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# taz.de -- Nach der Wahl 2011: Bye, bye, Walter!
> Walter Momper, Franziska Eichstädt-Bohlig, Thomas Flierl: Mit der
> Abgeordnetenhauswahl im Herbst verlässt eine Reihe prominenter
> Abgeordneter das Landesparlament - allerdings nicht immer freiwillig.
Bild: Auch er geht in den Ruhestand: Walter Momper.
Wer ab Herbst im Roten Rathaus das Sagen hat, ist noch offen. Das
Abgeordnetenhaus aber wird auf jeden Fall einen neuen Chef brauchen - oder
eine neue Chefin. Denn der derzeitige Präsident Walter Momper gehört laut
SPD-Fraktion zu den Abgeordneten, die bei der Parlamentswahl im September
2011 nicht wieder antreten werden. Nicht immer geschieht dieser Schritt wie
bei Momper freiwillig. Mehrfach kippte auch die jeweilige Parteibasis teils
langjährige und prominente Abgeordnete.
So populär Momper vor allem bei Parlamentsbesuchern von außerhalb weiterhin
ist: Im Abgeordnetenhaus und auch in seiner SPD-Fraktion werden ihm nicht
allzu viele übermäßig nachtrauern. In der Landespolitik denkt beim Namen
Momper kaum einer noch an den Mann mit dem roten Schal, der 1989 als
Regierender Bürgemeister Berlins neben Bundeskanzler Helmut Kohl am
Schöneberger Rathaus den Mauerfall feierte. Viel präsenter sind hier die
vielen kleineren und größeren Pannen Mompers als Parlamentspräsident. Oft
verheddert er sich etwa mit der Technik - in vielen Plenarsitzungen löste
Momper zu früh ein Gongzeichen aus.
Seinen größten Lapsus aber leistete sich Momper 2006, als Klaus Wowereit
sich im Parlament der Wiederwahl zum Regierenden Bürgermeister stellte.
Momper erklärte Wowereit bereits nach dem ersten Wahlgang für gewählt,
obwohl dafür die vorgeschriebene Mehrheit fehlte. Momper hatte offenbar
versäumt, sich ausreichend mit den Abstimmungsmodalitäten vertraut zu
machen, die für den ersten Wahlgang eine absolute Mehrheit statt einer
einfachen Mehrheit vorsahen. Die Opposition warf danach die Frage auf, ob
Momper "schlichtweg unfähig ist, ein Wahlergebnis nach Recht und Gesetz
festzustellen".
Damit wird es nun vorbei sein. Wenn er im September geht, wird der heute
65-jährige Momper 32 Jahre im Parlament gesessen haben. Seit 1975 hatte er
ihm mit nur vierjähriger Unterbrechung in den 90ern angehört, also fast
sein halbes Leben lang.
Mit ihm verlassen die SPD-Fraktion weitere Führungsfiguren. Fritz
Felgentreu (42), der stellvertretende Fraktionsvorsitzende und
einflussreiche Chef des rechten Parteiflügels, zieht eine Stelle als
Gymnasiallehrer weiteren fünf Jahren im Landesparlament vor. Das sei kein
Rückzug aus der Politik, sagte er der taz, er bleibe Kreischef der
Neuköllner Sozialdemokraten. Außerdem kann sich Felgentreu vorstellen, 2013
erneut für den Bundestag zu kandidieren. 2009 hatten ihm nur 3,5
Prozentpunkte für ein Direktmandat gefehlt.
Auch der SPD-Chef-Haushaltspolitiker Stefan Zackenfels (45) wird ab Herbst
nicht mehr dabei sein. Vehement wehrt er sich gegen Gerüchte, die Partei
habe ihn nicht mehr aufstellen wollen. "Ganz und gar freiwillig" sei sein
Ausscheiden nach zehn Jahren.
Bekanntester Ausscheider bei der CDU wird der Event-Unternehmer Peter
Schwenkow sein, der sich offenbar unkittbar mit seinem Ortsverband
zerstritt. Ihn hatten die Christdemokraten 2006 als prominenten Neuzugang
gefeiert. In der praktischen Arbeit allerdings wird viel mehr auffallen,
dass Uwe Goetze (49) dem Abgeordnetenhaus nach 20 Jahren nicht mehr
angehören wird. Ihn wollte nach CDU-Angaben seine örtliche Basis nicht
wieder aufstellen. Goetze war sei zwölf Jahren als parlamentarischen
Geschäftsführer der CDU dafür zuständig, den Fraktionsalltag am Laufen zu
halten. Zudem war er eine der wichtigen Stimmen in der Haushalts- und
Bildungspolitik der Union.
Bei der Linkspartei ist der bekannteste Ausscheider Exsenator Thomas
Flierl. "Ich möchte gerne etwas anderes machen und wieder mehr
wissenschaftlich und publizitisch tätig sein", sagt Flierl (53), der
erstmals 1995 ins Abgeordnetenhaus kam und von 2001 bis 2006 Wissenschafts-
und Kultursenator war. In der laufenden Wahlperiode ist er Chef des
Stadtentwicklungsausschusses.
Fehlen wird der Linksfraktion aber auch Peter-Rudolf Zotl (66), der nach 20
Jahren im Parlament ausscheidet. Sein Kernthema ist seit vielen Jahren der
wenig beliebte, weil arbeitsaufwendige und selten öffentlichkeitsträchtige,
aber dennoch wichtige Bereich der Verwaltungsreform.
Bei den Grünen treten ebenfalls zwei langjährige Abgeordnete nicht mehr an:
Exfraktionschefin Franziska Eichstädt-Bohlig und Alice Ströver. "Nach 20
Jahren reichte es", sagte Eichstädt-Bohlig, die nächsten Herbst 70 wird,
der taz. Nur fünf davon hat sie im Abgeordnetenhaus verbracht. Sie war erst
ab 1989 Baustadträtin in Kreuzberg und später elf Jahre Bundestagsmitglied,
bevor die Grünen sie 2006 zur Spitzenkandidatin für die Berlin-Wahl
machten. "Es war ja von Anfang an geplant, dass das nächstes Mal in jüngere
Hände gehen würde", sagt sie.
Auch Kulturpolitikerin Ströver (55) will nach bislang 15 Jahren als
Landesparlamentarierin definitiv nicht wieder kandidieren. Sollten die
Grünen jedoch nach der Wahl im Senat für das Kulturressort besetzen müssen,
käme die Partei schlecht an Ströver und ihrer Fachkompetenz vorbei.
Allein die FDP vermeldet bislang keine Ausscheider, weder freiwillige noch
unfreiwillige. Bestätigt allerdings das Wahlergebnis die Umfragen, welche
die Partei seit Juni konstant deutlich unter der Fünf-Prozent-Hürde zum
Wiedereinzug ins Parlament sehen, verabschiedet sich im Herbst die
komplette elfköpfige Fraktion aus dem Abgeordnetenhaus.
4 Jan 2011
## AUTOREN
Stefan Alberti
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