# taz.de -- Konsequenzen aus Dioxinskandal: Selbstgemachtes für's Tier | |
> Ein Aktionsbündnis fordert, dass die Bauern vor allem Futter in die Tröge | |
> kippen, das sie auf ihren eigenen Feldern erzeugen. Denn dann sinke das | |
> Risiko für Schweinereien. | |
Bild: Wäre eine Futtervariante: Heu von der eigenen Wiese. | |
Als Konsequenz aus dem aktuellen Dioxinskandal fordern Umweltschützer und | |
kritische Bauern, dass Viehhalter das Futter ihrer Tiere überwiegend selbst | |
erzeugen. Verseuchungen von Futter würden dann nur einen Betrieb statt wie | |
derzeit tausende Unternehmen betreffen, erklärte am Montag das | |
Aktionsbündnis, das die Demonstration "Wir haben es satt" organisiert. Sie | |
findet am Samstag in Berlin statt und richtet sich gegen die | |
Industrialisierung der Landwirtschaft. | |
Im jüngsten Fall hatte eine Firma aus Schleswig-Holstein Futterherstellern | |
Fett geliefert, das stärker als erlaubt mit Dioxin belastet war. Das Gift | |
landete im Futter und wurde an tausende Höfe in mehrere Bundesländer | |
verteilt. So tauchte es auch in Fleisch und Eiern auf. | |
"Es kann nicht sein, dass ein einziger Hersteller Tausende von Betrieben | |
kontaminieren kann", sagte Agrarexpertin Reinhild Benning vom Bund für | |
Umwelt und Naturschutz (BUND), der zu den mehr als 120 an der Demonstration | |
beteiligten Organisationen gehört. "Wenn Bauern nur Futtermittel vom | |
eigenen Betrieb einsetzen können, minimiert sich das Risiko." Dann würden | |
deutsche Tiere auch nicht mehr Soja bekommen, für dessen Anbau etwa in | |
Brasilien Regenwald abgeholzt werde, ergänzte Demo-Organisator Jochen | |
Fritz. | |
Die Aktivisten verlangten deshalb, dass die Behörden Viehhaltern im | |
Genehmigungsverfahren für Ställe vorschreiben, pro Tier eine bestimmte | |
Flächengröße Land für die Futterproduktion zu nutzen. Diese Flächenbindung | |
und andere Vorschriften habe die große Koalition zugunsten von | |
Massentierhaltern gestrichen. | |
Der von konventionellen Betrieben dominierte Bauernverband lehnte die | |
Forderung umgehend ab. "Aufgrund der knappen Eiweißerzeugung in Deutschland | |
benötigen wir das Soja", sagte Viehexperte Roger Fechler der taz. Sonst | |
würde die Mast zu lange dauern und die Bevölkerung könnte nicht mehr mit | |
genug Fleisch versorgt werden. Die Aktivisten kritisieren jedoch auch den | |
ihrer Meinung nach zu hohen Fleischkonsum: im Schnitt 80 Kilogramm pro Kopf | |
und Jahr. | |
Unterdessen schaltete sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in den | |
Streit zwischen Agrarministerin Ilse Aigner und Niedersachsens | |
Ministerpräsident David McAllister über Informationspannen im Dioxinskandal | |
ein. Regierungssprecher Steffen Seibert bestätigte, dass die Kanzlerin | |
deshalb mit beiden Unionspolitikern telefoniert habe. | |
Aigner kritisiert, dass sie bei einem Besuch in Niedersachsen am Freitag | |
nicht über die Ausweitung des Dioxinskandals informiert worden sei. Weil | |
ein Futterhersteller Lieferdaten verschwiegen haben soll, mussten hunderte | |
Höfe neu gesperrt werden. Aigner hatte von McAllister personelle | |
Konsequenzen gefordert und ihm ein Ultimatum gestellt. Das verstrich. | |
Nach dem Merkel-Telefonat räumte Niedersachsen nun "Kommunikationsprobleme" | |
ein. Aigner zog ihre Forderung nach personellen Konsequenzen zurück. | |
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) stellte sich ausdrücklich hinter | |
die Ministerin. | |
Konsequenzen aus dem Skandal ziehen derweil viele Verbraucher: Sie kaufen | |
mehr Tierprodukte aus ökologischer Erzeugung, die nicht von dem aktuellen | |
Dioxinfall betroffen ist. "Die Anzahl der Ökoschweinehalter reicht aktuell | |
nicht aus, um den Bedarf zu decken", erklärte der Biobauernverband | |
Naturland. Er suche deshalb neue Mäster. Im Moment liege der Marktanteil | |
von Ökoschweinen bei nur 1 Prozent. | |
17 Jan 2011 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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