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# taz.de -- Jan Korte über Kommunismus-Debatte: "Der Zweck heiligt nie die Mit…
> Der Ostpragmatiker Jan Korte fordert, dass sich die Linkspartei weiter
> ihrer Geschichte stellen muss. Zudem soll sie sich in ihrem
> Grundsatzprogramm zum Antistalinismus bekennen.
Bild: Schreckgespenster für Antikommunisten: Lenin und die Sowjetflagge.
taz: Herr Korte, hat die Linkspartei ein Kommunismus-Problem?
Jan Korte: Nein. Wir führen eine Debatte.
Das ist etwas untertrieben …
Es ist auch 2011 noch etwas anderes in Deutschland, über Kommunismus zu
reden, als dies in Italien oder Frankreich zu tun, wo das entspannter geht.
Es gab in Westdeutschland einen Antikommunismus der Konservativen, der eine
Ideologie war, um die Ideen von mehr Gleichheit zu bekämpfen.
Das heißt: Antikommunismus ist illegitim?
Ich würde sagen: Der westdeutsche Antikommunismus hatte einen sehr realen
Anknüpfungspunkt - nämlich die DDR. Die besten Argumente für die
Antikommunisten saßen im ZK der SED. Ich glaube, dass wir als Linke besser
den Begriff Antistalinismus benutzen sollten, um zu zeigen, was wir aus der
Geschichte gelernt haben.
Nämlich?
Dass Denken in Freund-Feind-Kategorien falsch ist. Dass
Weltbeglückungsideologien und jede Form von autoritärem Sozialismus passé
sind. Das sind Relikte der Vergangenheit, so wie der Kommunismus auch,
nicht aber der demokratische Sozialismus.
Ist das wirklich Vergangenheit? Gibt es nicht einen Teil der Linkspartei im
Dunstkreis der "jungen Welt", der noch immer antidemokratisch ist ?
Antidemokraten haben in der Partei Die Linke keinen Platz. Es muss allen
klar sein, dass es nie wieder Sozialismus ohne demokratischen Rechtsstaat
geben wird. Das ist die Lehre aus der Geschichte. Der Zweck heiligt nie die
Mittel. Punkt.
Die Linksparteipolitikerin Ulla Jelpke hat mit der Ex-RAFlerin Inge Viett
darüber geplaudert, ob man Bundeswehr-Lkw abfackeln soll. Ist das okay?
Die Linkspartei lehnt Gewalt grundsätzlich ab.
Was sagt das über die Linke?
Nichts. Wir sind eine Partei, die sich intensiv mit ihrer Geschichte
befasst. Wir sollten aus dieser Debatte eine Schlussfolgerung ziehen und
die Absage an den Stalinismus als System in die Präambel unseres
Grundsatzprogramms aufnehmen.
Reicht Antistalinismus? Gibt es, angesichts der Zwangsvereinigung zur SED,
keinen legitimen SPD-Antikommunismus?
Da gibt es verständlicherweise Vorbehalte. Ich beharre darauf, dass wir uns
weiter mit unserer Geschichte konfrontieren müssen. Und zwar um unserer
selbst willen, und nicht um es jemand recht zu machen.
CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt will die Linkspartei überall vom
Verfassungsschutz beobachten lassen und am liebsten verbieten. Hat das
Auswirkungen?
Das zeigt erst mal, dass Herr Dobrindt nicht ganz rund läuft. Zweitens,
dass die Konservativen noch immer meinen, in politischen Konflikten mit
Einschüchterungen arbeiten zu können. Das hat in einer Demokratie nichts zu
suchen. Wir kommen ja auch nicht auf die Idee, wo wir regieren etwa die
Berliner CDU vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen, weil dort obskure
Leute rumlaufen.
Ist das Verbot eine Gefahr?
Ach, das ist so durchsichtig, dass es sich selbst desavouiert. Die Union
sollte sich lieber mit ihrer Geschichte befassen. Wir haben die Fälle
Eichmann und Barbie, NS-Massenmörder, die im CDU-Staat der 50er Jahre von
Behörden gedeckt wurden. Ich warte darauf, dass die Union oder die
Adenauer-Stiftung den Mumm hat, dazu ein Symposion zu veranstalten.
Anstelle dessen werden die BND-Akten unter Verschluss gehalten. Die Kritik
der Union an der Geschichtsbewältigung der Linkspartei ist pharisäerhaft.
20 Jan 2011
## AUTOREN
Stefan Reinecke
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