# taz.de -- Gesundheit und sozialer Status: Rösler lässt Armut kalt | |
> Über die Gesundheit von Armen und Arbeitslosen ist Röslers Ministerium | |
> kaum informiert. Das zeigt eine Anfrage der Linken. Seine Reform | |
> ignoriert ihre Nöte. | |
Bild: Pizza oder Salat? Bei vielen Armen steht im Kühlschrank, was billig ist.… | |
BERLIN taz | Die Gesundheitsreform macht sozial schwache Menschen krank. So | |
könnte man die Antwort der Bundesregierung auf eine große Anfrage der | |
Fraktion Die Linke zum Zusammenhang zwischen sozialem Status und Gesundheit | |
knapp zusammenfassen. Die Antworten liegen der taz exklusiv vor und werden | |
voraussichtlich Ende Januar im Bundestag debattiert. | |
Dass Armut krank macht, ist bekannt. Zahlreiche Studien belegen, dass | |
mittellose Menschen eine schlechtere Gesundheit haben als reiche. Die | |
Bundesregierung bestreitet auch nicht, dass zum Beispiel körperlich | |
anstrengende und sozial schlechter gestellte Berufe ArbeitnehmerInnen | |
gesundheitlich belasten. Neu an den Ergebnissen der Linken-Anfrage ist, | |
dass sie belegen, wie gering das Interesse der Bundesregierung ist, sozial | |
schwache Menschen in gesundheitlichen Belangen zu unterstützen. | |
Die Gesundheitsreform von FDP-Minister Philipp Rösler setzt vor allem auf | |
Eigenverantwortung und Prävention. "Ich glaube, die Gesunden, die können | |
durchaus als Versicherte stärker auswählen, als das bisher der Fall ist, | |
zum Beispiel Verträge, in denen Prävention besser honoriert wird als | |
bisher", sagte Rösler Anfang des Jahres in einem Radiointerview. Arme | |
Menschen haben aber oft gar kein Geld für präventive Yogakurse und Mittel | |
gegen Krankheiten. | |
Die Linkspartei hatte über 200 Fragen gestellt, von denen die | |
Bundesregierung ein Viertel nur vage oder gar nicht beantwortet hat. Vor | |
allem, wenn Daten zur ungleichen Verteilung sozialer oder | |
Gesundheitschancen abgefragt wurden, heißt es oft, dazu lägen keine | |
Erkenntnisse vor. So hat die Bundesregierung keine Ahnung davon, wie es | |
Menschen gesundheitlich geht, die im Niedriglohnsektor arbeiten. Sie weiß | |
auch nicht, wie Arbeitslose ausgegrenzt und stigmatisiert werden. Und sie | |
ist ahnungslos, woran jene Arbeitslose leiden, die aufgrund ihrer | |
Krankheiten nicht arbeiten können. | |
Um das zu erfahren, hätte die Bundesregierung die Jobcenter fragen können. | |
Die wissen nämlich, woran "ihre" Kranken leiden: an Gelenk- und | |
Rückenerkrankungen, an Störungen des Immunsystems und an Depressionen. Es | |
gibt Studien darüber, unter anderem vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), | |
die zeigen, wie sozial Schwache von der Gesundheitsversorgung abgeschnitten | |
werden. Der DGB hat nachgewiesen, dass chronisch Kranke mit weniger als 600 | |
Euro Netto monatlich wegen der Praxisgebühr zweieinhalbmal seltener als | |
Besserverdienende zum Arzt zu gehen. | |
Die Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bundestag, Martin Bunge | |
(Linke), folgert daher auf Basis all dieser Daten: "Die Bundesregierung | |
kann nicht umhin, in vielen Bereichen soziale Ungleichheit und die | |
Auswirkungen auf die Gesundheit zuzugeben." Bunge kritisiert außerdem, dass | |
die Bundesregierung nicht einmal ihre eigenen Gesundheitskampagnen | |
überprüft. Die Programme für Ernährung und Bewegung zum Beispiel seien | |
nicht richtig ausgewertet worden. | |
21 Dec 2010 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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