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# taz.de -- Kommentar Ägyptens Demokratiebewegung: Arabische Revolution
> Die Aufstände in Ägypten haben das Selbstbild der arabischen Welt
> grundlegend verändert. Sie sind eindrucksvolles Zeichen des
> Selbstbewusstseins und der politischen Emanzipation.
Es sieht wieder gut aus für Ägyptens Demokratiebewegung. Der neue Premier
Ahmed Shafik hat sich für das gewaltsame Vorgehen gegen die
Anti-Mubarak-Demonstranten entschuldigt und angekündigt, in dieser Sache
werde gegen Exminister ermittelt. Vizepräsident Omar Suleiman bot der
Opposition, auch den Muslimbrüdern, Gespräche an. Das Militär ließ die
Demonstranten zum "Tag des Abgangs" von Mubarak wieder friedlich auf dem
Tahrir-Platz demonstrieren - fast so, als sei nichts geschehen. Und hinter
den Kulissen wird um einen möglichst gesichtswahrenden Abtritt Mubaraks
gerungen.
Doch egal wie der Aufstand in Ägypten und anderen arabischen Ländern
ausgeht: schon jetzt hat er das Bild der arabischen Welt revolutioniert.
Nicht nur das Bild, das im Westen von Arabern und Muslimen vorherrscht.
Sondern auch das Selbstbild, das diese Gesellschaften lange Zeit von sich
selbst hegten.
Die Bilder von Menschen aller Altersstufen, Familien, Frauen mit und ohne
Kopftücher, Studenten, Arbeitern oder Akademikern, die aus Ägypten und
Tunesien zu sehen waren, sind ein eindrucksvolles Zeichen des
Selbstbewusstseins und der politischen Emanzipation. Sie werfen aber auch
die Frage auf, warum diese Menschen so lange übersehen wurden. Denn sie
stellen das Klischee, das "die arabische Straße" als Hort der
Irrationalität zeichnete, auf den Kopf.
Diese Vorurteile wirken noch immer nach. Beredt ist die Angstlust, mit der
in TV-Talkshows die Frage aufgeworfen wird, ob uns am Nil und in Tunesien
demnächst ein Gottesstaat droht. Auffällig ist auch der bange Unterton, mit
dem von einem drohenden "Flächenbrand" statt von einer überfälligen
Freiheitsbewegung gesprochen wird. Und geradezu dröhnend das Schweigen auf
den einschlägigen Islamhass-Seiten im Internet, in deren ideologische
Raster die aktuelle Entwicklung nicht passt.
Jahrelang haben westliche Politiker und Medien suggeriert, der Konflikt
zwischen säkularen und radikalislamistischen Kräften sei das zentrale
Problem dieser Region. Nun zeigt sich, dass es einen liberalen Mittelstand
und eine breite demokratische Bewegung gibt, die gegen den Autoritarismus
aufbegehrt. Und dass diese Leute das Gleiche wollen wie die Menschen im
Westen: ein besseres Leben für sich und ihre Kinder, mehr soziale
Gerechtigkeit, Arbeitsplätze und Meinungsfreiheit, kurz: ein Leben in
Würde.
Es ist für den Westen an der Zeit, sich mit der Revolte in Ägypten nicht
nur von Mubarak zu verabschieden - sondern auch von so manchem bequemem
Vorurteil über die arabische Welt.
6 Feb 2011
## AUTOREN
Daniel Bax
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