# taz.de -- Download-Mahnungen in Frankreich: Und die zweite Salve folgt soglei… | |
> Erstmals nennt Frankreichs Internet-Behörde Hadopi Zahlen zur Verfolgung | |
> von Filesharern: 70.000 Mahnungen gingen schon raus. Bald sollen es | |
> 10.000 E-Mails pro Tag werden. | |
Bild: Sicher und ungemahnt: Musik im französischen Fachgeschäft hören. | |
PARIS taz | Frankreichs Internet-Behörde Hadopi will eine härtere Gangart | |
einschlagen im Kampf gegen illegale Kopien von urheberrechtlich geschützten | |
Film- und Musikwerken. Nach eigenen Angaben hat die im letzten Jahr | |
geschaffene Aufsicht schon 70.000 E-Mail-Mahnungen verschickt. Dabei habe | |
es sich nur um einen Probelauf gehandelt. | |
Die zweite, massivere Salve folgt sogleich: Jetzt sollen 10.000 | |
elektronische Briefe pro Tag rausgehen - an Download-Sünder. Dabei hofft | |
Hadopi-Chefin Mireille Imbert-Quaretta immer noch auf das Einsehen oder die | |
Angst der beim illegalen Download Ertappten. Schon die Zahl dieser | |
elektronisch adressierten "Empfehlungen", wie das im Hadopi-Sprachgebrauch | |
heißt, lässt sich nicht verifizieren. Noch weniger weiß man über die | |
Reaktionen oder praktischen Konsequenzen dieser neuartigen Prozedur. | |
Sie wird oft als "Three-strikes"-Methode bezeichnet. Nach einer | |
freundlichen Aufforderung, doch bitte das Gesetz und das Copyright der | |
Urheber zu respektieren und sich das Film- und Musikvergnügen auf legale | |
Weise und gegen Entgelt zu verschaffen, sollen uneinsichtige | |
Wiederholungstäter dann eine zweite, etwas energischer formulierte, aber | |
immer noch sanktionsfreie Aufforderung erhalten. Diese wäre dann bereits | |
von einer per Einschreiben zugesandten Kopie begleitet, damit der Inhaber | |
einer Emailadresse nicht einfach behaupten kann, er habe diese Post nie | |
erhalten oder sei gar nicht zuständig für den ertappten Download. | |
In der dritten Phase erst soll dann die Sanktion folgen: Wer immer noch | |
nicht den rechten Weg zum legalen Runterladen von Dateien bei vorwiegend | |
kommerziellen Anbietern findet, dem droht auf Anordnung der Justiz ein | |
befristeter Ausschluss aus dem Netz, in gravierenden Fällen auch eine | |
Strafverfahren. | |
Die bisher Gemahnten haben sich davon nicht groß beeindrucken lassen. Laut | |
Hadopi hätten nur wenige Betroffene sofortige Besserung versprochen, drei | |
Viertel hätten dagegen zurückgefragt, was denn, bitte schön, in ihrem Namen | |
genau kopiert worden sei. Sie wüssten genau, dass die Behörde von einer | |
solchen Masse an Zusendungen völlig überfordert und zu individuellen | |
Antworten nicht in der Lage sei. | |
Dieselbe Aussicht auf totale Überlastung gilt auch für die Richter, die | |
zuletzt den Internetzugang sperren sollen. Dass nicht Hadopi selbst, | |
sondern nur die Justiz einen derart einschneidenden Entscheid treffen darf, | |
hat das oberste Verfassungsgericht in der Beurteilung der Hadopi-Gesetze | |
angeordnet. Zudem ist vor allem die neue Kontrollbehörde mit ihren | |
begrenzten Interventionsmöglichkeiten und im geringeren Ausmass auch die | |
Justiz von der Kooperation der Provider abhängig. | |
Und diese sind alles andere als erbaut darüber, wie Hilfssheriffs zur | |
Überwachung ihrer Kunden eingespannt zu werden. Sie sind zwar willig, die | |
Daten zu speichern und auf richterliche Anfrage herauszugeben. Das Eruieren | |
einer (funktionierenden) E-Mail-Anschrift aufgrund der benutzten | |
IP-Adressen ist da schon ein aufwändiger. | |
Und wenn nun Hadopi, wie angekündigt, täglich 10.000 Mahnungen verschicken | |
will, steigen auch die Kosten für die Provider. Das Unternehmen Iliad-Free | |
will keine Hadopi-Botschaften an seine Mitglieder versenden und leistet | |
offen Widerstand gegen diese Vorgabe. Der Anbieter Free hat nun beim | |
obersten Verwaltungsgericht einen Widerspruch eingereicht. Ein Entscheid | |
wird – zum Leidwesen der zur Eskalation drängenden Hadopi-Chefin – | |
frühestens in einigen Monaten erwartet. | |
14 Jan 2011 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Portal zeichnet Aktivität von IP-Adressen auf: "Du wirst beobachtet" | |
Ein Internetportal zeichnet Inhalte auf, die unter einer IP-Adresse geladen | |
wurden. Dazu zählen Musik, TV-Serien und Pornos. Jetzt ist auch die | |
Musik-Lobby auf der Liste aufgetaucht. | |
Französische Behörde Hadopi: Datenleck durch private Schnüffler | |
IP-Adresse und andere Daten über mutmaßliche Raubkopierer lagen in | |
Frankreich unverschlüsselt auf dem Server einer privaten Firma. Die | |
Behörden ermitteln. | |
Twittertool gibt private Fotos weiter: Shitstorm über Twitpic | |
Nun also auch Twitpic: Der Dienst, mit dem sich Fotos auf Twitter hochladen | |
lassen, verkauft Bilder privater Nutzer an andere. Die Empörung ist groß. | |
Frankreich subventioniert Musik-Downloads: Hiebe und Liebe | |
Frankreich versucht es im Kampf gegen Dateitauscher mit Zuckerbrot und | |
Peitsche: Die kürzlich eingeführte "Three Strikes"-Regelung wird durch | |
verbilligte Downloads ergänzt. |