# taz.de -- Amerikanische Außenpolitik: Obamas Indienoffensive | |
> Präsident Obama huldigt in Indien dem pazifistischen Nationalhelden | |
> Mahatma Gandhi und verspricht zugleich eine Erleichterung von | |
> US-Waffenexporten. | |
Bild: Charmeoffensive in Indien: Barack und Michelle Obama. | |
DELHI taz | Es sei eine "gewaltige Feier der Demokratie", sagte die | |
indische Parlamentsvorsitzende Meira Kumar zu ihrem Gast, US-Präsident | |
Barack Obama. Doch gerade als der US-Präsident vor den versammelten zwei | |
Kammern des indischen Parlaments zur großen Rede auf ein neues | |
Weltmachtbündnis zwischen den USA und Indien ansetzte, gingen in Teilen der | |
Hauptstadt Delhi die Lichter und Fernseher aus. Stromausfall, wie so oft. | |
Ein Zufall? Zumindest ein Zeichen, dass es viele versteckte Unwägbarkeiten | |
während Obamas Charmeoffensive in Indien gab, die er nicht kontrollierte. | |
Doch in das, was er kontrollierte, steckte Obama all seine | |
Überzeugungskraft. Seine Rede am Montag vor Indiens Parlament war End- und | |
Höhepunkt einer dreitägigen Obama-Show in Indien. Der US-Präsident lieferte | |
mit seiner Frau bollywoodmäßige Tanzeinlagen in einer Grundschule. Er | |
diskutierte öffentlich und geduldig mit Studierenden, die ihm US-Versagen | |
in Pakistan und Afghanistan vorhielten. Er pilgerte zu Lebens- und | |
Gedenkorten seines Idols Mahatma Gandhi. Es war sein längster Staatsbesuch | |
im Ausland seit Amtsantritt, und Obama betonte selbst, dass er damit ein | |
Signal setzten wollte. Vor allem aber hielt er überall Reden auf die Größe | |
und Stärke des neuen Indien. "Indien steigt nicht auf, Indien ist | |
aufgestiegen", lautete sein Refrain. Im nächsten Satz unterstrich er | |
regelmäßig die Unersetzbarkeit der Partnerschaft zwischen "der ältesten und | |
der größten Demokratie der Welt". | |
Wer ihm und seinen Gastgebern zuhörte, musste denken, dass Washington und | |
Neu-Delhi heute schon gemeinsam die Welt regieren. "Wir sind zwei starke | |
Demokratien, die Respekt vor den universellen Werten verlangen", sagte | |
Obama. Das ging oft ziemlich unverhüllt an die Adresse Chinas. Indien und | |
die USA müssten der Welt beweisen, wie viel besser das demokratische System | |
als jedes andere sei, sagte Obama. Auch an persönlichen Verbeugungen vor | |
seinen Gastgebern ließ er es nicht fehlen: Er wäre nicht Präsident der USA | |
geworden, hätte er nicht als Sozialarbeiter in Chicago die Visionen Mahatma | |
Gandhis gehabt, sagte Obama zu großem Applaus der Parlamentarier. | |
Indiens englischsprechende Elite war durchaus beeindruckt. Überall wurde | |
bemerkt, dass sich kein westlicher Staatschef vor Obama derart auf | |
Geschichte und Staatsphilosophie Indiens eingelassen habe. Doch bei | |
konkreteren Themen kamen dann die alten Geister zurück: Pakistan, der | |
Verbündete der USA und Feind Indiens, hält beide Seiten immer noch auf | |
Distanz. Premier Manmohan Singh betonte auf einer Pressekonferenz mit | |
Obama, es könne keine Gespräche mit Pakistan geben, solange "dort die | |
Terrormaschine aktiver ist als je zuvor". Zugleich betonte Obama, wie sehr | |
er sich Verhandlungen zwischen den Nachbarn wünsche. Etwas weiter kamen die | |
USA und Indien in ihren Handelsgesprächen: Washington will künftig beim | |
Waffen- und Technologieexport für Indien gleiche Regeln wie für enge | |
Verbündete gelten lassen. | |
9 Nov 2010 | |
## AUTOREN | |
Georg Blume | |
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