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# taz.de -- Interview mit Umweltaktivist Nnimmo Bassey: "Täglich sterben Mensc…
> "Die größte Gewalt ist die Umweltverschmutzung", sagt der
> Alternativ-Nobelpreisträger Nnimmo Bassey. Das Öl mache das Land reich –
> aber bei den Menschen komme nichts an.
Bild: Das Öl hat ganze Landstriche in Nigeria zerstört.
taz: Herr Bassey, Sie sind aus Nigeria nach Berlin gekommen, um am Samstag
an Protestaktionen gegen die globale Agrarpolitik teilzunehmen. Worum geht
es Ihnen dabei?
Nnimmo Bassey: Die europäische Landwirtschaft ist ein globales Thema. Was
auf den Weltmärkten passiert, wirkt sich in Nigeria sofort aus, weil
Nigeria eine sehr offene Wirtschaft hat. Die Preise steigen, die Kaufkraft
sinkt. In Ländern wie Ghana oder Kamerun haben Geflügelimporte die ganze
Branche ruiniert. Je mehr Nahrungsmittel importiert werden, desto höher
steigt bei uns die Arbeitslosigkeit. Deswegen wollen wir die einheimische
Produktion stärken.
Aber Nigerias Wirtschaft ist komplett auf das Öl ausgerichtet, und der
derzeitige Höhenflug der Ölpreise müsste doch Nigeria nützen.
Es ist eine paradoxe Situation. Das Öl hat unsere Landwirtschaft und unsere
Fischerei zerstört. Am Öl verdient das Land viel Geld, aber es kommt nicht
bei den Menschen an. Es ist ein abgeschotteter Sektor. Früher war Nigeria
agrarisch geprägt, und das hat uns zusammengehalten: Der Norden produzierte
Baumwolle und Erdnüsse, der Westen Kakao, der Osten Palmöl, das Zentrum
Kautschuk. Man brauchte Infrastruktur, und es gab Austausch zwischen den
Regionen. Dann kam das Öl. Dafür braucht man keine Infrastruktur, keine
Bauern. Wir wollen jetzt, dass das Öl im Boden bleibt. Wir wollen ein
"Postpetroleum"-Nigeria aufbauen. Wir müssen das Land wieder saubermachen.
Nigeria hat jetzt mit Goodluck Jonathan erstmals einen Präsidenten aus den
Ölregionen des Nigerdeltas. Funktionieren seine Bemühungen, den Ölsektor zu
reformieren?
Mit seinem Ölgesetzentwurf versucht Jonathan, Vernunft in den Ölsektor
einzuführen. Lange Zeit sah sich niemand an, wie bei uns das Öl
funktioniert. Die Militärregierungen waren nicht an Rechenschaft
interessiert, und die Ölfirmen liebten das. Jetzt schimpfen sie über den
Ölgesetzentwurf, und ich bezweifele, dass er vor den Wahlen im April
verabschiedet wird.
Was muss sich in Nigeria verändern?
Wir brauchen eine Regierung, die unabhängig ist, die sich nicht dem Diktat
von Weltbank und IWF beugt. Unser Volk muss die Macht seiner Wählerstimme
nutzen; dafür brauchen wir Parteien, die klar sagen, wofür sie stehen. Im
Moment wählt man nur für Individuen. Unsere Politik ist wie ein
Spielautomat: Man wirft eine Münze hinein, zieht einen Hebel und wartet,
was dann wohl herauskommt.
Haben die Nigerianer die Geduld, auf Reformen zu warten? Das Nigerdelta ist
ja bereits hochgradig militarisiert.
Die Lage im Nigerdelta ist sehr speziell. Es herrscht Gewalt. Die größte
Gewalt ist die Umweltverschmutzung, die täglich Menschen tötet. Nigerias
Regierung muss die Probleme an der Wurzel angehen. Was nützt es,
Krankenhäuser zu bauen, wenn direkt daneben weiter Erdgas abgefackelt wird,
das die Leute krank macht? INTERVIEW: DOMINIC JOHNSON
21 Jan 2011
## AUTOREN
Dominic Johnson
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