# taz.de -- Nigerias Präsident als Pechvogel: Goodluck wird Unglücksrabe | |
> Goodluck Jonathan, Nigerias erster Präsident aus der Ölregion, bekommt | |
> vor den Wahlen im April immer mehr Gegenwind. Eine Reihe von Anschlägen | |
> schwächt ihn zusätzlich. | |
Bild: Ein Jonathan-Unterstützer mit einer Wahlkampfzeitung. | |
Egal wo: Der Kampf um das Präsidentenamt ist in Nigeria allgegenwärtig, | |
obwohl es bis zu den Wahlen noch drei Monate sind. Schon seit Wochen | |
liefert sich der derzeitige Amtsinhaber Goodluck Jonathan von der Peoples | |
Democratic Party (PDP) auf Plakaten an jedem Straßenrand ein Wettlächeln | |
mit seinen ärgsten Kontrahenten - sogar aus seiner eigenen Partei. | |
Dabei sah es noch bis vor ein paar Monaten so gut für Goodluck Jonathan | |
aus. Der einstige Vizepräsident hatte erst im Mai 2010 seinen Vorgänger | |
Umaru YarAdua beerbt, der an den Folgen einer Herzbeutelentzündung | |
gestorben war. Jonathan wollte Präsident für die ganze Nation sein und auf | |
keinen Fall die ethnische Karte spielen. | |
Er ist der erste Präsident Nigerias, der aus dem ölreichen, bitterarmen | |
Nigerdelta stammt. Doch genau das macht ihn in seiner Heimatregion | |
unglaubwürdig. "Die Menschen hier fragen sich, was er für uns getan hat. | |
Und das Ergebnis ist ernüchternd", sagt Colins Edozie, Leiter der | |
Organisation "Protect our Future" in Port Harcourt im Nigerdelta. | |
Ausgerechnet aus seiner Heimat hagelte es am 1. Oktober dann auch Bomben. | |
Während der Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag der Unabhängigkeit | |
explodierten sie auf dem belebten Festplatz in der Hauptstadt Abuja. | |
Bekannt dazu haben sich Anhänger der Nigerdelta-Rebellenbewegung Mend | |
(Movement for the Emancipation of the Niger Delta). Der Präsident war zum | |
ersten Mal nachhaltig geschwächt. "Mittlerweile kann ich nicht mehr | |
einschätzen, ob er wiedergewählt wird", beschreibt Klaus Pähler, Vertreter | |
der Konrad-Adenauer-Stiftung in Nigeria, die Stimmung. | |
Bomben zum Feiertag | |
Die hat sich vor allem seit Heiligabend noch einmal mächtig gegen Jonathan | |
gewendet. Bei Bomben und Anschlägen zu Weihnachten und Silvester in der | |
zentralnigerianischen Stadt Jos und erneut in Abuja starben insgesamt mehr | |
als 100 Menschen. Der Präsident geriet öffentlich immer stärker in die | |
Kritik. "Er kümmert sich nicht mehr um die Sicherheit in seinem Land", | |
poltert Gegenkandidat Atiku Abubakar. | |
Der Muslim aus dem Norden Nigerias war im November überraschend als | |
Gemeinschaftskandidat der nördlichen Sektionen der Regierungspartei PDP ins | |
Rennen geschickt worden. Am 13. Januar soll er sich, so wünschen es sich | |
viele Parteianhänger aus dem muslimisch geprägten Norden, bei den | |
parteiinternen Vorwahlen gegen den Südnigerianer Jonathan durchsetzen, um | |
im April das Präsidentenamt zu holen. | |
Atiku Abubakar kann geltend machen, dass im Falle einer Kandidatur | |
Jonathans die Stimmen im Norden der PDP verloren gehen könnten. Denn | |
Exgeneral Muhammadu Buhari, der schon bei den letzten zwei Wahlen antrat | |
und hohe Stimmanteile im Norden bekam, will jetzt erneut in den Ring | |
steigen: Am Montagabend kürte ihn die neu gegründete CPC (Congress for | |
Progressive Change) zum Präsidentschaftskandidaten. | |
Doch schon während seiner Nominierung war Atiku Abubakar für viele eine | |
Lachnummer. Der einstige Vizepräsident gilt als extrem korrupt und als | |
munterer Parteiwechsler. Noch bei der letzten Zahl vor vier Jahren trat er | |
gegen die PDP an, für den AC (Action Congress). Doch der 64-Jährige ist | |
reich. Und Geld ist in Nigeria eine der wichtigsten Voraussetzungen, um an | |
ein politisches Amt zu kommen. | |
Strahlender Dritter bei einem Zerfleischen der PDP könnte nun ausgerechnet | |
der bekannteste Korruptionsbekämpfer Nigerias sein: Nuhu Ribadu, der für | |
den AC-Nachfolger ACN (Action Congress of Nigeria) antritt. Er führte die | |
nigerianische Antikorruptionsbehörde EFCC (Economic and Financial Crimes | |
Commission), bis er Ende 2007 vom damaligen Präsidenten YarAdua gefeuert | |
wurde. Anschließend lebte er zwei Jahre in Großbritannien und in den USA im | |
Exil, bis er Mitte 2010 wieder nach Nigeria ging. Vor allem junge | |
Nigerianer setzen nun jede Menge Hoffnung in ihn. Schließlich sind nicht | |
nur Bomben, sondern auch Korruption ein riesiges Problem. | |
5 Jan 2011 | |
## AUTOREN | |
Katrin Gänsler | |
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