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# taz.de -- Stromgewinnung aus Importholz: Ökos streiten ums Holz
> Ist Energie aus Biomasse öko und gut? Oder ausbeuterisch und schlecht?
> Darüber streiten Umweltschützer vehement, seit Vattenfall ein
> Biomassekraftwerk bauen will.
Bild: Brennt gut, reicht aber nicht für das Biomassekraftwerk: Holz aus deutsc…
Es hätte alles so schön sein können: Als der Energiekonzern Vattenfall vor
zwei Jahren ankündigte, auf den Bau eines neuen Kohlekraftwerks zu
verzichten und stattdessen auf Gas und Biomasse zu setzen, jubelten
Umweltschützer. Doch mittlerweile haben sich die Pläne des Energieriesen zu
einem echten Streitfall verwandelt. Denn unter welchen Umständen Biomasse
als Energieträger akzeptabel ist, ist unter Umweltschützern umstritten.
500.000 Tonnen Holz will Vattenfall in zwei Biomasse-Kraftwerken am
Standort Klingenberg ab 2019 jährlich verfeuern. Davon muss ein Teil
importiert werden - die regionalen Wälder um Berlin geben nicht genug her.
"Wir wollen eine deutliche Ablehnung der Holzimport-Strategie", sagt
Hartwig Berger. Der Vorsitzende des Ökowerks im Grunewald ist sowohl bei
dem Umweltverband BUND als auch bei den Grünen engagiert - und vermisst bei
beiden eine klare ablehnende Haltung gegenüber Biomasse-Importen.
Zentraler Kritikpunkt von Berger: In afrikanischen oder südostasiatischen
Ländern, die als Exporteure von Biomasse auftreten, herrsche akuter
Holzmangel. Die Bewohner würden das Holz selbst benötigen und ein Export
daher zu einer weiteren Verknappung führen. "Wenn wir mit unseren Bedarf
auf diesen Markt kommen, verschärfen wir das Problem", sagt Berger. Dazu
komme der energetische Aufwand, um das Holz zu transportieren. Er stellt
klar: Holz, das nicht aus EU-Ländern stamme, solle in Berlin auch nicht
verfeuert werden. Seine Unterschrift steht daher gemeinsam mit 15 weiteren
unter einem Aufruf von Mitgliedern an den Landesvorstand des BUND. Sie
fordern darin eine eindeutige Ablehnung der geplanten Importe.
Der BUND Berlin selbst sieht das etwas differenzierter: "Mit der geplanten
Lieferung aus Afrika haben wir auch Bauchschmerzen", sagt Sprecherin Carmen
Schultze. Doch so grundsätzlich möchte der Verband Biomasse-Importe nicht
verteufeln. "Man muss immer sehr genau hinsehen." Mit einer grundsätzlichen
Positionierung tut sich der Verband nach Ansicht von Schultze auch deshalb
schwer, weil die Planungen von Vattenfall noch nicht abgeschlossen zu sein
schienen. "Da ist noch Bewegung drin", sagt sie. Sobald das Unternehmen
seine endgültigen Pläne vorlege, werde aber auch der Umweltverband
offensiver an die Öffentlichkeit gehen.
Das ist Mitunterzeichner Achim Förster zu spät. "Wir als Verband haben den
Auftrag, Umweltschädigungen im Vorfeld zu verhindern." Lägen die Pläne erst
fertig auf dem Tisch, könne es zu spät sein, steuernd einzugreifen.
"Außerdem", ergänzt Marianne Weno, die ebenfalls unterschrieben hat, "gibt
es doch schon erste Verträge über Importe."
Der BUND ist nicht die einzige Organisation, in der es Konflikte in Sachen
Biomasse gibt. Die Grünen vertagten auf ihrem Parteitag im November die
Diskussion in eine Arbeitsgruppe. Zu heftig waren die Diskussionen, zu weit
auseinander die Positionen. Die Konfliktlinie verläuft nicht zwischen Basis
und Vorstand, sondern quer durch Partei und Fraktion. So ist der
naturschutzpolitische Sprecher gegen Importe, der energiepolitische
Sprecher findet sie zumindest unter strengen Kriterien akzeptabel. Unter
dem Namen Biomassekommission treffen sich nun Vertreter beider Seiten mit
Unterstützung externer Experten aus Entwicklungshilfe, Wirtschaft und
Umweltschutz.
"Bisher ist das Klima in der Arbeitsgruppe sehr konstruktiv", sagt Michael
Schäfer, energiepolitischer Sprecher der Fraktion. Ziel sei es, bis März
einen Kompromiss zu finden. Dann will die Partei ihr Programm für die
Abgeordnetenhauswahl im September beschließen. Und der Wähler soll wissen,
woran er ist.
Nicht alle stellt dieses Vorgehen zufrieden. Einige Mitglieder sind sicher:
Käme es in der Partei zur Grundsatz-Abstimmung über die Frage, würden die
Kritiker der Import-Biomasse gewinnen. Die Import-Gegner fordern, die
Kraftwerke nicht oder kleiner zu bauen. Sie argumentieren, dass Berlin gar
nicht so viel Energie benötige, wie dort produziert werden solle.
"Windenergie, Fotovoltaik und wir müssen auch Verzicht üben", sagt Förster.
Eine grundsätzliche Forderung.
Die Import-unter-Auflagen-Befürworter halten dagegen, dass die Frage nach
der Alternative nicht vergessen werden dürfe. Schließlich werde Vattenfall
nicht aus Klimaschutzgründen von heute auf morgen seine Unternehmenspolitik
neu ausrichten. Die Alternative sei in diesem Fall realistischerweise eben
Energie aus Kohle.
7 Feb 2011
## AUTOREN
Svenja Bergt
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