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# taz.de -- S-Bahn II: Schienen-Wege aus der Krise
> Im Jahr 2017 endet der Vertrag zwischen S-Bahn und dem Land Berlin.
> Sollte der Senat entscheiden, die Strecken anderweitig betreiben zu
> lassen - welche Alternativen hätte er?
Bild: Wie leicht kann der Senat die S-Bahn vom DB-Konzern befreien?
Die Komplettausschreibung
Ausschreibungen im Nahverkehr gibt es bereits - etwa bei
Regionalbahnstrecken in Berlin und Brandenburg. Damit sich die Bewerber
nicht um einige attraktive Strecken reißen und weniger befahrene keinen
Betreiber finden, werden die Strecken zu gleichwertigen Paketen geschnürt.
Ähnliches wäre bei der S-Bahn möglich - theoretisch. So könnte man
Stadtbahn oder Ringbahn in Kombination mit weniger genutzten Strecken
ausschreiben. Genau das fordert der verkehrspolitische Sprecher der
FDP-Fraktion, Klaus-Peter von Lüdeke, und nennt die Ausschreibung des
gesamten Netzes den "nächsten alternativlosen Schritt." Praktisch wäre das
aber nur machbar, wenn das Land dazu einen Fuhrpark stellt.
Der Kauf
Diese Möglichkeit wünschen sich SPD und Linkspartei: Das Land kauft die
S-Bahn, schmeißt den Betrieb selber und die Züge fahren wieder. Aus der
Luft gegriffen ist das nicht, schließlich gehört Nahverkehr durchaus zum
Grundgedanken der öffentlichen Daseinsvorsorge - siehe die landeseigene
BVG. Die Sache hat nur einen Haken: Ein Kauf braucht einen Verkäufer. Das
wäre in diesem Fall der Mutterkonzern Deutsche Bahn. Und die denkt nicht
daran, die S-Bahn zu verkaufen. Das weiß auch Verkehrssenatorin Ingeborg
Junge-Reyer (SPD), die deshalb eine andere Idee favorisiert:
Die Teilausschreibung
Wenn nach dem Auslaufen des S-Bahn-Vertrags im Jahr 2017 ein oder mehrere
andere Anbieter Strecken auf dem S-Bahn-Netz befahren sollen, brauchen sie
dafür Wagen - und die sind nicht von heute auf morgen zu bekommen. Denn das
System der Berliner S-Bahn ist bundesweit einmalig. Unter anderem fahren
die meisten S-Bahnen in anderen Städten mit Oberleitungen, während die
Berliner Bahnen über eine Stromschiene gespeist werden. Über 500
Viertelzüge sind notwendig, um das komplette Berliner S-Bahn-Netz zu
betreiben. Von der Bestellung bis zur Lieferung eines Zuges vergehen rund
fünf Jahre, die Fertigungskapazitäten der Hersteller sind begrenzt. Ein
oder mehrere andere Anbieter kommen also unter Umständen nicht so schnell
an Züge, wie sie es gerne wollten.
Die Vertragskündigung
"Man muss jetzt den Paukenschlag einer Vertragskündigung machen", fordert
die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen Fraktion, Claudia Hämmerling.
Juristisch ist das denkbar, wenn eine Seite ihren Vertrag nicht erfüllt.
Die Verkehrssenatorin hatte bereits eine Abmahnung ausgesprochen und damit
den Weg für eine Kündigung geöffnet. Trotzdem hat sie sich in der
Vergangenheit gegen eine Kündigung ausgesprochen. Das Problem: Es gibt
keinen anderen Anbieter, der so schnell den S-Bahn-Betrieb auf die Beine
stellen könnte. Es müsste also wieder die S-Bahn GmbH ran. Das Angebot wäre
im besten Fall das gleiche, im schlechten Fall noch lückenhafter.
Hämmerling erhofft sich folgenden Vorteil: Die Kosten des Betriebs müssten
offen gelegt werden. Möglicherweise würde der Betrieb für das Land damit
billiger.
Die grundsätzliche Idee eines Fuhrparks
Über allen diesen Modellen kreist die grundsätzliche Idee, dass das Land
eigene Züge anschafft. Wird ausgeschrieben, mietet der Betreiber diesen
Fuhrpark vom Land. Vorbild wäre Niedersachsen, wo eine
Landesnahverkehrsgesellschaft Wagen und Loks als Großkunde kauft und an den
jeweiligen Streckenbetreiber vermietet. Theoretisch denkbar wäre sogar,
auch das Personal selbst bereitzustellen. Der Knackpunkt: Das Land bräuchte
dafür Geld. Viel Geld. Und egal wer bestellt - bis die Züge ausgeliefert
sind, vergehen zwei bis drei Jahre. Aber immerhin würde sich das Land mit
dieser Entscheidung unabhängiger machen und als flexiblerer und stärkerer
Mitspieler auftreten.
5 Jan 2011
## AUTOREN
Svenja Bergt
Kristina Pezzei
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