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# taz.de -- Plagiatsvorwürfe gegen Guttenberg: Ein Doktor auf dem Rückzug
> Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) tritt wegen der Affäre um seinen
> Doktortitel nicht zurück. Er soll aber erstmal ruhen. Und den Kampf um
> die Meinungshoheit verliert er auch noch.
Bild: Schwere Zeiten für Merkel und Guttenberg.
BERLIN taz | Der Minister glaubte wohl, er mache alles richtig. Eilig ließ
Karl-Theodor zu Guttenberg eine Gruppe von Journalisten ins
Verteidigungsministerium rufen, damit sie am Freitagvormittag seine
Erklärung entgegennehme. Ohne die Möglichkeit heikler Nachfragen an einen
Verteidigungsminister, der sich bedrängt sieht wegen der Frage, ob er
seinen Doktortitel zu Recht trägt. Ein geschickter Zug im Kampf um die
Meinungshoheit sollte es werden. Er misslang.
Im Berliner Bendlerblock sagte Guttenberg: "Meine von mir verfasste
Dissertation ist kein Plagiat, und den Vorwurf weise ich mit allem
Nachdruck von mir." Sie enthalte zwar "fraglos Fehler". "Es wurde
allerdings zu keinem Zeitpunkt bewusst getäuscht oder bewusst die
Urheberschaft nicht kenntlich gemacht." "Vorübergehend" verzichte er
"gerne" auf das Führen des Doktortitels, bis die zuständige Universität
Bayreuth seine Arbeit geprüft habe. Nun wolle er sich wieder seinen
Ministeraufgaben zuwenden, allen voran der Reform der Bundeswehr.
Damit versuchte Guttenberg, den massiven öffentlichen Druck zu verringern,
der seit mehreren Tagen auf ihm lastet. Am Mittwoch wurde bekannt, dass die
475 Seiten lange Dissertation des Juristen über längere Passagen wortgleich
ist mit Teilen von Zeitungsartikeln und Fachpublikationen - ohne dass dies
als Zitat oder durch Fußnoten gekennzeichnet wäre. Am Freitagnachmittag
listete die eigens eingerichtete Internetseite "GuttenPlag Wiki" auf, dass
die Doktorarbeit auf mindestens 111 Seiten Plagiate berge. Guttenbergs
selbst formulierte Ansprüche an Moral und Aufrichtigkeit in der Politik
wenden sich nun gegen den Umfrageliebling. Das nutzte die Opposition.
Der sicherheitspolitische Grünen-Sprecher Omid Nouripour sagte der taz:
"Wir haben es mit einem Affärenminister zu tun, der so dafür sorgt, dass
die Bundeswehr nicht geführt wird. Deren Reform scheint stecken zu bleiben.
Bisher gibt es nur Ankündigungen." Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin
erklärte, ein Doktortitel sei Namensbestandteil, den könne niemand ruhen
lassen. Zudem kündigte Trittin an, kommende Woche im Bundestag zu erfragen,
"was das Ehrenwort des Oberkommandierenden der Bundeswehr wirklich wert
ist". Guttenberg hatte der Uni Bayreuth in einer ehrenwörtlichen Erklärung
versichert, er habe seine Dissertation selbstständig verfasst.
Auch die Union setzt ihren Vorzeigeminister unter Druck. Am späten
Donnerstagabend hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Guttenberg ins
Kanzleramt zitiert. Sie soll ihn zur öffentlichen Erklärung gedrängt haben.
Als Guttenberg dies am Freitag tat, machte er viele Fehler. Wie an jedem
Freitag trat um 11.30 Uhr die Bundespressekonferenz (BPK) zusammen - der
klassische Ort für Regierungsmitglieder und deren Sprecher, um
Hauptstadtkorrespondenten Rede und Antwort zu stehen. Guttenbergs Sprecher
sagte den verdutzten Journalisten, der Minister gebe gerade "ausgewählten
Medienvertretern" gegenüber eine Erklärung ab. Die düpierten Journalisten
zeigten sich empört. Ausmarsch der Pressevertreter, Abbruch der
Pressekonferenz. "Einen solchen Vorfall hat es zumindest in den vergangenen
20 Jahren nicht gegeben", kritisierte der BPK-Vorsitzende Werner Gößling.
Prompt protestierte Gößling brieflich "auf das Schärfste" gegen Guttenbergs
Verhalten. Ebenso prompt bat Guttenberg per Brief um Entschuldigung für die
"Parallelität der Presseunterrichtungen". Leider gebe es in seinem Ressort
immer wieder unvorhersehbare Ereignisse, die seinen Zeitplan
durcheinanderbrächten.
Damit spielte der Minister auf einen Anschlag in einem Außenposten der
Bundeswehr in Afghanistan an. In der Provinz Baghlan attackierte ein Mann
in afghanischer Armeeuniform einen Außenposten, in dem auch deutsche
Soldaten Dienst tun. Zwei Bundeswehrsoldaten starben, sieben weitere wurden
verletzt, mehrere von ihnen schwer. Guttenberg hatte den Außenposten "OP
North" erst tags zuvor besucht.
18 Feb 2011
## AUTOREN
Matthias Lohre
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