Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Tunesischer Präsident Ben Ali zurückgetreten: Das Ende eines Dikt…
> Punkt 18:50 Uhr, Freitag, kam die in Tunesien lange erwartete Nachricht.
> Präsident Zine El Abidine Ben Ali ist zurückgetreten und hat das Land
> verlassen.
Bild: Ben Ali, aufgenommen im Jahr 2009.
TUNIS taz | Das tunesische Staatsfernsehen TV7 unterbrach eigens sein
Programm. In einer Sondersendung der Nachrichten verkündete Premierminister
Mohammed Ghannouchi die Neuigkeit: Er kündigte an, dass er selbst als
Übergangspräsident fungieren werde und mit allen politische Kräften in
Kontakt treten wolle, um dann Neuwahlen vorzubereiten. Er rief die Tunesier
zur Einheit auf. Der Präsident sei "vorübergehend nicht mehr in der
Verfassung, das Amt auszuüben". Ghannouchi verlas die Erklärung im Beisein
der Präsidenten der beiden tunesischen Parlamentskammern, Fouad Mebazaa und
Abdallah Kallal.
Das familiäre Umfeld von Ben Alis Frau Leila Ben Ali, geborene Trabelsi,
soll ebenfalls das Land verlassen haben. Es hielten sich gestern Gerüchte,
dass ein Flugkapitän sich geweigert habe, sechs Mitglieder des Clans
auszufliegen. Die Familie Trabelsi ist besonders verhasst, da sie sich in
den Jahren der Privatisierung der einstigen Staatswirtschaft alles
angeeignet hat, was lukrativ erscheint.
Dem Rücktritt des 74-jährigen Präsidenten war eine knapp einmonatige
Protestwelle vorhergegangen. Was als Unmut gegen die Jugendarbeitslosigkeit
begann, wuchs sich zu einer Bewegung gegen die Diktatur Ben Ali aus. In der
letzten Woche wurden von Polizei und Armee um die 100 Jugendliche bei
Niederschlagungen von Demonstrationen erschossen.
Nur knapp eine Stunde, bevor bekannt wurde, dass Ben Ali das Land verlassen
hat, war ein Ausnahmezustand über das gesamte Land verhängt worden.
Zwischen 18 und 6 Uhr herrscht Ausgangssperre. Die Armee sperrte den
Luftraum über Tunesien und besetzte den Flughafen Tunis/ Carthage unweit
des Präsidentenpalastes.
Bereits Donnerstag hatte das Innenministerium verschiedene
Oppositionspolitiker geladen, um mit ihnen über die Möglichkeit einer
Übergangsregierung der nationalen Einheit zu diskutieren. Der bekannteste
Oppositionelle, der Vorsitzende der Fortschrittlich Demokratischen Partei
Nejib Chebbi, der 2009 gegen Ben Ali in den Wahlen um das Amt des
Staatsoberhauptes angetreten war, erklärte sich im französischen
Nachrichtensender France24 grundsätzlich zu einem solchen Modell bereit.
Wohin Ben Ali ausgereist ist, wurde nicht bekannt. Ben Ali hatte Tunesien
23 Jahre lang mit eiserner Hand regiert. Der ehemalige Sicherheitschef war
1987 an die Macht gekommen, als er gegen den Vater der Unabhängigkeit Habib
Bourguiba unblutig putschte. Ben Ali erklärte seinen Vorgänger kurzerhand
für altersenil.
Nach der Bekanntgabe des Rücktritts von Ben Ali blieb es in der Hauptstadt
Tunis ruhig. Vereinzelt waren Youyous, die Freudenrufe der tunesischen
Frauen, zu hören. Die Polizei zeigte starke Präsenz im Stadtzentrum. Es
waren immer wieder Schüsse zu hören. Ob diese mit scharfer Munition
abgegeben wurden, war nicht herauszufinden.
14 Jan 2011
## AUTOREN
Reiner Wandler
## ARTIKEL ZUM THEMA
Nach dem Sturz des Diktators Ben Ali: Schmachvolles Ende des Clans
Der Schwager des gestürzten Staatschefs ist in Armeegewahrsam, der Neffe
tot. Andere Mitglieder der Familie sind im Privatjet geflohen, die Villen
wurden geplündert.
Jasminrevolution in Tunesien: "Es gab keine Anführer"
"Das wird auf die gesamte arabische Welt Auswirkungen haben", glauben viele
in Tunesien. Für die Plünderungen sind Polizisten in Zivil und Milizen
verantwortlich, sagen sie.
Tunesiens Ex-Diktator in Saudi-Arabien: Übergangspräsident vereidigt
Tunesischer Ex-Diktator Ben Ali nach Saudi-Arabien geflohen. EU und USA
mahnen zur Ruhe. Parlamentspräsident Mbaza als Übergangspräsident
vereidigt, er soll Neuwahl vorbereiten.
Tunesischer Exil-Oppositioneller Marzouki: "Schlimmer kann es gar nicht werden"
Aus Angst vor dem Islamismus hat Europa arabische Diktatoren wie Ben Ali
viel zu lange gestützt. Deren Tage sind gezählt, meint der tunesische
Exil-Oppositionelle Moncef Marzouki.
Proteste in Tunesien: Ettadhamen brennt
Trotz der Mittwoch verhängten Ausgangssperre halten die Unruhen in Tunis
an. Im Vorort Ettadhamen kam es zu systematischen Plünderungen. Die Polizei
war geflohen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.