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# taz.de -- 11. Kongress der KP Vietnams: Keine Anzeichen für politische Refor…
> Beim 11. Parteikongress der allein herrschenden Kommunisten sind keine
> Anzeichen für politische Reformen zu erkennen. Premier Dung dürfte weiter
> im Amt bleiben.
Bild: Poster zum 11. KP-Parteikongress.
BERLIN taz | Vietnams Kommunistische Partei (KPV) setzt bei ihrem am
Mittwoch beginnenden 11. Parteitag vor allem auf Kontinuität. Dabei wird
rund die Hälfte des 175-köpfigen Zentralkomitees aus Altersgründen
ausgewechselt. Aus der Führungstroika scheiden sogar zwei Kader aus.
Doch wird der achttägige Kongress kaum Antworten auf die aktuellen
Wirtschaftsprobleme geben. Die schienen bis vor kurzem sogar
Premierminister Nguyen Tan Dung den Job zu kosten. Doch inzwischen dürfte
der aus dem Süden stammende Wirtschaftsreformer wohl im Amt bleiben,
vermutet Jörg Bergstermann vom Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung in Hanoi.
Dung hat trotz eines Wirtschaftswachstums von zuletzt 6,8 Prozent selbst
aus Sicht vieler Kader schlecht gearbeitet. Die Inflation stieg auf 11,75
Prozent, die Landeswährung Dong musste schon dreimal abgewertet werden,
Handelsbilanz und Staatshaushalt wurden immer defizitärer. Während
Luxusautos in Hanoi inzwischen zum Stadtbild gehören, wissen einfache
Vietnamesen oft nicht mehr, wovon sie ihren Alltag bestreiten sollen.
Dung wurde auch angelastet, dass die Staatswerft Vinashin durch
unkontrollierte Expansion 4,5 Milliarden US-Dollar Schulden anhäufte. Als
Vinashin einen Schweizer 600 Millionen-Dollar-Kredit nicht mehr bedienen
konnte, wurde Vietnams Kreditwürdigkeit herabgestuft. Der verhaftete
Vinashin-Chef war ein Vertrauter Dungs.
Schon 2009 hatte Dung mit der Lizenzvergabe an einen chinesischen
Staatskonzern für eine große Bauxitmine im zentralen Hochland Proteste
ausgelöst. 1.500 Intellektuelle wandten sich gegen das Projekt und Chinas
Schlüsselrolle darin. Prominentester Gegner war der 99-jährige Nationalheld
Vo Nguyen Giap, Oberbefehlshaber in den Kriegen gegen Frankreich und die
USA. Doch Dung blieb stur.
Dafür lehnte die Nationalversammlung, in der 90 Prozent KP-Mitglieder sind,
im Juni den von Regierung und Parteispitze vorgeschlagenen
Hochgeschwindigkeitszug zwischen Ho-Chi-Minh-Stadt (Saigon) und Hanoi ab.
Die 56 Milliarden Dollar teure Verbindung hätte die Fahrt von 30 auf 6
Stunden reduziert, aber auf Jahre Staatsgelder gebunden.
Das Veto zeigte das gewachsene Selbstbewusstein des Parlaments, das im Mai
neu gewählt wird. Doch seit Einführung der Doi Moi ("Erneuerung") genannten
Wirtschaftsliberalisierung 1986 gab es keine grundlegenden politischen
Reformen. "Vietnam hat kein Bedürfnis nach Pluralismus oder einem
Mehrparteiensystem - und ist entschlossen, keines zu haben", stellte
ZK-Mitglied Dinh The Huynh vor Kongressbeginn klar.
Seit Oktober wurden 20 Aktivisten, Blogger und Anwälte festgenommen, die am
Machtmonopol der KPV gekratzt hatten. Das innenpolitische Klima wurde
restriktiver. "Bisher wurde nur die Nationalversammlung gestärkt, nicht
etwa die Zivilgesellschaft oder die Medienfreiheit", sagt Bergstermann.
Die Entwürfe der Kongressdokumente enthielten keine Zeichen für politische
Reformen, doch könnten diese auch nicht ausgeschlossen werden: "Kontinuität
und vor allem Stabilität sind das wichtigste Signal, das die Parteiführung
senden möchte. Daneben muss sie aber versuchen, dies als Weiterführung
einer 'Öffnung' zu verkaufen - wofür zumindest Symbole gefunden werden
müssen."
Laut Medienberichten wird der bisherige Vorsitzende der
Nationalversammlung, Ngyuen Phu Trong, neuer KP-Generalsekretär - sollte er
nicht noch an der Altersgrenze von 65 scheitern, die aber schon mehrfach
missachtet wurde. Der 66-Jährige aus dem Norden gilt als China-naher
Konservativer. Den dritten Führungsposten soll Truong Tan Sang bekommen,
die bisherige Nummer zwei der KP. Ein Diplomat charakterisierte den aus dem
Süden stammenden Kader gegenüber der taz als "prowestlichen
Wirtschaftsreformer".
Der Entwurf des Wirtschaftsprogramms strebt ein Pro-Kopf-Einkommen von
2.000 Dollar im Jahr 2020 an - eine 1,7-fache Steigerung gegenüber 2010.
Staatsbetriebe sollen weiter die Schlüsselstellung in der Wirtschaft haben.
Doch sollen Unternehmer bald auch KP-Mitglieder werden dürfen. Sollten
unzufriedene Delegierte nicht noch für Überraschungen sorgen, ist das
Vinashin-Debakel kein Thema des Kongresses.
11 Jan 2011
## AUTOREN
Sven Hansen
## TAGS
Vietnam
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