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# taz.de -- Dossier Arabische Revolution: Die Großen und der Kuchen
> Die Medien in Tunesien sind noch nicht wirklich frei, sagt Lina Ben
> Mhenni. Deswegen heißt es: wachsam bleiben, aufklären, weiterbloggen.
Bild: Tunesien ist "endlich frei", aber was kommt jetzt?
Am 14. Januar 2011, nach 23 Jahren der Unterdrückung, Verfolgung und des
Unrechts, trat ein Diktator die Flucht an. Vor Freude kletterten die
Tunesier auf die Dächer ihrer Häuser und stimmten die Nationalhymne an,
obwohl die Armee den Ausnahmezustand verhängt hatte. "Wir sind frei, frei",
riefen sie. Aber stimmt das auch?
Über die Zusammensetzung der Übergangsregierung gab es lange Diskussionen.
Viele waren unzufrieden, weil sie mehrheitlich aus Parteigängern des
entthronten Präsidenten bestand. Die Menschen aus den inneren Landesteilen
wie Sidi Bouzid (wo alles angefangen hat) oder Kasserine, Regueb und Thala
(wo es die meisten Toten gab) machten Sit-ins auf dem Regierungsplatz in
Tunis.
Die Bewohner von Tunis brachten ihnen Nahrungsmittel, Medikamente, Decken
und Zelte. Unter dem öffentlichen Druck wurde die Übergangsregierung neu
zusammengestellt, trotzdem waren manche unzufrieden, ihnen war der Wandel
nicht radikal genug.
Die ganze Zeit über versuchen wir jungen Leute etwas zu beobachten und zu
verstehen, das nur ein unscharfes Bild ergibt. Man sieht einen großen
Kuchen, den sich die Großen zu teilen versuchen, wobei sie vergessen, wer
für ihre Freiheit gekämpft hat. Uns ist klar, dass unser Land in großer
Gefahr schwebt. Jeder versucht auf seine Weise zu helfen.
Mit meinen Blogger-Freundinnen und -Freunden beobachten wir die Lage und
melden sofort, wenn jemand versucht, diese neuen Freiheiten zu
beeinträchtigen. Wir wissen, dass unsere Medien noch nicht wirklich frei
oder befreit sind. Wir sammeln Zeugenaussagen der Leute, denen Unrecht oder
Gewalt angetan wurde, und veröffentlichen sie in unseren Blogs, auf
Facebook oder Twitter. Wir versuchen all die Leute anzuprangern, die vom
alten Regime profitiert und jetzt die Seite gewechselt haben, um ihre
Privilegien zu sichern.
Wir kümmern uns jetzt darum, den unaufgeklärten Jugendlichen auf die
Sprünge zu helfen. Sie sind Opfer des alten Regimes, das uns zu Idioten
gemacht hat, die sich nur für Fußball und Clubnächte interessieren sollten.
Die jungen Leute geben nicht auf. Sie haben ihren Mut unter Beweis gestellt
und tun das auch weiterhin. Wir haben begriffen, dass die Revolution noch
immer im Gang ist, dass wir weiterkämpfen müssen. Es stimmt, der Weg ist
lang, aber wir haben die Geduld, die Energie und die Intelligenz, um
unseren Traum von Freiheit und Demokratie zu verwirklichen.
Aus dem Französischen von Sabine Seifert
17 Feb 2011
## AUTOREN
Lina Ben Mhenni
## TAGS
Ägypten
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