# taz.de -- Direkte Demokratie in den Medien: Mehr Werbung für Volksentscheide | |
> Die Initiative Wassertisch beschwert sich über unausgewogene | |
> Berichterstattung - vor allem im Fernsehen. Kostenlose Werbung wie vor | |
> Wahlen halten Grüne, Linkspartei und CDU für denkbar. | |
Bild: Erfrischend: Ein Glas Wasser wirbt für sich selbst | |
Der Vorwurf der Initiative Wassertisch steht seit dem Start des | |
Volksbegehrens über die Offenlegung der Wasserverträge im Raum: Die | |
Berliner Medien würden das Anliegen der Initiative sehr viel | |
stiefmütterlicher behandeln als die vorangegangenen Volksentscheide zu den | |
Themen Religionsunterricht und Zukunft des Flughafens Tempelhof. | |
In einem Brief an die Intendanz des Rundfunks Berlin-Brandenburg (rbb) | |
konkretisiert nun ein Rechtsanwalt des Wassertischs die Vorwürfe: Die | |
Rundfunkanstalt würde ihre Informationspflichten "gravierend verletzen", | |
teilweise auch desinformieren. In dem Schreiben werden unter anderem | |
fehlende Links zur Internetseite des Wassertischs bemängelt, während die | |
Seiten der privaten Anteilseigner und des Landes verlinkt seien. Darüber | |
hinaus habe es im Vorfeld des Tempelhof-Volksentscheids eine Sondersendung | |
gegeben, das sei beim anstehenden Entscheid nicht geplant. | |
Der rbb weist die Vorwürfe zurück: "Der rbb hat kontinuierlich über das | |
Anliegen berichtet", sagt Sprecher Justus Demmer. Innerhalb des vergangenen | |
halben Jahres sei es allein 20-mal in der "Abendschau" und bei rbb aktuell | |
Thema gewesen. Für eine 45-minütige Sondersendung sehe man jedoch keinen | |
Anlass. "Wir glauben, dass die Argumente ausgetauscht und in der Stadt | |
bekannt sind." Zutreffend sei allerdings, das der Link auf die Seite der | |
Initiatoren gefehlt habe. "Das haben wir korrigiert." | |
Die Debatte wirft eine grundsätzliche Frage nach der öffentlichen | |
Information zu Volksentscheiden auf. So gibt es beispielsweise im Vorfeld | |
von Wahlen Vorschriften, die Parteien in den öffentlich-rechtlichen Sendern | |
Zeit für kostenlose Spots einräumen. In Berlin ist das zwar eine | |
freiwillige Regelung, dennoch hat der rbb in der Vergangenheit Sendezeit | |
zur Verfügung gestellt. Wäre eine entsprechende Regelung im Vorfeld eines | |
Volksentscheides realistisch? | |
"Grundsätzlich greift so etwas natürlich massiv in die Autonomie der | |
Rundfunkanstalt ein", sagt Alice Ströver, medienpolitische Sprecherin der | |
Grünen. Trotzdem hält sie den Vorschlag für "eine gute Idee". Ströver weist | |
darauf hin, dass dieses Recht sinnvollerweise "nicht für jeden bezirklichen | |
Entscheid" gelten solle und auch erst, wenn ein Volksbegehren erfolgreich | |
war und der Entscheid ansteht. Auch Martina Michels von der Linkspartei | |
findet die Idee sympathisch. "Man müsste eben sicherstellen, dass das Für | |
und Wider abgebildet wird, also beide Seiten zu Wort kommen." | |
Zurückhaltender äußert sich Michael Efler vom Verein Mehr Demokratie. | |
"Generell habe ich den Eindruck, dass die öffentlich-rechtlichen Medien | |
relativ ausgewogen berichten", sagt er. Unausgewogene Berichterstattung | |
habe er eher bei den privaten Medienbetrieben wahrgenommen. Doch nicht nur | |
deshalb steht Efler der Idee skeptisch gegenüber: "Man sieht beispielsweise | |
in den USA, dass diese Art von Werbung meist eine Verkürzung ist. Sie dient | |
der Stimmungsmache und Emotionalisierung, vermittelt aber kaum | |
Informationen." | |
Frank Zimmermann, medienpolitischer Sprecher der SPD, lehnt eine | |
entsprechende Regelung ab. Die Wahlwerbung von Parteien leite sich aus dem | |
Parteienprivileg im Grundgesetz ab - und das erstrecke sich nun mal nicht | |
auf Initiatoren von Volksentscheiden. Dagegen findet die CDU die Idee gut. | |
"In der letzten Stufe, also vor dem Volksentscheid, kann ich mir durchaus | |
vorstellen, dass der Initiator ein oder zwei Spots bekommen sollte", sagte | |
Christian Goiny, medienpolitischer Sprecher. Weitere Spots, die etwa noch | |
die Sichtweise des Senats oder des Abgeordnetenhauses darstellen, hält er | |
aber nicht für sinnvoll. "Dann müsste man im Prinzip jede Partei | |
berücksichtigen", und das würde dann doch ausarten. | |
Ströver weist auf ein weiteres Problem hin: "Das heißt natürlich, dass bei | |
den Initiatoren auch Geld da sein muss." Denn selbst, wenn es die Sendezeit | |
kostenlos gebe, müsse so ein Spot erst einmal produziert werden. | |
9 Feb 2011 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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