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# taz.de -- Spekulationen um Mubaraks Rückzug: Last Exit Deutschland
> Ein Klinikaufenthalt von Ägyptens Präsident in Deutschland könnte den Weg
> frei machen für eine Übergangsregierung. Das erwägen
> US-Regierungsvertreter. Deutsche Politiker äußern sich positiv.
Bild: Demnächst auf einem deutschen OP-Tisch und damit weg vom Präsidentenstu…
BERLIN dapd | Das Gerücht über einen möglichen Rückzug des ägyptischen
Präsidenten Husni Mubarak nach Deutschland hat am Wochenende für
Irritationen gesorgt. Wie die New York Times berichtete, erwägen Vertreter
der US-Regierung eine Ausreise des ägyptischen Präsidenten nach Deutschland
- offizielle Begründung ist demnach eine medizinische Untersuchung. Das
Auswärtige Amt äußerte sich zu den Spekulationen nicht. "Diese Frage stellt
sich nicht", sagte eine Sprecherin. Unterdessen warnte Bundeskanzlerin
Angela Merkel (CDU) vor einem überstürzten Abgang Mubaraks.
Laut New York Times ist eine medizinische Untersuchung in Deutschland eine
Möglichkeit, die von Vertretern der US-Regierung in Betracht gezogen wird,
um in Ägypten einen Übergang zu ermöglichen. So sei diskutiert worden, ob
Mubarak sich in sein Haus im Badeort Scharm-el-Scheich zurückziehen oder zu
einem verlängerten medizinischen Aufenthalt nach Deutschland begeben
sollte. Auf diese Weise könne eine Übergangsregierung unter dem neuen
Vizepräsidenten Omar Suleiman in die Position gebracht werden,
Verhandlungen mit der Opposition aufzunehmen, ohne dass Mubarak sofort sein
Amt verlieren würde, schrieb die Zeitung auf ihrer Internetseite.
Im vergangenen Jahr hatte sich Mubarak im Heidelberger Universitätsklinikum
einer Gallenblasenoperation unterzogen, 2004 hatte er sich in einer
Münchner Klinik wegen eines Bandscheibenvorfalls behandeln lassen.
Koalitionspolitiker offen für Vorschlag
Vertreter der Koalition verwiesen darauf, dass ein Rückzug Mubaraks auch
dazu beitragen könne, die Situation in Ägypten zu beruhigen. "Ich würde
eine baldige Ausreise Mubaraks nach Deutschland begrüßen, wenn dies dazu
beitragen kann, die Verhältnisse in Ägypten zu stabilisieren", sagte die
sicherheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Elke Hoff. Es handle
sich dabei nicht um politisches Asyl.
Auch Unions-Fraktionsvize Andreas Schockenhoff (CDU) plädierte dafür
Mubarak Exil zu gewähren, wenn damit der Machtkampf in dessen Heimatland
gelöst werden könne. "Wenn Deutschland damit einen konstruktiven Beitrag im
internationalen Rahmen leisten kann, dann sollten wir Husni Mubarak
aufnehmen, wenn er das will", sagte der CDU-Politiker und fügte hinzu: "Wir
brauchen einen friedlichen Übergang in Ägypten."
Weder das Auswärtige Amt noch das Bundespresseamt wollten sich am
Wochenende zu dem Szenario äußern. Bereits in der vergangenen Woche hatte
ein Außenamtssprecher auf ähnliche Gerüchte geantwortet: "Über Reiseanträge
wird entschieden, wenn sie gestellt werden". Alle Entscheidungen, die die
weitere Rolle von Personen beträfen, müssten zudem zunächst in Ägypten
geklärt werden.
Merkel warnt vor Machtvakuum
Merkel wandte sich am Samstag gegen Rücktrittsforderungen an Mubarak und
warnte vor einem "totalen Machtvakuum". Sie halte "ganz schnelle freie
Wahlen als Beginn eines Demokratisierungsprozesses" für falsch. Merkel
sagte mit Blick auf die deutsche Wiedervereinigung: "Wir haben damals auch
keinen Tag warten wollen." Es sei aber sinnvoll, wichtige Schritte gut
vorzubereiten.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) bekräftigte in einem
Gastbeitrag für die Bild-Zeitung, Deutschland setze sich ein für Meinungs-,
Demonstrations- und Pressefreiheit. "Wir fordern freie und faire Wahlen und
die Einhaltung der Menschenrechte", schrieb Westerwelle und fügte hinzu,
die Zukunft Ägyptens müsse jetzt gestaltet werden.
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin warf der Bundesregierung vor, ihren
"Schlingerkurs" fortzusetzen. Es sei zwar "richtig, dass
Transformationsprozesse Zeit brauchen". "Aber wer sich dabei wie Merkel auf
seine Erfahrung mit der friedlichen Revolution in der DDR beruft, sollte
das auch zu Ende denken: An Mubarak festzuhalten wäre so, als hätte
Honecker die Wiedervereinigung organisiert - mit Mielke als Vizepräsident."
6 Feb 2011
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