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# taz.de -- Kommentar 10-Punkte-Plan: Ungebremste Fleischeslust
> Die Reformen sind sinnvoll und gehen in die richtige Richtung. Aber sie
> stabilisieren ein System, das weder ökonomisch noch ökologisch oder gar
> ethisch eine Zukunft hat.
Bild: Auch Biohühner müssen Leistung zeigen.
Würde es Ihnen einfallen, braune Schuhcreme und Nutella in zwei
nebeneinander stehenden Maschinen zu produzieren? Bei so großer
Verwechslungsgefahr? Eher nicht. Aber die Agrarminister von Bund und
Ländern haben Jahrzehnte und mehrere Skandale gebraucht, um zu dieser
Einsicht zu gelangen. Gestern stand deshalb auf ihrer Tagesordnung, dass
Futter- und Lebensmittelfette in Zukunft nicht mehr im selben Betrieb
hergestellt werden sollen.
Das klingt wie gesunder Menschenverstand - und zeigt das Problem. Denn es
gehört eigentlich auch zu Verstand und Anstand, dass man Hühnerküken nicht
gleich nach dem Schlüpfen schreddert, wenn sie zufällig männlich sind, oder
Ferkel ohne Betäubung kastriert. All das sind anerkannte Zuchtmethoden in
einem Land, in dem zugleich regelmäßig Millionensummen für den Tierschutz
gespendet werden.
In der industriellen Tiermast geht es aber nicht um Verstand und Anstand,
sondern vor allem um möglichst große Fleischeslust zum möglichst geringen
Preis. Sie ist eine milliardenschwere Industrie, die diese Art von
Lebensmitteln mit Steuergeld herstellt - und der ab und zu eben ein kleiner
Betriebsunfall wie Dioxin im Futtermittel unterläuft.
Dieser Logik bleiben die Agrarminister treu. Ihre Reformen sind sinnvoll
und gehen in die richtige Richtung. Aber sie stabilisieren ein System, das
weder ökonomisch noch ökologisch oder gar ethisch eine Zukunft hat. Die
Maßnahmen sollen das Konsumvolk kurz vor der "Grünen Woche" besänftigen,
das sich schockiert zeigt und erst morgen wieder billige Schnitzel will.
Vielleicht verhindern die Reformen sogar den nächsten Skandal. Aber der
übernächste wird nicht lange auf sich warten lassen.
19 Jan 2011
## AUTOREN
Bernhard Pötter
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