# taz.de -- Neue Regeln in Apotheken: Rösler-Reform: Ärger mit den Pillen | |
> Mit dem neuen Jahr gelten neue Regeln. Auch für die Erstattung von | |
> Arzneimitteln. Apotheker und Patienten üben scharfe Kritik: Man fürchtet | |
> ein Chaos, bangt um die Therapiefreiheit. | |
Bild: Farbenfrohe Chemie: Ob diese Pillen wohl noch von der Kasse gezahlt werde… | |
BERLIN dapd/dpa | Die neuen Arzneimittelregeln für Kassenpatienten sorgen | |
in diesen Tagen für Ärger in den Apotheken. Die Bundesvereinigung der | |
Deutschen Apothekerverbände (Abda) kritisiert: Die Patienten seien von den | |
Krankenkassen schlecht informiert worden. Der Patientenbeauftragte Wolfgang | |
Zöller (CSU) forderte eine Beschränkung der Arzneimittel-Rabattverträge. | |
Seit Jahresbeginn bekommen viele Patienten statt ihrer gewohnten Präparate | |
andere Medikamente mit dem gleichen Wirkstoff. Hintergrund ist zum einen, | |
dass einzelne Krankenkassen neue Rabattverträge abgeschlossen haben. Die | |
Apotheker müssen Rabattmittel vorrangig abgeben. Zum anderen wurden bislang | |
geltende Ausnahmen zum 1. Januar mit dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz | |
(Amnog) abgeschafft. Daher sind mehr Patienten als früher von den | |
Beschränkungen bei der Arzneimittelvergabe betroffen. | |
Dafür können Patienten nun gegen Aufpreis erstmals statt des Rabattmittels | |
ein anderes Präparat mit gleichem Wirkstoff wählen. Der Haken: Sie müssen | |
das Medikament zunächst selbst bezahlen und sich das Geld dann von der | |
Kasse wiederholen. Diese erstattet allerdings nur so viel, wie das | |
Rabattmittel gekostet hätte, und darf zudem Verwaltungskosten geltend | |
machen. | |
"Das ist wie eine Blackbox" | |
Unklar sei allerdings die Höhe dieser Mehrkosten, sagt Abda-Sprecher Thomas | |
Bellartz. Denn die Kassen müssen ihre Rabatte nicht veröffentlichen. "Das | |
ist wie eine Blackbox", so Bellartz. Den Apothekern bleibe es überlassen, | |
die Patienten aufzuklären. Das führe zu Wartezeiten und zu Ärger bei | |
Patienten und Apothekern. | |
Die Apothekerverbände fordern deshalb von Bundesgesundheitsminister Philipp | |
Rösler (FDP) Nachbesserungen am Gesetz. "Die Regelung ist eigentlich gut | |
gemeint", sagt Bellartz. Der Patient erhalte Wahlfreiheit. Aber: "So ist es | |
einfach nicht praktikabel." | |
Das Gesundheitsministerium sieht allerdings vorerst keinen Handlungsbedarf. | |
"Momentan haben wir noch keine Anhaltspunkte dafür, dass das aus Sicht der | |
Verbraucher zu ernsthaften Problemen führt", sagte ein Sprecher. Man wolle | |
zunächst die Entwicklung beobachten. Die Patienten müssten sich jedenfalls | |
keine Sorgen machen. Für alle stünden Medikamente in gleicher Wirkung und | |
Qualität zur Verfügung. | |
Indes spricht sich der Patientenbeauftragte Zöller für eine Beschränkung | |
der Rabattverträge aus. "Mich ärgert, dass immer mehr Kassen Verträge | |
abschließen, die politisch so nicht gewollt waren", sagte der CSU-Politiker | |
dem Ärztemagazin "Klartext". Inzwischen hätten viele Kassen Verträge über | |
den gesamten Arzneimittelbereich abgeschlossen. "Damit entscheidet | |
letztendlich die Kasse, welches Arzneimittel der Patient bekommt. Das | |
verträgt sich nicht mit meiner Vorstellung von Therapiefreiheit", so | |
Zöller. | |
Die Kassen sparen mit den Rabattverträgen jährlich mehrere hundert | |
Millionen Euro, was letztlich auch die Beitragszahler entlastet. Mit der | |
neuen "Mehrkostenregelung" sind auch sie unglücklich: Die Kassen | |
kritisieren, dass sie die Rabattverträge unterlaufen und die Einsparungen | |
schmälern. | |
4 Jan 2011 | |
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