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# taz.de -- ProfessorInnen gegen Rüstungsfirma: Akademischer Ungehorsam
> Mehr als 60 WissenschaftlerInnen der einst rein zivilen Uni Bremen
> kritisieren einen Stiftungslehrstuhl. Denn der wird vom örtlichen
> Satellitenbauer OHB finanziert.
Bild: Militarisierung? Welche Militarisierung? So stellt die Uni Bremen sich se…
BREMEN taz | Mehr als 60 ProfessorInnen und andere WissenschaftlerInnen der
Uni Bremen protestieren in einer gemeinsamen Erklärung gegen die
Einrichtung einer Stiftungsprofessur für "Raumfahrttechnologie" - diese
wird vom Luft- und Raumfahrtkonzern OHB gesponsort. Das Bremer Unternehmen
baut unter anderem das Aufklärungs- und Spionagesystem SAR-Lupe und die
auch militärisch genutzte Satellitennavigation Galileo, die europäische
Alternative zu GPS.
OHB, so die Kritik, habe "mit der Rüstungsproduktion seinen
wirtschaftlichen Aufstieg genommen" und messe dem militärischen Geschäft
"große Bedeutung" zu. Das widerspreche dem Geist der vor 40 Jahren
gegründeten Uni. Die hat schließlich seit 1986 als eine von bundesweit nur
wenigen eine Zivilklausel: Sie lehnt "jede Beteiligung" ihrer Wissenschaft
an Rüstungsforschung strikt ab.
Doch mittlerweile ist man da an der Uni Bremen nicht mehr so streng: 2009
wurden die Eheleute Fuchs - die Gründer des OHB-Konzerns - für eine
"Vielzahl von Forschungskooperationen" mit der Ehrenbürgerwürde der Uni
bedacht. Seither ist die Debatte um die Zivilklausel an der Uni Bremen neu
entbrannt.
Ein Antrag, die Selbstverpflichtung zu erneuern, wurde vom Akademischen
Senat zuletzt abgelehnt. Anderenorts dagegen mehren sich in den letzten
Jahren die Proteste gegen die, wie es heißt, "zunehmende Militarisierung"
von Hochschulen.
In Bremen werde die Abschaffung der Zivilklausel noch nicht "laut und
offen" gefordert, sagt der Informatiker Hans-Georg Kreowski, einer der
Unterzeichner - "gefährdet" sei sie gleichwohl. Grundlagenforschung dürfe
nicht "erschwert oder gar verunmöglicht werden", sagt Uni-Rektor Wilfried
Müller. Auch dann nicht, wenn ihre Ergebnisse sich militärisch nutzen
lassen.
Den WissenschaftlerInnen, darunter einige emeritierte, aber viele namhafte
ProfessorInnen, geht es nicht allein um die Verquickung von Uni und
Rüstungsindustrie. Vielmehr sehen sie das zunehmende Engagement der
Privatwirtschaft an der Uni als "Gefährdung der Unabhängigkeit von
Wissenschaft, Forschung und Lehre" an.
Allein der Umstand, dass es Stiftungsprofessuren geben müsse, sei Beleg
einer "eklatanten Unterfinanzierung", so Kreowski. Die OHB-Professur wird
zehn Jahre lang mit je 165.000 Euro unterstützt und muss dann vom Uni-Etat
übernommen werden. Auch das vom Verteidigungsetat geförderte Deutsche
Zentrum für Luft- und Raumfahrt ist an dem Lehrstuhl beteiligt.
"Seit Jahren", sagt Protest-Mitinitiator Rudolph Bauer, emeritierter
Sozialwissenschaftler, werde die Uni mit ökonomischen Interessen
"durchsetzt". Von der Wirtschaft finanzierte Stellen seien ein
"Einfallstor, um die Universitäten dienstbar zu machen".
Parallel dazu würden Fächer wie Sozial- oder Behindertenpädagogik
"liquidiert", das Studium werde mit Bachelor- und Masterstudiengängen
verschult. "Es geht", sagt Bauer, "um Freiheit."
1 Feb 2011
## AUTOREN
Jan Zier
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