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# taz.de -- Ver.di zur ZDF-Verfassungsklage: Für mehr Ferne im Fernsehrat
> Ver.di unterstützt die Verfassungsklage der rheinland-pfälzischen
> Regierung. Doch das geht der Gewerkschaft nicht weit genug. Sie will die
> Gremien ganz neu ordnen.
Bild: Wenn es nach Ver.di geht, werden seine Nachbarplätze anders besetzt: Rup…
Die mangelnde Staatsferne in den Gremien des ZDF wird dieses Jahr das
Bundesverfassungsgericht beschäftigen. Die Vertreter der Gewerkschaft
Ver.di im ZDF unterstützen die Klage der rheinland-pfälzischen
Landesregierung unter Kurt Beck (SPD) – doch sie geht ihnen längst nicht
weit genug.
"Die Vorstellung, Vertreter von Interessenverbänden könnten allein die
Pluralität der Gesellschaft abbilden, entspricht ständestaatlichem Denken
und ist einer demokratischen Gesellschaft nicht mehr angemessen", heißt es
in einem jetzt veröffentlichten Appell an die Verfassungsrichter. Die
Gewerkschaft fordert die Karlsruher Richter dazu auf, "nicht nur kleine
Reförmchen" beim sogenannten Normenkontrollverfahren anzubringen, sondern
die Gremienbesetzung im ZDF komplett neu zu ordnen. Natürlich geht es
Ver.di auch um den Einfluss von Regierungsvertretern und Parteien, die zum
Gang nach Karlsruhe geführt haben.
Weil 2009 der von diversen amtierenden und ehemaligen Ministerpräsidenten
bevölkerte Verwaltungsrat des Senders Chefredakteur Nikolaus Brender auf
Beitreiben des damaligen hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU)
schasste, soll das Verfassungsgericht nun prüfen, wie es um die vom
Grundgesetz vorgegebene Staatsferne bei den ZDF-Aufsichtsgremien bestellt
ist.
Darüber hinaus fordert Ver.di eine Debatte über die Vertreter im Fernseh-
und Verwaltungsrat, deren Verbände oder Organisationen mit dem
öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Knirsch liegen. Solche
"Interessenkollisionen" würden aber bislang "kaum öffentlich diskutiert",
schreibt Uli Röhm, Sprecher von Ver.di im ZDF: "Was haben beispielsweise
zwei Vertreter des Bundesverbands Deutscher Zeitschriftenverleger (BDZV) im
ZDF-Fernsehrat zu suchen, die in Fragen neuer Medien in Konkurrenz mit dem
ZDF stehen" - und deren Branche ständig drohe, auch juristisch gegen die
Onlineaktivitäten der öffentlich-rechtlichen Sender vorzugehen, fragt Röhm.
Dietmar Wolff, Hauptgeschäftsführer des BDZV, sieht hier keinen
Widerspruch: "Natürlich stehen die BDZV-Vertreter auf, wenn es um die
Internetaktivitäten des ZDF geht, denn gerade die Texte auf zdf.de sind
gebührenfinanzierte Konkurrenz zur Presse", sagt er. Zu zweit könnten sie
die anderen 75 ZDF-Fernsehräte aber nicht überstimmen. Deshalb sieht Wolff
das Gremium weniger durch einzelne Vertreter von Interessenverbänden der
Wirtschaft – wie der ebenfalls beim ZDF vertretenen Bundesvereinigung
Deutscher Arbeitgeberverbände – oder gesellschaftlicher Vertreter wie des
BUND beeinflusst als durch die großen politischen Lager. "Ich hätte
Schwierigkeiten, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk staatsfern zu nennen",
sagte Wolff zur taz.
Neben den Verleger-Vertretern sieht Ver.di auch die Vertreter der
Filmindustrie und der Sportverbände im ZDF-Fernsehrat in einem
Interessenkonflikt: "Sportverbände treten selbst als Veranstalter auf und
verdienen sehr viel Geld durch den Verkauf von Sportrechten an den
öffentlich-rechtlichen Rundfunk", heißt es in dem Schreiben. Es könne nicht
sein, dass demnächst am Ende "über einen Spitzenverband bekannt wird, in
welche Sportart in Zukunft bei der Berichterstattung investiert werden"
solle.
Die Forderungen der Gewerkschafter gehen damit weit über die Pläne von Kurt
Beck hinaus, der zwar für mehr Staatsferne beim ZDF eintritt, die Rolle der
Politik und vor allem der Landesregierungen aber nicht völlig einschränken
will. "Die Länder haften für die Sender, wenn dort etwas wirtschaftlich
schiefgeht", sagte Beck zu Weihnachten im taz-Interview. Daher sei es
zwingend, dass sie auch in den Gremien Sitz und Stimme hätten.
7 Jan 2011
## AUTOREN
Thomas Strothjohann
## TAGS
taz.lab 2011 „Die Revolution haben wir uns anders vorgestellt“
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