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# taz.de -- Revolution in Ägypten: "Wir leben in einer Militärdiktatur"
> Die Generäle spielen nur auf Zeit, meint der Leiter des Züricher
> Instituts für Strategische Studien, Albert A. Stahel. Die Jüngeren in der
> Armee sind unzufrieden.
Bild: "Wir hatten vorher eine Militärregierung und jetzt haben wir immer noch …
taz: Herr Stahel, nach dem Rücktritt von Husni Mubarak hat in Ägypten der
Oberste Militärrat die Macht übernommen. Was bedeutet das?
Albert A. Stahel: Wir hatten vorher eine Militärregierung und jetzt haben
wir immer noch eine Militärregierung. Grundsätzlich hat sich nichts
geändert, abgesehen davon, dass Mubarak gestürzt wurde, und zwar durch
seine Kollegen im Militärrat. Der Grund dafür ist der, dass Mubarak seinen
Sohn Gamal an die Macht bringen wollte und er keinen militärischen
Hintergrund hat. Also hat man ihn abgesetzt.
Wie ist die Armee strukturiert?
Das Offizierskorps besteht aus Berufsoldaten und das Heer, 340.000 Mann,
aus Wehrpflichtigen. Da spielt der Bezug zur Bevölkerung eine wichtige
Rolle.
Unter Mubarak haben die Generäle Privilegien genossen. Gibt es Konflikte
mit den mittleren Rängen?
Ja, die unteren Ränge sind still gehalten worden, da gibt es ein
Unzufriedenheitspotenzial. Es ist durchaus denkbar, dass von dort noch mehr
Druck ausgeübt wird. Man vermutet übrigens, dass diese Kreise so viel Druck
ausgeübt haben, dass Mubarak gestürzt worden ist.
Die ägyptische Armee kontrolliert etwa 10 Prozent der Wirtschaft, sie
besitzt Fabiken und Strandclubs für ihre Mitglieder. Geht es der Führung
auch um den Erhalt ihrer Pfründen?
Den Generälen sicher, sie sind eigentlich das alte Regime. Die werden alles
daransetzen, ihre Interessen zu bewahren, aber die jüngeren Kaderleute
möchten natürlich daran partizipieren. Da erhebt sich die Frage: Wie kann
man sie zufriedenstellen? Das wird die Krux innerhalb der Militärregierung
sein.
In der Erklärung des Militärrates ist nicht die Rede von einer zivilen
Übergangsregierung.
Das wundert mich nicht. Die Generäle spielen auf Zeit. Sie möchten zuerst
einmal Klarheit haben, wer überhaupt hinter dem Aufruhr steckt, welche
Kreise es sind, wen es neben den Muslimbrüdern noch gibt. Die Jüngeren
werden darauf drängen, Änderungen vorzunehemen. Aber sie sind natürlich
auch nicht demokratisch ausgerichtet. Sie möchten sowieso eine
Militärherrschaft, aber unter anderen Vorzeichen.
Marschieren wir in Richtung Militärdiktatur?
Es ist eigentlich schon eine Militärdiktatur. Es wird sich nur ändern, wenn
man so viel Druck ausübt, und zwar von außen, dass die Militärs so schnell
wie möglich eine wirklich zivile Regierung und einen zivilen Präsidenten
einsetzen und Wahlen organisieren.
Meinen Sie mit Druck von außen Druck seitens der Bevölkerung oder Druck des
Auslands, namentlich der USA?
Das können nur die USA machen. Alle anderen Staaten haben keinen Einfluss
und keine Beziehungen zu den ägyptischen Militärs. Sonst wird es weiterhin
eine Militärregierung geben. Dann wird sich herausstellen, ob es nochmal
einen Aufstand gibt, und wenn ja, wie er gesteuert wird.
17 Feb 2011
## AUTOREN
Beate Seel
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