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# taz.de -- Nach dem Urteilsspruch in Russland: Chodorkowski legt Berufung ein
> Empörung im Westen über das Urteil für Kremlkritiker Chodorkowski.
> Russland weist jedoch alle Kritik zurück. Die Verteidigung des
> Ex-Ölmagnaten legt Berufung ein.
Bild: Die russische Staatsmacht hat Michail Chodorkowski immer im Blick.
MOSKAU/BRÜSSEL/WASHINGTON dpa | Nach der umstrittenen Verurteilung des
russischen Kremlkritikers Michail Chodorkowski (47) zu 14 Jahren Haft hat
die Verteidigung Berufung eingelegt. "Die Urteilsbegründung liegt uns zwar
noch nicht vollständig vor, aber wir wollten wegen der anstehenden
Feiertage die Frist nicht versäumen", sagte Anwältin Karina Moskalenko am
Freitag in Moskau.
Das hohe Strafmaß für den Erzfeind des Regierungschefs Wladimir Putin stößt
international auf scharfe Kritik. Das Urteil "lasse ernsthafte Fragen über
die selektive Anwendung des Gesetzes aufkommen", sagte ein Sprecher des
US-Außenministeriums in Washington.
Moskau wies dies erneut zurück. "Russlands Gerichte sind weder von
ausländischen noch von russischen Behörden abhängig", sagte Außenminister
Sergej Lawrow. Jeder Verurteilte könnte Widerspruch einlegen. Lawrow
appellierte an die Richter des Landes, sich "nicht vom Ausland beeinflussen
zu lassen".
Bisher umfasse der Widerspruch neun Seiten, sagte Anwältin Moskalenko. "Wir
werden die Berufung gegen das Urteil ausdehnen, sobald wir alle Dokumente
erhalten."
Ein Moskauer Gericht hatte am Vortag verkündet, dass Chodorkowski und sein
Ex-Geschäftspartner Platon Lebedew wegen Unterschlagung von rund 200
Millionen Tonnen Erdöl sowie Geldwäsche bis 2017 hinter Gittern bleiben
müssen. Das Urteil wird mit einer früheren Haftstrafe verrechnet.
Chodorkowski, einst reichster Mann des Landes, sitzt seit 2003 im
Gefängnis. Die Bundesregierung bezeichnete das Urteil als Rückschritt bei
der Modernisierung Russlands. Prozessbeobachter prangerten zahlreiche
Ungereimtheiten im Strafverfahren an. "Das Urteil stellt einen Schlag gegen
die Gesetzlichkeit in Russland dar", kritisierte die
Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch.
Die Entscheidung des Moskauer Richters sorgt auch in der EU für Empörung.
"Die Vorwürfe über Unrechtmäßigkeiten während des Prozesses sind Anlass zu
ernster Sorge und Enttäuschung", sagte die EU-Außenbeauftragte Catherine
Ashton. "Die EU erwartet von Russland, dass es seine international
eingegangenen Verpflichtungen im Bereich der Menschenrechte und der
Rechtsstaatlichkeit einhält."
Chodorkowskis in den USA lebender Sohn Pawel sagte, er habe mit einem
harten Urteil gerechnet. "Ich habe den Anwalt aber gebeten, meinem Vater
auszurichten, dass seine Familie auf ihn wartet."
Chodorkowski war in der Ära des "Raubtierkapitalismus" nach dem Ende der
Sowjetunion 1991 mit undurchsichtigen Mitteln aufgestiegen. Er hatte in den
Jahren vor seiner Verhaftung immer deutlicher Kritik an Putins Regierung
geübt und auch Oppositionsparteien unterstützt.
31 Dec 2010
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