# taz.de -- Terrorhelfer gesteht: Geld für eine "große Waffe" | |
> Ein 32-jähriger Berliner gibt zu, die "Deutschen Taliban" im | |
> pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet finanziell unterstützt zu haben. | |
> Wie ein Gescheiterter zum Islamisten wurde. | |
Bild: Fatih K. im Gerichtssaal in Berlin - eine Balustrade schützt ihn teilwei… | |
BERLIN taz | Ursprünglich sollte Fatih K. aus Berlin-Kreuzberg schon vor | |
Monaten vor Gericht stehen, zusammen mit [1][Filiz G., Ehefrau des | |
einstigen Kopfs der "Sauerland-Gruppe"]. Doch nachdem der 32-jährige K. | |
unter Auflagen von der Untersuchungshaft verschont blieb, setzte er sich im | |
August in die Türkei ab, wo er später nahe der syrischen Grenze von der | |
Polizei verhaftet wurde. Am 22. Dezember lieferte ihn die Türkei nach | |
Deutschland aus. | |
Am Freitag hat nun im Kriminalgericht Moabit in Berlin der Prozess gegen | |
den mutmaßlichen Terrorhelfer begonnen. Die Bundesanwaltschaft wirft Fatih | |
K. vor, die im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet agierende "Islamische | |
Dschihad Union" (IJU) und die "Deutschen Taliban Mudschahidin" mit | |
mindestens 1.410 Euro unterstützt zu haben. | |
Fatih K. räumte die Vorwürfe zum Auftakt größtenteils ein. So gab er zu, | |
über Mittelsmänner dem Deutschtürken Ahmet M. 1.080 Euro überwiesen zu | |
haben. Der spielte zunächst in der IJU eine wichtige Rolle und war dann bis | |
zu seinem Tod im April 2010 Anführer der [2]["Deutschen Taliban | |
Mudschahidin"]. | |
In einem Chat hatten die beiden zuvor besprochen, wofür das Geld gut sein | |
soll: "eine große Waffe". Weitere Geldzahlungen, so Fatih K., seien aber | |
"nicht für Waffen", sondern allein für "Witwen und Waisen" und Opfertiere | |
gedacht gewesen. Die Bundesanwaltschaft bezweifelt das. | |
Die Geldzahlungen komplett zu leugnen, wäre allerdings auch sinnlos | |
gewesen. Die Kampfgefährten im pakistanischen Wasiristan bedankten sich in | |
Videos und Fotostrecken im Internet brav bei "Abu Kaka" für das Geld - so | |
lautete Fatih K.s Deckname. Ein Schild mit dem Namen "Abu Kaka" hält | |
[3][der saarländische Konvertit Eric Breininger] in die Kameras, einer der | |
bekanntesten Dschihad-Kämpfer aus Deutschland. Auch er starb im April 2010 | |
bei einem Gefecht mit pakistanischen Soldaten. | |
Die "Deutschen Taliban Mudschahidin" sind eine Abspaltung der IJU, | |
vielleicht auch nur eine Untergruppe. Erstmals in Erscheinung getreten sind | |
sie mit einem Video vor der Bundestagswahl im September 2009, in der mit | |
einem "Angriff auf Deutschland" gedroht wurde - während unter anderem | |
Bilder des Brandenburger Tors eingeblendet wurden. [4][Die | |
Schlagkräftigkeit der Truppe ist jedoch umstritten]. Manche bezweifeln | |
auch, dass die "Deutschen Taliban" überhaupt als eigenständige | |
terroristische Vereinigung einzustufen sind - so etwa der | |
Terrorismusexperte Guido Steinberg. | |
Der mutmaßliche Terrorhelfer Fatih K. verlas am Freitag eine Stellungnahme | |
und schilderte darin auch seinen Lebensweg. Es ist die Biographie eines | |
Gescheiterten: In der Schule früh sitzengeblieben, hing er als Jugendlicher | |
in einer Clique mit Kiffern und Breakdancern ab und verbrachte seine Tage | |
"mehr oder weniger auf der Straße", wie er selbst sagte. | |
Eine Maurerlehre brach er ab, hangelte sich mit Gelegenheitsjobs durch, | |
wurde arbeitslos. Bis er schließlich durch den Besuch eines Theaterstücks | |
über den Propheten zum wiedergeborenen Muslim wurde - und irgendwann in | |
Kontakt zu radikalen Islamisten kam. Den Anführer der "Deutschen Taliban", | |
Ahmet M., habe er über das Internet kennengelernt, so der 32-Jährige. | |
Vor Gericht zeigte Fatih K. sich am Freitag reuig. "Ich habe mich auf dem | |
Irrweg befunden", sagte der Vater von sechs Kindern. "Für mich ist der | |
gewalttätige Dschihad kein Weg." Nach Deutschland habe er den heiligen | |
Krieg nie tragen wollen, beteuerte K. Er fühle sich hier wohl und hoffe | |
nach seiner Freilassung in einem Obst- und Gemüseladen arbeiten zu können | |
Der Prozess gegen Fatih K. wird am 2. März fortgesetzt. | |
25 Feb 2011 | |
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## AUTOREN | |
Wolf Schmidt | |
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