# taz.de -- Neuwahlen in Irland: Tausch der Politgesichter | |
> Der unbeliebteste Premier aller Zeiten Brian Cowen schmeißt das Handtuch. | |
> Auch seine Partei ist chancenlos. Der Sieg der bisherigen | |
> Oppositionsparteien ist fast sicher. | |
Bild: Enda Kenny: Nicht viele sind überzeugt von ihm. Doch der Job als künfti… | |
DUBLIN taz | Irlands Premierminister Brian Cowen hat gestern Nachmittag das | |
Parlament aufgelöst und Neuwahlen für den 25. Februar anberaumt. Bei diesen | |
Wahlen werde er nicht mehr kandidieren, erklärte er. Als Vorsitzender | |
seiner Partei Fianna Fáil, den Soldaten des Schicksals, war er auf | |
parteiinternen Druck bereits vor anderthalb Wochen zurückgetreten. | |
Daraufhin kündigten die sechs Abgeordneten der Grünen die Koalition auf. | |
Damit war die Parlamentsmehrheit für die Regierung perdu. | |
Cowen, dessen politische Karriere nun nach 27 Jahren zu Ende geht, war zum | |
Schluss der unbeliebteste Premierminister aller Zeiten. Man kreidet ihm an, | |
dass er mit seiner Bankengarantie das Land in den Bankrott getrieben habe. | |
Irland musste im Dezember Kredite von EU und Internationalem Währungsfonds | |
in Höhe von 85 Milliarden Euro beantragen, um die Bankschulden bezahlen zu | |
können. | |
Cowen sagte, er habe sich den Rückzug aus der Politik nicht leicht gemacht, | |
aber Fianna Fáil müsse einen Prozess "der Verjüngung und der Erneuerung" | |
durchmachen. Cowen ist bereits der siebte von zwölf Fianna-Fáil-Ministern, | |
die bei den Wahlen nicht mehr kandidieren werden. Man müsse Platz für einen | |
Generationswechsel machen, sagte Cowen. Die Parteiführung hat jedoch ein | |
alter Hase übernommen: Der bisherige Außenminister Micheál Martin gehört | |
seit 13 Jahren dem Kabinett an. Seine Wahl zum Parteichef vor acht Tagen | |
hat Fianna Fáil vorübergehend etwas Auftrieb gegeben. Laut Meinungsumfragen | |
glauben 31 Prozent der Befragten, dass Martin den besten Premierminister | |
abgeben würde, aber nur 16 Prozent wollen seine Partei wählen. | |
Bei der größten Oppositionspartei Fine Gael ("Stamm der Gälen") ist das | |
Verhältnis umgekehrt: Sie liegt mit 31 Prozent deutlich an der Spitze, aber | |
nur 19 Prozent finden, dass der blasse Parteichef Enda Kenny als Premier | |
geeignet sei. Dennoch ist ihm der Job so gut wie sicher. Verändern wird | |
sich durch die Wahlen allerdings nicht viel. Fine Gael gehört zum rechten | |
Flügel des irischen Parteienspektrums, inhaltlich unterscheidet sich die | |
Partei kaum von Fianna Fáil. | |
Da es für eine absolute Mehrheit nicht ausreichen wird, muss Fine Gael wohl | |
eine Koalition mit der Labour Party eingehen. Die wird zwar zweitstärkste | |
Partei im neuen Parlament, doch bei Meinungsumfragen ist sie vorige Woche | |
etwas abgesackt. Die Wähler werfen ihr Heuchelei vor, da sie zwar gegen den | |
drastischen Sparhaushalt opponiert hat, aber vorigen Mittwoch den | |
Misstrauensantrag gegen Cowen in letzter Minute zurückzog und dadurch die | |
Verabschiedung des Budgets am Freitag ermöglichte. | |
Zahlreiche Labour-Mitglieder traten daraufhin aus der Partei aus, im | |
Wahlkreis Laois-Offaly kehrten ihr sogar 48 der 53 Mitglieder den Rücken. | |
33 von ihnen schlossen sich einem Bündnis linker Organisationen an, das | |
wohl sieben Sitze gewinnen wird und mit Sinn Féin, dem politischen Flügel | |
der IRA sowie einigen Unabhängigen zum ersten Mal einen nennenswerten | |
linken Block im Parlament bilden wird. | |
1 Feb 2011 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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