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# taz.de -- Koalitionskrise in Pakistan: Regierung ohne Mehrheit
> Der Koalitionsaustritt der Partei MQM stürzt die Regierung Pakistans in
> die Krise. Der Einfluss der Armee könnte jetzt wieder steigen. Für die
> USA wäre das schlecht
Bild: Wer wird ihn regieren? Junge in der pakistanischen Metropole Karachi
Pakistans Regierung steckt nach dem Ausstieg ihres größten
Koalitionspartners in der Krise. Nach tagelangen Gesprächen hatte die
MQM-Partei (Muttahida Qaumi Movement) die Koalition am späten Sonntagabend
überraschend verlassen. Ohne die 25 MQM-Abgeordneten verfügt
Premierminister Yousuf Raza Gilani nicht mehr über eine Mehrheit im
Parlament, da schon im Dezember eine kleinere Partei die Koalition
verlassen hatte.
Schon seit Monaten hatte die MQM die Regierung kritisiert. Sie beklagte die
schlechte Regierungsführung, ausbleibende Erfolge im Kampf gegen
gewalttätige Islamisten, die hohe Inflation sowie die Korruption in
Islamabad. Für ihren endgültigen Ausstieg macht die MQM nun Preiserhöhungen
verantwortlich. "Gleich zu Beginn des Jahres hat die Regierung die Preise
für Benzin und Kerosin angehoben, was für die Menschen unerträglich ist,
die schon mit den allgemein hohen Preisen zu kämpfen haben", heißt es in
einer Erklärung.
Premierminister Gilani bemühte sich am Montag um Schadensbegrenzung. Er
traf sich mit Shahbaz Sharif, dem Vorsitzenden der Nawaz-Muslimliga
(PML-N), der größten Oppositionspartei. Danach suchte er das Gespräch mit
Chaudhry Shujaat Hussain, dem Anführer der PML-Q. Diese Partei hatte der
Militärdiktator Pervez Musharraf ins Leben gerufen, um seine Macht zu
festigen.
Ein Vertreter der PML-Q sagte vor dem Treffen mit Gilani: "Er hat
angedeutet, dass er um unsere Unterstützung ersuchen wird." Der Grund für
die eilig einberufenen Treffen: Sollte es der Opposition gelingen, sich auf
eine Linie zu verständigen, könnte sie über ein Misstrauensvotum Gilani
stürzen. Dass dies geschieht, glauben die meisten Beobachter im Moment
jedoch nicht. Pakistans Opposition ist zutiefst gespalten.
Doch ist die Regierung durch den Verlust der parlamentarischen Mehrheit
geschwächt. Das dürfte vor allem die USA beunruhigen. Denn Washington
bemüht sich seit langem, Regierung und Armee von einem härteren Vorgehen
gegen militante Islamisten im Nordwesten des Landes und gegen die
Rückzugsgebiete der afghanischen Taliban zu überzeugen.
PML-N-Chef Sharif hingegen, der in vorgezogenen Neuwahlen wahrscheinlich
siegen würde und jetzt an Einfluss gewinnt, sprach sich wiederholt gegen
Pakistans Unterstützung für die USA aus. Ihm wird auch eine große Nähe zu
islamistischen Parteien und Gruppen nachgesagt. Sollte Pakistan seine
ohnehin bisweilen sehr zögerliche Unterstützung für Washington eines Tages
verringern oder ganz zurückziehen, wäre der Krieg in Afghanistan mit großer
Wahrscheinlichkeit endgültig verloren.
Viele Beobachter in Pakistan vermuten, die Armee habe beim Rückzug der MQM
eine Rolle gespielt. Und in der Tat werden MQM-Chef Altaf Hussain, der seit
beinahe zwei Jahrzehnten im selbst gewählten Exil in London lebt, enge
Kontakte zu Pakistans Sicherheitsestablishment nachgesagt. Einige
Beobachter sehen deshalb im MQM-Rückzug ein Anzeichen dafür, dass die
Armeeführung versucht, den nach dem Ende der Militärherrschaft verlorenen
Einfluss zurückzugewinnen. "Das ist jetzt ein weiterer Schritt des
[Sicherheits]establishments, um die Politik und die Demokratie zu
destabilisieren", sagte Kamran Shafi, ein Kommentator der Tageszeitung
Dawn. "Sie profitieren davon, weil sie damit belegen, dass Politiker nichts
taugen."
3 Jan 2011
## AUTOREN
Sascha Zastiral
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