# taz.de -- Kaukasisches Pulverfass: Die Heimat der Schwarzen Witwen | |
> Mariam Scharipowa war gut ausgebildet und gläubig. Im März 2010 sprengte | |
> sie sich in der Moskauer U-Bahn in die Luft. In ihrem Heimatort wird die | |
> Familie verehrt. | |
Bild: Am 29. März 2010 explodierten in der Moskauer U-Bahnstation Lubyanka zwe… | |
BALACHANI/MACHATSCHKALA taz | Balachani ist ein verschlafenes Nest in den | |
Bergen Dagestans. Im Schritttempo kämpft sich der Lada die letzten zehn | |
Kilometer über den steilen Schotterweg in das Hochtal hinauf. Frauen im | |
schwarzen Ganzkörperüberwurf, dem Hidschab, huschen über die staubige | |
Dorfstraße, bevor sie schattenhaft hinter Zäunen verschwinden. Nur ein paar | |
Kühe und Schafe sind noch unterwegs. Balachani liegt im schroffen | |
Vorgebirge des kaukasischen Hauptkammes, vier Autostunden von der | |
dagestanischen Hauptstadt Machatschkala am Kaspischen Meer entfernt. | |
Eingerahmt von Felswänden, die über 2.000 Meter hochragen. Awaren siedeln | |
hier, der größte Volksstamm unter den mehr als 50 Völkern und Dutzenden | |
kleinen Ethnien Dagestans. | |
Im März erlangte der 1.000-Seelen-Ort traurige Bekanntheit. Zwei | |
Selbstmordattentäterinnen sprengten sich in der Moskauer Metro in die Luft | |
und rissen 40 Menschen in den Tod. Eine der Schwarzen Witwen hieß Mariam | |
Scharipowa. Sie war hier zu Hause. Als die Fahndungsfotos veröffentlicht | |
wurden, erkannte ein Mann darauf seine Tochter. | |
Rassul Magomedow arbeitet als Lehrer in der Dorfschule. Neben russischer | |
Literatur unterrichtet er auch so etwas wie Heimatkunde - "Geschichte und | |
Brauchtum der Kaukasusvölker". Bei den Magomedows ist alles picobello. Das | |
zweistöckige Haus am Hang überschaut das enge Hochtal. Innen wirkt es wie | |
gerade geschrubbt und desinfiziert. Rassul und Frau Fatimah sitzen auf | |
einem Sofa im großen Wohnzimmer, das nach kaukasischem Brauch spärlich | |
möbliert ist. Auf der Rückenlehne liegen ein Koran und geistliche | |
Literatur. | |
Fatimah schluchzt leise, Rassul sitzt stoisch daneben. Er ist distanziert | |
aber freundlich, er strahlt Autorität aus. Der gläubige Muslim trägt einen | |
runden Backenbart, akkurat getrimmt, und eine um eine Handbreit gekürzte | |
lange Hose nach Art der Salafiten. So nennen sich in der Kaukasusrepublik | |
die Anhänger der Wahhabiten, die einen fundamentalistischen Islam predigen. | |
Rassul ist auch Schulpsychologe. Er kümmere sich um den schwierigeren | |
Nachwuchs und vermittele bei Konflikten zwischen Lehrern und Verwaltung, | |
sagt er. | |
Engagiert hat sich der 57-Jährige schon immer. Früher war er Sekretär im | |
kommunistischen Jugendverband Komsomol und Gewerkschaftsfunktionär. Auf den | |
Bart musste er allerdings verzichten. Dennoch: Im Kommunismus sei das Leben | |
trotz allem gerechter und erfüllter gewesen, meint Rassul. | |
Die Magomedows sind eine angesehene Familie in der Gegend. "Ein ehrbarer | |
Mann", meinte der Obsthändler in der Kleinstadt auf dem Weg in die Berge. | |
Aber das Selbstmordattentat der Tochter? Das schadete dem Ansehen der | |
Familie nicht. Im Gegenteil, die Dorfbewohner zeigen Mitgefühl und viele | |
bewundern das Mädchen - ihre Entschlossenheit und Opferbereitschaft. | |
In der Bergregion hat die Scharia längst das weltliche Gesetz abgelöst. | |
"Das Wort des Imams zählt mehr als das des Richters. Langsam gleiten wir in | |
ein anderes Rechtssystem über", hatte der Vizechef der | |
Informationsabteilung des dagestanischen Präsidenten, Subairu Subairujew, | |
gesagt. | |
Dagestan - zu Deutsch Land der Berge - ist zur Hochburg des radikalen | |
Islams im Nordkaukasus geworden. Seit Russlands Feldzug gegen | |
Tschetschenien. Militante Banden halten die Republik mit dauerhaftem Terror | |
in Atem. Die meisten Gruppen sind Salafiten und operieren von den | |
bewaldeten Bergen aus. Auch in der Gegend um Balachani treiben sie ihr | |
Unwesen. Hier nennen sie die Menschen auch "Waldbrüder". | |
Die abgelegenen Dörfer nutzen sie als ihre Versorgungsdepots. Der militante | |
Widerstand gegen das korrupte politische Regime in Machatschkala kann sich | |
über Zulauf und Nachwuchs nicht beklagen. Die Jugend Dagestans hat weder | |
Arbeit noch Perspektive, aber ein Gerechtigkeitsempfinden. Tausend, wenn | |
nicht mehr junge Männer sollen sich dem Untergrund angeschlossen haben. | |
Kurz vor der Abfahrt nach Balachani - ohne Leibwächter und Mittelsmänner | |
wäre das waghalsig - schlugen Radikale am helllichten Tag im Zentrum | |
Machatschkalas zu. Das Kommando warf eine Granate in einen Supermarkt. | |
Geahndet wurde so der Alkoholverkauf. Kalaschnikowsalven waren zu hören. | |
Vier junge Männer zerrten einen Mann aus einem Wagen und rasten durch die | |
Stadt. Wo sie auf Milizionäre stießen, eröffneten sie das Feuer. | |
Anderthalb Stunden dauerte der Terrorkorso. Elf Menschen blieben auf der | |
Strecke, sieben Milizionäre und vier Terroristen. Neun Passanten wurden von | |
herumfliegenden Irrläufern und Splittern verletzt. Szenen wie im Film, | |
leider sehr wirklich. | |
Der Terror gehört in Dagestan zum Alltag. Im letzten Jahr wurden 250 | |
tödliche Anschläge verübt, anderthalb mal so viel wie im Vorjahr. An | |
manchen Tagen starben Menschen zu Dutzenden. Die Behörden beschreiben die | |
Lage als "stabil angespannt mit Elementen der Zuspitzung". Alarmiert klingt | |
das nicht gerade. Der Schein, alles unter Kontrolle zu haben, muss gewahrt | |
werden. | |
Rassul, der Vater der Schwarzen Witwe, hatte von dem Anschlag schon | |
erfahren. Die Attentäter hätten die Verkäufer vorher gewarnt, meint er | |
lakonisch. Alkohol sei nun mal verboten. Seit Mariams Tod quält ihn die | |
Ungewissheit: War es ihre freie Entscheidung? Hat der wahhabitische | |
Untergrund sie instrumentalisiert? Oder war es der russische Geheimdienst, | |
der sie zum Werkzeug machte, um Extremisten die Tat in die Schuhe zu | |
schieben? | |
Nach russischen Ermittlungen war Rassul Scharipowas Tochter die Frau eines | |
der kaltblütigsten Bandenführer des islamistischen Untergrunds. | |
Der Vater empfindet keine Scham für ihren heimtückischen | |
Selbstmordanschlag, Schuld habe seine Tochter nicht auf sich geladen. Auch | |
den Hinterbliebenen sprach er sein Beileid aus. Hat er sie auch um | |
Vergebung gebeten? "Es herrscht Krieg", sagt er wütend, "Glaubenskrieg | |
gegen den Islam." Oder was passiert in Afghanistan, dem Irak und in | |
Tschetschenien? Er klingt nun wie ein Prediger, Fragen hört er nicht mehr. | |
Und dann ist es Zeit fürs Gebet. Das Ehepaar zieht sich ins Nebenzimmer | |
zurück. | |
Der Terror hat sich in die Familiengeschichte der Magomedows | |
eingeschrieben. Die beiden Söhne sind seit Jahren im Visier des | |
Geheimdienstes. Anwer und Iljas wurden mehrere Male festgenommen. Sie | |
sollen auch in den Verließen der berüchtigten 6. Abteilung des | |
Innenministeriums, das einen unerbittlichen Kampf gegen die Salafiten | |
führt, gefoltert worden sein. Dafür wollte sich die Tochter rächen, | |
vermuteten russische Medien nach dem Attentat. | |
Die Terrorfamilie | |
Gegen die Söhne gibt es schwere Anschuldigungen: Mitgliedschaft in einer | |
extremistischen Vereinigung, illegaler Waffenbesitz und bewaffneter | |
Raubüberfall. Auch mit Entführungen und Menschenhandel soll Anwer, der | |
Älteste, in Verbindung stehen. Ein Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen, | |
Arjan Erkel, war 2002 entführt und anderthalb Jahre später gegen hohes | |
Lösegeld freigekauft worden. | |
Die Magomedows sollen die Hände mit im Spiel gehabt haben, vermuten | |
Gesprächspartner in Machatschkala. Die hatten auch eindringlich davor | |
gewarnt, sich mit der Familie zu treffen. Ein Bekannter war plötzlich nicht | |
mehr zu sprechen, als die Fahrt zu den Brüdern bereits feststeht. Es geht | |
den Informanten dabei auch um die eigene Gesundheit, denn nach kaukasischer | |
Sitte steht der Gast über allem. Stößt ihm etwas zu, trägt der Gastgeber | |
die Verantwortung. Er muss sich einsetzen, auch wenn es Lebensgefahr | |
bedeutet. Missachtet er dies, wird er geächtet. Den jahrzehntelangen | |
Versuch sowjetischer Modernisierung hat "Adat", das Gewohnheitsrecht der | |
Bergler, überdauert. | |
Einer der Söhne, Iljas, wird noch immer wegen eines Überfalls auf einen | |
Geldtransporter per Haftbefehl gesucht. Dabei wohnt er unbehelligt im Haus | |
der Eltern. Der Vater hat ihn weggeschlossen und jedes Gespräch mit Fremden | |
verboten. Rassul liebt seine Tochter abgöttisch, sie sei ihm teurer als | |
seine beiden Söhne zusammen gewesen, sagt er. In der patriarchalischen | |
Gesellschaft des Kaukasus ist dies ein ungewöhnliches Bekenntnis. | |
Sie hätte nur gelernt und gebetet. Nachts, wenn sie nicht schlafen konnte, | |
las sie den Koran und lernte Arabisch. Im Jahr 2007 ging er mit ihr auf | |
Hadsch nach Mekka. Tagsüber unterrichtete sie in der Schule Informatik. | |
Mariam hatte Mathematik und Psychologie studiert. Beide Studien schloss sie | |
mit Auszeichnung ab. Ihre Veröffentlichungen über Webtechnologien und | |
Informatik in der Schule stehen im elterlichen Bücherschrank. | |
Mariam war Rassuls ganzer Stolz. Innig wünscht er sich, dass sie "die | |
Entscheidung zum Selbstmord selbst traf". Aber auch sonst, tröstet er sich, | |
wird "sie Allah als schachidka [Märtyrerin des Glaubens; d. R.] ins | |
Paradies holen". Die Gesetze des Allerhöchsten ließen dies zu: "Auf der | |
ganzen Welt herrscht Krieg zwischen den Ungläubigen und dem Islam, der | |
reinsten Form des Glaubens", repetiert der Pädagoge noch mal. | |
Die Magomedows passen nicht in das Profil der armen Seelen, die aus | |
Perspektivlosigkeit den Wahhabiten verfallen. Wohlhabend, gebildet und wie | |
Mariam auch IT-versiert formieren sie eine ideologische Vorhut des heiligen | |
Kriegs. Rassul hält seine Familie deswegen für ein Opfer religiöser | |
Verfolgung und verlangt Glaubensfreiheit für die Salafiten. Setzt das dem | |
Blutvergießen ein Ende? Rassul wird sich damit nicht begnügen. Zur Ruhe | |
kommt er erst, wenn die Moschee die Politik beherrscht. | |
Der Gottesstaat ist schon in greifbarer Nähe. Im Scheinwerferlicht auf dem | |
Rückweg leuchten Dutzende Schilder, die den Allerhöchsten im Grün des | |
Propheten preisen, in Arabisch und den vielen dagestanischen Sprachen. | |
"Inschallah" grüßt eine Tankstelle in der öden Ebene vor Machatschkala. Der | |
Taxifahrer Raschid jagt in der Dunkelheit im schwarzen Lada Priora über die | |
Landstraße. Eine Hand am Steuer, in der anderen ein Handy. Einen Tag hatte | |
es gedauert, einen Fahrer zu finden, dem auch die Einheimischen vertrauten. | |
Der 25-jährige Aware aber war bereit. | |
Die Zufahrt in die Hafenstadt bewachen schwerbewaffnete Militärs in | |
schwarzen Masken hinter Betonblöcken. Es ist auch die Einfallstraße aus | |
Grosny im benachbarten Tschetschenien. Die Maskierten sind Angehörige einer | |
Aufklärungseinheit des russischen Generalstabs GRU. Ihr martialischer | |
Aufzug flößt Angst ein. Einheimische haben sich daran gewöhnt. | |
Machatschkala ist keine typische Stadt der islamischen Welt. Verschleierte | |
Frauen sind noch eine Minderheit, aber keine kleine mehr. Das Theater gibt | |
Mozarts Figaro. In der Innenstadt frischen Bautrupps bröckelnde | |
Sowjetfassaden auf und an den Kiosken sind so viele oppositionelle | |
Zeitungen im Angebot wie sonst nirgends in Russland. "Der äußere Eindruck | |
trügt", meint Saur Gasijew. Er ist Chefredakteur der Wochenzeitung | |
Respublika und Vorsitzender der Menschenrechtsorganisation Memorial. Die | |
säkulare Firnis sei nur noch hauchdünn. | |
"Eine brutale Islamisierung ist im Gang, unsere Gesellschaft fällt ins | |
Mittelalter zurück", sagt der Menschenrechtler. Wer die Möglichkeit hätte, | |
die Republik zu verlassen, der ginge, klagt er. Eine kalte Brise weht vom | |
Kaspischen Meer herüber. | |
Die Talibanisierung | |
Das totalitäre Turkmenistan liegt weiter im Osten auf der anderen Seite des | |
Meeres. Es sind die Jüngeren und Gebildeteren, die in alle Himmelrichtungen | |
ziehen. "Von den westlich orientierten Intellektuellen sind vielleicht noch | |
vierzig übrig." Gasijew ist schmächtig, aber drahtig. Ein Kämpfer und von | |
Nationalität ein Darginer, die zweitgrößte Volksgruppe Dagestans. Ihr sagt | |
man nach, sehr geschäftstüchtig zu sein. Saur sammelt Gemälde mit Motiven | |
aus der Geschichte Dagestans, die der 12-jährige Sohn ohne Murren | |
anschleppt. | |
Die Islamisierung sei nicht mehr aufzuhalten. "Wir steuern auf eine | |
Talibanisierung zu", sagt er beiläufig. Die Radikalisierung hat zur Folge, | |
dass die Religion in alle Lebensbereiche einsickert. Auch Politiker | |
schlügen sich schon auf die Seite der Propheten eines Gottesstaates. Ohne | |
die Mullahs liefe nichts mehr. Ob Bildung, Finanzen oder Bauprojekte, die | |
Geistlichkeit entscheide immer mit, hatte auch ein Regierungsbeamter im | |
Gespräch offen beklagt. | |
Morgens weckt der Muezzin die Stadt. Im Frühstücksfernsehen unterweisen | |
Imams und Mullahs in Glaubensfragen, auf Russisch - der Lingua franca. Dort | |
erfahren gläubige Frauen auch, ob sie sich die Finger lackieren dürfen. Der | |
Terror hat viele Ursachen und nicht nur einen Agenten, meint Gasijew. | |
Korruption, staatliche Willkür und Gewalt bestimmen seit Jahren den Alltag | |
in der Republik. Miliz und Geheimdienst seien Teil der kriminellen Welt. | |
Sie bräuchten den religiösen Extremismus, um sich die gewaltigen | |
Zuwendungen aus Moskau zu sichern. | |
Seit dem Tschetschenienkrieg 1999 schießt der Kreml riesige Summen in den | |
Antiterrorkampf im Nordkaukasus. Die Logik ist einfach: Je mehr Terroristen | |
ausgeschaltet werden, desto großzügiger zeigt sich die Zentralmacht. Der | |
Staatsapparat sei der Versuchung des Extremismus aber nicht gewachsen, sagt | |
Gasijew. Ein Regierungsbeamter räumt freimütig ein, er suche Extremisten | |
dort, wo keine seien. Oft reicht aber auch schon ein geringer Verdacht, um | |
in das Räderwerk der Antiterrormaschine zu geraten: Ein Wahhabit im | |
Freundeskreis vielleicht oder ein zufälliger Kontakt. | |
Manchmal werden Zeugen zu Tätern erklärt, erzählt Gasijews Kollegin | |
Swetlana Issajewa. Sie gründete 2006 die Initiative "Mütter Dagestans für | |
Menschenrechte". Tagelang demonstrierten Frauen in der Hauptstadt, um auf | |
das Schicksal ihrer Söhne aufmerksam zu machen. Swetlanas Sohn verschwand | |
nach einem Verhör spurlos. Noch heute sucht sie ruhelos nach Spuren. | |
Nie erhielt sie einen Anhaltspunkt, was ihm zugestoßen sein könnte. "Er | |
hatte wohl Kontakt zu Wahhabiten, war aber nicht straffällig geworden." | |
Anderen Eltern beizustehen, hilft ihr über das Leid hinweg. "Viele | |
Jugendliche schließen sich erst nach Folter und Verhör den Islamisten an, | |
weil sie die Qual nicht noch mal durchmachen wollen", sagt sie. Erst in der | |
Isolation der Berge würden sie zu Wahhabiten. Die Frau ist ein Bindeglied | |
zu den Islamisten. | |
Sie stellte auch den Kontakt zu den Magomedows her, denen sie | |
Rechtsbeistand besorgte, als die Söhne in Haft waren. Ihr Verhältnis zu der | |
Familie ist distanziert: "Machen Sie sich selbst ein Bild", hatte sie | |
gesagt. Selbst sei sie eine im Kommunismus erzogene Atheistin, meint die | |
kräftige Frau Ende vierzig. | |
Rekruten des Untergrunds | |
Russische Medien denunzierten die "Mütter" als "Rebellengewerkschaft" und | |
"Rekrutierungszentrum des Untergrunds". Wer sich für die Rechte von | |
Folteropfern und deren Angehörigen einsetzt, macht sich verdächtig. | |
Issajewa unterscheidet nicht zwischen Fundamentalisten und Anhängern des | |
traditionellen Islams. In dem kleinen Büro in einem Vorort arbeiten auch | |
verschleierte Frauen, streng gläubige Salafitinnen. | |
Es sind Mütter, die ihre Söhne verloren oder Witwen, deren Männer des | |
Extremismus verdächtigt wurden. "Risikofrauen" heißen sie im | |
Geheimdienstjargon. Im Sommer wurde auf das Büro ein Brandanschlag verübt. | |
Doch die "Mütter" geben nicht auf. | |
Zwischen den Rädelsführern der Waldbrüder und den Sicherheitsorganen hat | |
sich unterdessen eine perfide Interessengemeinschaft herausgebildet. "Ganze | |
Ministerien zahlen Schutzgelder, um sich freizukaufen", meint noch der | |
Chefredakteur Gasijew. | |
Das ist ein offenes Geheimnis und lässt sich in Büchern nachlesen, die in | |
Machatschkalas Buchgeschäften jeder, der will, kaufen kann. | |
28 Jan 2011 | |
## AUTOREN | |
Klaus-Helge Donath | |
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