Komfort und Hightech ausgestattete Airbus-Maschine vom Typ A330-200, | |
die das Volk - angelehnt an die "Air Force One" des US-Präsidenten - "Air | |
Sarko One" getauft hat. | |
Zum 1. Januar übernimmt Frankreich den Vorsitz der G-20, der Gruppe der | |
wichtigsten Industrie- und Schwellenländer. Und als G-20-Präsident mit | |
großen Ambitionen will Sarkozy viel reisen. Das ist für ihn eine Frage des | |
Prestiges - nicht nur seines eigenen, sondern das der ganzen Grande Nation. | |
Sarkozy hat ehrgeizige Pläne. | |
Mit der Krise ist die G-20, die 85 Prozent der weltwirtschaftlichen | |
Leistung auf sich vereint, zum wichtigsten Instrument der Koordination der | |
Wirtschafts- und Finanzpolitik auf dem Niveau der Staats- und | |
Regierungschefs geworden. Das betrachtet der französische Präsident nicht | |
zuletzt als sein Verdienst. | |
Sarkozy war schon 2008, wenige Tage nach der Pleite der US-Bank Lehman | |
Brothers, mit einem Appell zu Gunsten einer "Moralisierung des | |
Kapitalismus" vor der UNO-Vollversammlung aufgetreten. Und auch mit seinen | |
Vorschlägen zu einer Regulierung der Finanzmärkte und zur Bekämpfung der | |
Steueroasen an den G-20-Treffen in London und Pittsburgh war er vorneweg. | |
Verbal zumindest. | |
Anspruch noch zu festigen | |
Sarkozys moralischen Anspruch allerdings gilt es noch zu festigen. Die | |
Ergebnisse bei der Regulierung der Banken, namentlich die von Sarkozy | |
geforderte Begrenzung von außerordentlichen Prämien, Stock options oder | |
"Goldenen Handschlägen" sind bescheiden. Christian Boissieu vom Conseil | |
dAnalyses Economiques in Paris macht gerade mal einen "Anfang" aus: Die | |
Großen der Welt seien durch den G-20-Zusammenschluss gezwungen, an einem | |
Tisch "zu diskutieren, sich abzustimmen und ihre Erfahrungen | |
auszutauschen". | |
Sarkozy will bei der Regulierung jetzt ein paar Schritte weitergehen. | |
Zugleich will er eine Debatte in Gang bringen, wie ein neues | |
internationales Währungssystem gegründet werden kann. Boissieu erklärt das | |
französische Herangehen so: "Wir kommen nicht mit einer fixfertigen Lösung, | |
wir starten die Debatte, um zu sehen, wie weit die einen und anderen zu | |
gehen bereit sind, danach werden wir sehen, ob daraus Konsequenzen gezogen | |
werden können." | |
Anlässlich einer Ansprache zum 50. Geburtstag der OECD in Paris wurde | |
allerdings klar, dass Sarkozy durchaus eine Richtung hat: Es gehe bei der | |
Reform des Währungssystems darum, im Interesse einer größeren Stabilität | |
der Wechselkurse über die internationale Rolle anderer Währungen als des | |
US-Dollars und des Euros nachzudenken. Und dabei sollten die | |
Sonderziehungsrechte des Internationalen Währungsfonds IWF einbezogen | |
werden. | |
Bei den Sonderziehungsrechten handelt es sich um eine im Jahr 1969 vom IWF | |
eingeführte künstliche Währungseinheit, die nicht auf den Devisenmärkten | |
gehandelt wird. Sarkozy hält es für problematisch, dass etwa China und | |
Russland Dollar-Reserven akkumuliert haben und so von der amerikanischen | |
Währungspolitik abhängig sind. | |
Ergänzend möchte Sarkozy während seiner G-20-Präsidentschaft Maßnahmen zur | |
Stabilisierung der schwankenden Rohstoffpreise erörtern. Dabei wolle er | |
nicht die Marktmechanismen bei der Preisbildung außer Kraft setzen, aber | |
doch einen Rahmen mit Regeln schaffen, welche "die Spekulation entmutigen | |
und eine längerfristige Einschätzung von Angebot und Nachfrage erlauben". | |
Wie schon 2009 vor den verdutzten G-20-Partnern in London erklärte Sarkozy | |
als Leitmotiv für 2011: "Wir können solche Exzesse, wie sie uns in die | |
Krise geführt haben, nicht mehr tolerieren." | |
28 Dec 2010 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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