# taz.de -- Bildungspolitik im Saarland: Jamaika-Bildungspolitik gescheitert | |
> Die SPD im Saarland stellt sich auch bei der Gemeinschaftsschule quer. | |
> Jetzt ist keine Mehrheit für eine Verfassungsänderung in Sicht. Die | |
> Grünen sind dabei die großen Verlierer. | |
Bild: Vorhaben gescheitert: keine Stimme für die Gemeinschaftsschule. | |
SAARBRÜCKEN taz | Der SPD-Landesvorstand Saar hat am Mittwochabend in | |
Saarbrücken einstimmig beschlossen, eine von der regierenden | |
Jamaika-Koalition avisierte Änderung der Landesverfassung zur Neuordnung | |
der Schullandschaft im Saarland "nicht mitzutragen". | |
Damit gelingt der Opposition ein Coup: Die SPD verhindert die Einführung | |
einer Gemeinschaftsschule als zweite eigenständige Schulform neben dem | |
Gymnasium. Laut Koalitionsvertrag von Schwarz-Gelb-Grün war die neue | |
Schulform - Kernprojekt der Grünen - fest geplant; das Gymnasium sollte | |
"Bestandsschutz" genießen. Dieses Vorhaben ist nun gescheitert. | |
Denn die Regierungsparteien CDU, FDP und Grüne verfügen im Landtag nicht | |
über die notwendige Zweidrittelmehrheit, um das in der Landesverfassung | |
verankerte dreigliedrige Schulsystem abschaffen und danach das neue duale | |
Schulsystem landesweit einführen zu können. | |
Da die Koalition schon im vergangenen Jahr bei dem Versuch gescheitert war, | |
im Saarland ein 5. Grundschuljahr zu etablieren, sind mit der Entscheidung | |
der SPD jetzt die beiden "Kernthemen" der von Jamaika versprochenen "neuen | |
Bildungspolitik mit mehr Bildungsgerechtigkeit" (Grüne) futsch. Denn dass | |
die Fraktion der Linken der Koalition über die Hürde der | |
Verfassungsänderung hilft, glaubt an der Saar kein Mensch. | |
Wütend reagieren die Jamaika-Parteien auf die Absage der SPD. In einer | |
gemeinsamen Erklärung der Fraktionschefs von CDU, FDP und Grünen ist von | |
"Fundamentalopposition" die Rede. Und davon, dass es dem Landespartei- und | |
Landtagsfraktionschef der SPD, Heiko Maas, in den insgesamt vier | |
Verhandlungsrunden zwischen Regierung und Opposition in Sachen | |
Bildungsreform "nie ernsthaft um tatsächliche Verbesserungen" gegangen sei. | |
Die Grünen, die im Landtagswahlkampf 2009 mit dem Thema Bildung punkteten | |
und dann CDU und FDP in den Koalitionsverhandlungen die Zustimmung zur | |
verlängerten Grundschule und zur Gemeinschaftsschule abrangen, werfen der | |
SPD "Totalverweigerung" vor. | |
Die SPD Saar habe "ihren bildungspolitischen Kompass verloren". Der Partei | |
gehe es offenbar nur noch darum, "Rache wegen der Koalitionsentscheidung | |
zugunsten von CDU und FDP" zu nehmen, wettert etwa der Generalsekretär der | |
Grünen, der Bundestagsabgeordnete Markus Tressel. Die Sozialdemokraten | |
hätten "gegen den Schulfrieden im Land gestimmt", meint auch | |
CDU-Generalsekretär Roland Theis. Und dass die Genossen in den | |
Verhandlungen "aus rein parteitaktischen Gründen" am Ende selbst dem | |
vorgelegten "Kompromisspaket" die Zustimmung verweigert hätten. | |
Der SPD-Chef Maas kritisierte, dass es bis zuletzt "keine verlässlichen | |
Auskünfte" darüber gegeben habe, an welchen Schulen in Zukunft welche | |
Abschlüsse hätten gemacht werden können. Vor allem aber monieren die | |
Sozialdemokraten, dass nach den Vorstellungen der Jamaika-Koalition "keine | |
Gleichwertigkeit zwischen Gymnasium und Gemeinschaftsschule" hätte | |
herrschen sollen. Das aber, so Maas, sei die Grundvoraussetzung für die | |
Zustimmung der SPD zu einer Verfassungsänderung gewesen. | |
Der grüne Bildungsminister Klaus Kessler erwiderte lapidar, ihn könne | |
nichts mehr überraschen, er wolle aber nicht aufgeben. Am 23. Februar soll | |
es einen weiteren "Bildungsgipfel" geben. | |
28 Jan 2011 | |
## AUTOREN | |
Klaus-Peter Klingelschmitt | |
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