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# taz.de -- "Deutsche Taliban Mudschahidin": Bafög im Terrorlager
> Die im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet agierenden "Deutschen
> Taliban" melden sich zurück. Ihr neuer Anführer bekam noch nach seiner
> Ausreise Geld vom Staat.
Bild: "Ayyub Almani" alias Yusuf O. in einem Drohvideo der "Deutschen Taliban" …
Es war still geworden um die "Deutschen Taliban Mudschahidin", wie sich
eine kleine, im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet agierende Truppe von
Islamisten aus Deutschland nennt. Mit dem [1][Saarländer Eric Breininger]
war Ende April 2010 ihr bekanntester Kämpfer gestorben, und mit ihm der
"Emir" der Truppe, der Deutschtürke Ahmet M.
Nun melden sich die selbsternannten "Deutschen Taliban" und die daran
angeschlossene Mediengruppe "Elif Medya" zurück, wie deutsche
Sicherheitsbehörden besorgt registrieren. Auf einer türkischsprachigen
Internetseite wird ein "Abdul Fettah Almani" zum neuen "Emir" erklärt,
zudem werden neue Videos aus dem Kampfgebiet angekündigt.
Erstmals in Erscheinung getreten sind die "Deutschen Taliban Mudschahidin"
mit einer Videobotschaft vor der Bundestagswahl im September 2009, in der
mit einem "Angriff auf Deutschland" gedroht wurde - während unter anderem
Bilder des Brandenburger Tors eingeblendet wurden. Das Video mit dem Titel
"Der Ruf zur Wahrheit" hatte damals einige Aufregung ausgelöst, zumal kurz
zuvor auch Al-Qaida mit Anschlägen in Deutschland gedroht hatte.
Bei ihrem neuen Anführer "Abdul Fettah" handelt es sich nach
taz-Informationen um den deutschen Staatsangehörigen Fatih T. aus Berlin.
Er hat im Jahr 2004 Abitur gemacht und soll im Mai 2009 ins
pakistanisch-afghanische Grenzgebiet aufgebrochen sein. Die
Bundesanwaltschaft in Karlsruhe ermittelt gegen ihn wegen Verdachts der
Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung.
"Abdul Fettah" war im April 2010 [2][in einem Video der "Deutschen Taliban
Mudschahidin"] aufgetaucht. Vor zwei gekreuzten Panzerfäusten sitzend rief
er auf Deutsch dazu auf, "in die besetzten Länder zu kommen" und gegen die
Ungläubigen zu kämpfen - oder zu Hause den "Dschihad auf dem Wege Gottes"
zu führen. An anderer Stelle des Videos posiert er vor angeblichen
Wrackteilen eines Helikopters, den die Kämpfer abgeschossen haben wollen.
Ein schräges Detail wurde vergangene Woche am Rande einer
Gerichtsverhandlung in Berlin gegen mutmaßliche Unterstützer der "Deutschen
Taliban" bekannt. So soll Fatih T. nach Aussage eines Beamten des
Bundeskriminalamts noch nach seiner Ausreise gen Terrorlager Bafög aufs
Konto überwiesen bekommen haben - im Sinne des
Bundesausbildungsförderungsgesetzes ist das vermutlich nicht. Allerdings
hatte T. Probleme, vor Ort an das Geld zu kommen.
Als ein weiterer Sprecher hat in den Drohvideos der "Deutschen Taliban" ein
"Ayyub Almani" fungiert. Nach taz-Informationen handelt es sich bei ihn um
den deutschen Staatsangehörigen Yusuf O., der ebenfalls im Mai 2009 in die
pakistanisch-afghanische Grenzregion ausgereist sein soll. Auch gegen ihn
ermittelt die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe.
"Ayyub" war es, der in dem Video vor der Bundestagswahl 2009, mit
vermummtem Gesicht und hinter einem Maschinengewehr kniend, Sätze wie
diesen sagte: "Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Dschihad die
deutschen Mauern einreißt." Dazu wurden neben dem Brandenburger Tor auch
Bilder der Frankfurter Bankentürme, des Hamburger Bahnhofs, des Kölner Doms
und vom Oktoberfest in München eingeblendet. Auf einem Banner hinter ihm
stand der arabische Schriftzug "Islamisches Emirat Afghanistan"; so nennen
sich die Taliban selbst.
Die zunehmende Zahl von Ausreisen in das pakistanisch-afghanische
Grenzgebiet bereiten den deutschen Sicherheitsbehörden einige Sorgen.
Allein aus Berlin sind in den vergangenen beiden Jahren bis zu 20 junge
Islamisten nach Pakistan aufgebrochen, darunter auch schwangere Frauen.
Auch aus Hamburg, Nordrhein-Westfalen und anderen Bundesländern reisen
immer wieder Islamisten in die pakistanischen Stammesgebiete, um sich dort
unterschiedlichen Gruppen anzuschließen: der "Islamischen Dschihad Union"
(IJU), der "Islamischen Bewegung Usbekistan (IBU), den "Deutschen Taliban
Mudschahidin" - und in seltenen Fällen Kern-Al-Qaida.
"In den vergangenen zwei bis drei Jahren ist die Zahl der Reisebewegungen
von Islamisten aus Deutschland nach Afghanistan und Pakistan deutlich
angestiegen", sagte der Chef des Bundesverfassungsschutzes, Heinz Fromm,
vor wenigen Wochen der taz. "Die Motivation der Islamisten ist, sich dort
ausbilden zu lassen und sich am Dschihad zu beteiligen. Einzelne könnten
den gewalttätigen Dschihad auch in Deutschland austragen wollen."
Dazu ist es freilich bisher nicht gekommen. Die "Deutschen Taliban
Mudschahidin" haben laut Bundesanwaltschaft aber schon mehrfach
Einrichtungen des afghanischen Militärs und der ISAF-Truppen angegriffen
und brüsten sich damit, afghanische Soldaten getötet zu haben. In der
west-afghanischen Provinz Paktika sollen Kämpfer der "Deutschen Taliban" an
Weihnachten 2009 ein US-Lager mit Raketen beschossen haben.
Einige der Propagandavideos der "Deutschen Taliban" lassen allerdings an
der Schlagkräftigkeit der Truppe zweifeln, so etwa die mitunter recht
unsportlichen Bewegungen einiger Islamisten beim Schießtraining. Manche
tragen Turnschuhe oder gar Sandalen an ihren Füßen.
Prominentestes Mitglied der "Deutschen Taliban Mudschahidin" war zuletzt
der saarländische Konvertit Eric Breininger. Nach Angaben aus
Sicherheitskreisen starb Breininger Ende April 2010 bei einem Gefecht mit
dem pakistanischen Militär an einem Checkpoint zwischen Miran Sha und Mir
Ali in der Region Nordwasiristan.
Breininger hinterließ [3][eine Art Tagebuch], das im Internet
veröffentlicht wurde und einiges über den Alltag der deutschen Islamisten
im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet offenbarte. Dort stand auch, dass
die Taliban ihnen den Aufbau einer eigenen Untergruppe erlaubt hätten -
angeblich die erste deutsche Dschihadgruppe der Welt, zu der auch Frauen
mit Kindern gehörten.
Mit Breininger kamen bei dem Gefecht Ende April auch der Berliner Danny R.
und der einstige "Emir" der Gruppe Ahmet M. ums Leben. Eine vierte Person
soll so zersiebt worden sein, dass sie nicht mehr zu erkennen war. Das
pakistanische Militär schickte Fotos der Toten an die deutschen
Sicherheitsbehörden, danach wurden die Leichen an die Aufständischen
übergegeben. Kurze Zeit später erschien auf dschihadistischen
Internetseiten ein Video, das die drei toten Islamisten aus Deutschland
zeigen soll.
Der einstige Anführer der "Deutschen Taliban" Ahmet M. hatte zuvor
Propaganda für die IJU betrieben, in deren Videos auch Breininger zunächst
aufgetreten war. Ahmet M.s Medienabteilung hieß zunächst "Badr at-Tawheed",
später gründete der im niedersächsischen Salzgitter geborene türkische
Staatsangehörige "Elif Medya". Elif ist der erste Buchstabe des arabischen
Alphabets.
Ahmet M.s Kampfname lautete "Salahuddin" nach dem legendären Sultan, der
die Kreuzfahrer bezwang. In Verlautbarungen der "Deutschen Taliban
Mudschahidin" nannte er sich "Abu Ishaq".
Mit der nun erschienenen Mitteilung melden sich die selbsternannten
"Deutschen Taliban" und die Medienabteilung "Elif Medya" mit neuer Führung
zurück. Bald schon werde man wieder Videos veröffentlichen, heißt es in der
"frohen Botschaft" der Islamisten.
17 Jan 2011
## LINKS
[1] /1/politik/deutschland/artikel/1/deutscher-dschihadist-angeblich-tot/
[2] /1/politik/asien/artikel/1/deutsche-dschihadisten-prahlen/
[3] /1/politik/deutschland/artikel/1/das-tagebuch-des-deutschen-talib/
## AUTOREN
Wolf Schmidt
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